Düsseldorf. Mehr als 16.000 Kinder in Düsseldorf waren im Jahr 2019 auf Grundsicherung angewiesen. Die Corona-Krise dürfte die Lage noch weiter verschärfen.

Rund 2,8 Millionen Kinder in Deutschland wachsen laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung in Armut auf. Das entspricht 21,3 Prozent aller unter 18-Jährigen. Rund 13,8 Prozent erhalten demnach die Grundsicherung. Auch in Düsseldorf ist Kinderarmut ein Thema, das die Stadtpolitik beschäftigt. Wohlfahrtsverbände und gemeinnützige Vereine bieten zahlreiche Angebote für betroffene Familien.

In Düsseldorf waren es zum 31. Dezember vergangenen Jahres 16.260 Kinder unter 15 Jahre, die mit der Grundsicherung lebten, teilt die Stadt auf Anfrage mit. Das sind 18,7 Prozent der Kinder in dieser Altersgruppe. Im Vergleich zum Vorjahr sei die Zahl um 525 gesunken. Wie auch auf Bundesebene dürfte die Corona-Krise die Lage jedoch verschärft haben.

Kinderarmut in Düsseldorf: Corona könnte Situation verschärfen

Die meisten Kinder mit Grundsicherung lebten in Garath, wo es 1560 Kinder waren, gefolgt von Hassels mit 1352 Kindern. Die Stadtteile wiesen somit ebenfalls die höchsten Prozentwerte auf: In Garath lebten 45,6 Prozent der Kinder inter 15 mit Grundsicherung, in Hassels 43,9 Prozent. Das Sozialamt kenne darüber hinaus rund 27.000 anspruchsberechtigte Kinder für Bildung und Teilhabe und habe für diese in den Jahren 2018 und 2019 rund 11,2 Mio an Leistungen gewährt, so die Stadt. 2020 werde ähnlich verlaufen.

Wohlfahrt und Vereine engagieren sich für Kinder

Für Kinder aus Familien, die in Armut leben, gibt es in Düsseldorf vielfältige Hilfsangebote – nicht nur vom Staat. So engagieren sich Wohlfahrtsverbände und gemeinnützige Vereine und leisten direkte Hilfe.

Der „Verein Froschkönige gegen Kinderarmut“ verteilt Lebensmittelgutscheine und besonders Kleidung. „Wir unterstützen die Kinder, die aus Armutsfamilien kommen, damit sie gute Kleidung bekommen und in der Schule nicht gemobbt werden“, erklärt Vereinsvorsitzende Gabriele von den Burg. „Einfach, damit es keine zweite Hartz-IV-Generation gibt.“

Und auch der Verein Sterntaler setzt sich für Kinder in Not ein. Meistens werden Spenden für Institutionen, Projekte oder andere Vereine gesammelt. Aber auch in Einzelfällen kann direkt unterstützt werden. „Es ist uns wichtig, allen Kindern gleiche Chancen zu geben“, sagt Sterntalerin Caroline Merz. „Die Düsseldorfer helfen wahnsinnig schnell. Das macht Sterntaler auch aus“, sagt sie. Der Verein könne schnell agieren und innerhalb kürzester Zeit bei kleineren Problemen Hilfe organisieren.

Wohlfahrtsverbände wie Caritas und Diakonie bieten ebenfalls zahlreiche Angebote für Kinder in Armut. Die Diakonie habe während Corona 75 Laptops an Familien ausgegeben, berichtet die stellvertretende Pressesprecherin Anne Wolf. Auch habe man bei der Lebensmittelausgabe man Büchergutscheine für Schulbücher verteilt. Die Caritas habe derweil während Corona „Bleib zu Hause“ Pakete mit Büchern, Stiften und Spielzeug verteilt, so Sprecherin Stephanie Agethen. Wichtig sei auch das Sozialkaufhaus „Wertvoll“, in dem gut erhaltene Waren wie Möbel oder Kleidung günstig erworben werden können.

Die Ursachen für Kinderarmut seien nicht mit städtischen Mitteln zu bekämpfen, da müssen an anderer Stelle herangegangen werden, erklärt Ursula Holtmann-Schnieder, SPD-Fraktionsvize im Stadtrat und Vorsitzende im Jugendhilfeausschuss. „Wir haben aber bereits Geld bereit gestellt über den Jugendhilfeausschuss, um die Folgen von Kinderarmut zu mindern.“ So habe man sich für die Beitragsfreiheit in Kitas und der Tagespflege eingesetzt, so die Ratsfrau. „Das ist ein Beitrag für mehr Bildungsgerechtigkeit.“ Eine weitere Herausforderung sei jedoch die Digitalisierung. Besonders während Corona habe sich deren Wichtigkeit gezeigt, sagt die Sozialdemokratin.

Bei der Digitalisierung will auch die FDP ansetzen. Die auszubauen sei eine zentrale Forderung der Liberalen, sagt Christine Rachner, Mitglied im Ausschuss für Gesundheit und Soziales. „Die zentralen Bildungseinrichtungen müssen digital gut ausgestattet sein“, betont sie. „Denn auch bedürftige Kinder müssen die gleichen Chancen und die gleiche Teilhabe haben.“

Kommune muss Richtlinie umsetzen

Die Corona-Krise habe in der Digitalisierung der Bildung als Motor gewirkt, erklärt CDU-Ratsherr Pavle Madzirov. Durch eine neue Förderrichtlinie des Landes sei diese nun auch umsetzbar. Denn durch das alte Bildungs- und Teilhabepaket sei Digitales nicht abgedeckt gewesen, erklärt Madzirov. Dieses habe Nachhilfe und Vereinskosten abgedeckt sowie einen Zuschuss von 78 Euro für Schulausrüstung ermöglicht, jedoch reiche dieser Beitrag nicht für digitale Ausrüstung.

„Wir haben während Corona gemerkt, dass wir einige Kinder nicht so gut erreichen konnten“, sagt Madzirov, der selbst Schulleiter ist. Diese Kinder haben Aufgaben nicht immer erledigen können. „Denn oft gibt es im Haushalt für drei Kinder nur einen Computer oder ein Tablet – oder gar keins“, so Madzirov. „Und am Smartphone kann man nicht arbeiten.“ Die Kommune müsse die Förderrichtlinie nun umsetzen.

Weitere Angebote schaffen

„Seit sechs Jahren kämpfe ich als Kinder-, Jugend- und Familienpolitische Sprecherin der meiner Ratsfraktion gegen Kinder- und Jugendarmut an“, berichtet die Düsseldorfer Grünen-Chefin Paula Elsholz. „Es ist beschämend, dass in einem Land – vor der Corona-Krise – mit guter wirtschaftlicher Entwicklung, die Armut bei Kindern und Jugendlichen nicht abnimmt.“

Mit der Krise verschärfe sich das Problem nun, sagt Elsholz. „Ich bin froh, dass ich in den letzten zwei Jahren eine Million Euro für Kinder und Jugendliche die unter Armut leiden, gegen Widerstände erstreiten konnte, aber klar ist, dass das nicht reicht. Wir müssen in unserer Stadt strukturell, aber auch punktuell alles unternehmen, damit alle Kinder die gleichen Zukunftschancen haben“ betont sie und fordert mehr niedrigschwellige Förderprogramme, die auch jene erreichen, die auf bestehende Angebote nicht zugreifen können, da sie knapp über der Einkommensgrenze liegen.

Angelika Kraft-Dlangamandla, Fraktionschefin der Linken im Stadtrat, wünscht sich ebenfalls mehr Angebote für Kinder aus armen Familien. „Es wird ja schon viel gemacht“, sagt sie. „Es gibt kostenlose Zugänge, wie über den Düsselpass.“ Jedoch solle es weitere Erleichterungen für die Familien geben, meint Kraft-Dlangamandla.