Düsseldorf. Beim freiwilligen Jahr bei der Bundeswehr ist sich die Düsseldorfer Politik uneins. Eine Wehrpflicht „durch die Hintertür“ befürchtet die FDP.

Die Düsseldorfer Bundestagsabgeordneten sind geteilter Meinung über den Vorschlag von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer zum freiwilligen Jahr bei der Bundeswehr. Mit dem Slogan „Dein Jahr für Deutschland“ warb die Unionspolitikerin jetzt für den Dienst im „Heimatschutz“. Kritik kommt aus der FDP, aber auch Sozialverbände sehen in dem Programm eine Konkurrenz zu ihren freiwilligen Diensten. Die SPD derweil zeigt sich gesprächsbereit.

Wehrpflicht „durch die Hintertür“

„Dass Wege gesucht werden, um neue Soldaten zu suchen ist gut“, meint FDP-Bundestagsabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Die Art und Weise halte sie jedoch für falsch. Innerhalb der kurzen Dienstzeit könne es keine vernünftige Ausbildung geben, argumentiert Strack-Zimmermann. Der Vorschlag Kramp-Karrenbauers sieht vor, dass die Freiwilligen nach der dreimonatigen Grundausbildung eine spezielle, viermonatige Ausbildung absolvieren, um dann für insgesamt sechs Jahre der Reserve zur Verfügung zu stehen, bis fünf Monate Dienst geleistet wurden.

„Damit wird die Wehrpflicht durch die Hintertür eingeführt. Das ist das Vorspiel für ein verpflichtendes Jahr“, kritisiert Strack-Zimmermann weiter. Dafür müsse man jedoch das Grundgesetz ändern. „Es gibt keine Dienstpflicht. Es gibt keinen Grund, junge Menschen nach dem Schulabschluss zu etwas zu zwingen. Das ist verfassungswidrig.“

Konkurrenz zum FSJ

Auch der Düsseldorfer Caritas-Chef Henric Peeters kritisiert den Vorschlag. „Das ist keine gute Idee, weil ich glaube, dass wir das nicht nötig haben“, meint er. „Es ist nicht zielführend, da es bereits Freiwilligenangebote bei der Bundeswehr gibt.“ Es sei also tatsächlich eine Konkurrenz für bestehende soziale Angebote, wie das Freie Soziale Jahr (FSJ), so Peeters weiter.

Er persönlich halte jedoch ein verpflichtendes Jahr für eine gute Idee, sofern man sich frei zwischen Bundeswehr, sozialen, ökologischen und kulturellen Angeboten entscheiden könne, fügt er hinzu.

Genügend Potential vorhanden

Thomas Jarzombek, CDU-Bundestagsabgeordneter, hält den Vorschlag der Verteidigungsministerin dagegen für eine gute Idee. „Deutschland braucht eine verteidigungsfähige Bundeswehr“, betont er. „Deswegen ist es gut, dass es nicht nur Berufssoldaten gibt, sondern einen Durchfluss von Leuten.“ Im Gegensatz zu Caritas-Chef Peeters sieht er in dem Programm keine Konkurrenz für andere Dienste wie dem FSJ. „Der Teich an jungen Menschen, in dem gefischt wird, ist groß genug“, sagt Jarzombek. „Da gibt es genug Potenzial.“

Junge Leute halten als billige Kräfte her

Vom Grundsatz her sei gegen Freiwilligkeit nichts einzuwenden, meint der SPD-Bundestagsabgeordnete Andreas Rimkus. „Der Begriff ,Heimatschutzdienst’, der da gewählt wurde, ist aber ein völliger Fehlgriff, da er von Rechtsradikalen in Deutschland verwendet wird.“ Auch hält er den Vorschlag Kramp-Karrenbauers für nicht weitreichend genug. „Der Vorschlag greift deutlich zu kurz“, bemängelt Rimkus.

Auch der Zivildienst müsse dann, wie auch Angehörige der Bundeswehr, kostenlos mit dem Zug fahren dürfen. Die Bundeswehr und die sozialen Stellen müssen darüber hinaus besser ausgestattet und bezahlt werden, fordert der Sozialdemokrat und kritisiert, dass junge Leute im Programm der Verteidigungsministerin „wie der billige Jakob herhalten“ sollen. „Das ist zu billig, zu wenig“, so Rimkus weiter.

Soziale Strukturen stärken

„Es ist dringend notwendig, die sozialen Strukturen in unserem Land zu stärken, um besser auf Krisen reagieren zu können und den Zerfall unserer Gesellschaft zu stoppen“, erklärt Linken-Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht. Doch dafür brauche es keine neue Freiwilligentruppe der Bundeswehr, meint sie. „Es ist erheblich sinnvoller, Maßnahmen wie das freiwillige soziale oder ökologische Jahr auszubauen und eventuell für alle verpflichtend zu machen. Vor allem aber muss die Bundesregierung endlich dafür zu sorgen, dass es in den sozialen Diensten gute Beschäftigungsverhältnisse, allgemeinverbindliche Tarifverträge und vernünftige Löhne gibt.“