Düsseldorf. Grüner OB-Kandidat hat viele Ideen: Er verspricht er für die Düsseldorfer, die ihren Pkw nachweislich abmelden, fünf Jahre kostenfreien ÖPNV.

Nach einer guten Stunde auf der 1. Etage im NRW-Forum hielt es Stefan Engstfeld für nötig, sich bei den Medienvertretern zu entschuldigen. „Jetzt habe ich das Gefühl, ich habe Sie an die Wand geredet“, sagte der OB-Kandidat der Düsseldorfer Grünen am Ende der Kampagnen-Präsentation. Ja, hatte er. Aber der 50-Jährige hatte eben auch viel unterzubringen: Klima, Verkehr, ÖPNV, Gleichstellung und – ja – auch Farid Bang. Engstfeld will am 13. September der erste grüne Bürgermeister der Stadt werden. Das Motto des Wahlkampfes: Zukunft wird aus Mut gemacht. „Wir sollten jetzt mutig die Weichen stellen, denn noch nie bekamen die Kommunen so viel Geld von Bund und Land“, so Engstfeld, der mit blauem Anzug, weißem Hemd und weißen Converse-Chucks zum Termin erschienen war.

Wahlprogramm wurde mit vielen Helfern „nachgeschärft“

„Wir haben während der Pandemie unser Programm noch einmal nachgeschärft“, so Paula Elsholz, Sprecherin des Grünen-Kreisverbandes, der mit einem großen Team den Wahlkampf flankieren wird. Das Programm ist 116 Seiten dick und vielfältig, betont Elsholz, so vielfältig und divers wie eben auch unsere Unterstützer: „Mehr als 50 Prozent davon sind Frauen, bei uns wird Gleichberechtigung gelebt.“

Hier die wichtigsten Themen des Kandidaten Engstfeld:

Altstadt: Die derzeitige Situation mit Ausschreitungen und Corona-Regelverstößen sei Besorgnis erregend, daher müsse man von behördlicher Seite schnell handeln. „Es gibt da zwei Gruppen in der Altstadt“, so Engstfeld. Die eine seien Besucher in den Engstellen wie etwa Kurze Straße. Dieses Publikum könne man über Ansprachen sensibilisieren. Der OB-Kandidat stellt sich dort Maskenpflicht und einen privaten Sicherheitsdienst (wie bei großen Rockkonzerten vor), der die Kontrollen durchführt. Für das andere Klientel: Freitreppe von 0 bis 6 Uhr komplett sperren! Dazu am Rheinufer verstärkte OSD-Einsätze und „Leute aus Migrantenorganisationen, die bei den Ansprachen unterstützend wirken“. Eine interkulturelle Ansprache a la Farid Bang sei jedenfalls eine dumme Idee gewesen. „Das kann nicht für Düsseldorf stehen, der OB muss das Video sofort aus dem Netz nehmen und sich bei den Düsseldorfern entschuldigen“, so Engstfeld.

Klima: Engstfeld will Düsseldorf „bis spätestens 2035“ zur CO2-neutralen Klimahauptstadt machen, mit Investitionen von 60 Millionen Euro per anno. Wären bei fünf Jahren Amtszeit 300 Millionen. Er plant mehr energetische Gebäude, mehr Grünflächen. Seine Rechnung: „Für jeden Quadratmeter, der versiegelt wird, müssen zwei Quadratmeter Grünfläche entstehen.“

Autofreie City: Engstfeld will eine autofreie Kö, eine autofreie Schadowstraße und auch andere Teile der City ohne Pkw. Man müsse dann schauen, wo es Durchgangsverkehre gibt und jetzt nicht alles vorab durchorganisieren. Fakt sei, dass eine „massive Reduzierung des Autoverkehrs vonnöten ist“ und dass Städte wie London, Brüssel, oder Wien schon viel weiter seien.

ÖPNV: Alle reden von kostengünstigeren Bussen und Bahnen. Wichtig, ja, aber entscheidend sei doch der Takt, so Engstfeld. Er will, dass von 6 bis 24 Uhr die Linien im 10-Minuten-Takt fahren, die Hauptlinien sogar alle siebeneinhalb Minuten. „Dann brauchen wir keine Fahrpläne und letztlich auch keine Autos mehr“, sagt Engstfeld, der dazu ein besonderes Angebot macht: Düsseldorfer, die ihren Pkw nachweislich abmelden, bekommen fünf Jahre lang kostenfreien ÖPNV!

Rad: OB Geisel habe im Zuge der Tour de France viel versprochen, aber nicht viel gehalten, so Engstfeld. Das Radwegenetz sei gerade mal um 27 Kilometer ausgebaut worden. „Das ist schwach“, sagt Engstfeld, der eine städtische Tochter mit dem Ausbau der Radwege beauftragen würde, ähnlich wie es beim Schulbau die IPM macht: „Wir brauchen sichere Radwege, eine Protected Bike Lane wie auf der Cecilienallee ist die falsche Lösung.“

Wohnen: Engstfeld sagt den Spekulanten den Kampf an. Größtes Negativbeispiel sei das Glashüttengelände in Gerresheim. Er will mehr preisgedämpften Wohnraum und Bauverpflichtungen für Eigentümer. „Was wir in Düsseldorf auf jeden Fall nicht brauchen, sind mehr Büroflächen.“

Digitalisierung: Engstfeld war schon vor seiner Kandidatur viel in den sozialen Medien unterwegs (Facebook, Twitter, Instagram, YouTube), jetzt ist er es noch mehr. Auf Facebook und YouTube präsentiert er sich im Rahmen einer Bio-Kochshow, darüber hinaus hört man ihn während des wöchentlichen Sonntags-Podcasts „Natürlich, Stefan“.

Kultur/Musik: Der grüne Kandidat will die Künstler in der Stadt halten. Er stellt sich ein Werkkunsthaus vor (vor allem für gestalterische Künste) mit Co-Working-Spaces. Sehr musikalisch wird es mit Engstfelds Wahlkampfmobil, einem E-Lastenfahrrad mit eingebauter Wahlkampftheke und fetter Musikanlage. Engstfeld hatte das Bike beim Pressetermin vor dem NRW-Forum geparkt und gab den Umstehenden eine Audio-Kostprobe. Das Gefährt erinnert leicht an einem modernen Bollerwagen für das sonntägliche Karnevals-Kö-Treiben, nur ohne Bierfass. Der OB-Kandidat hat damit jedenfalls viel vor. „Ich werde es damit nicht in alle Ecken Düsseldorfs schaffen, aber ich werde viel unterwegs sein.“