Düsseldorf. Die Düsseldorfer Kulturführerin Ute Pannes erklärt, wie wertvolle Arbeiten am Ehrenhof in der Nazizeit gerettet wurden.
So groß und so prachtvoll. Doch an den Mosaiken am Ehrenhof, dem expressionistischen Gebäude- und Gartenensemble, das 1925 bis 1926 für die „Große Ausstellung für Gesundheitspflege, Soziale Fürsorge und Leibesübungen“ (GeSoLei) errichtet worden war, gehen die meisten Menschen achtlos vorüber.
Ute Pannes, die regelmäßig Führungen rund um den Ehrenhof anbietet, verweilt jedoch gern und oft vor den großen Kunstwerken– und sie kennt auch ihr Geheimnis: „Die Zeit des Nationalsozialismushaben sie abgedeckt und übertüncht überdauert“, sagt sie. Denn die Mosaiken entsprachen so gar nicht dem Geschmack der damaligen Machthaber und mussten weichen, während im Haus Ehrenhof 5 ein Zivilarbeitslager für westeuropäische Arbeiter eingerichtet wurde.
Zwei der Mosaiken, „Der Tag“ und „Die Nacht“ stammen von Jan Thorn Prikker (1868-1932). Drei, nämlich „Die Madonna, der die Künste und das Handwerk huldigen“, „Der Rhein als Träger des Lebens“ und „Tanz“ sind von Heinrich Nauen (1880-1940).
Nazis bezeichneten Mosaike als entartet
Diese Mosaiken von Heinrich Nauen und Jan Thorn Prikker wurden von den Nazis als „entartet“ bezeichnet. „Zum Glück hat man sie aber nicht zerstört oder abgeschlagen, sondern verputzt, damit man sie nicht mehr sehen konnte“, erklärt Ute Pannes, „wahrscheinlichhaben sie gerade durch diese Maßnahme den Krieg unbeschadet überstanden.“
Etliche Skulpturen, die sich ebenfalls im Bereich des Ehrenhofs befanden, seien hingegen abgebaut und in den städtischen Bauhof gebracht worden. „Dort wurden sie in die hinterste Ecke gestellt und nach und nach vergessen. Es gibt aber auch genügend Kunstwerke, die zerstört oder eingeschmolzen wurden“, bedauert die Gästeführerin. Dieses Schicksal ereilte zum Beispiel die beiden Bronzeskulpturen von Bernhard Sopher, die ebenfalls als „entartet“ bezeichnet wurden, an sie erinnern zwei leere Sockel vor dem Kunstpalast.
Schreiben an den Oberbürgermeister
Zuvor, 1937, hatte die Museumsleitung in dieser Sache auch an den Oberbürgermeister geschrieben: „Nach meiner Kenntnis der Dinge gilt Sopher als Nichtarier,dem seinerzeit die Ausübung des künstlerischen Berufs aus Rassegründen untersagt wurde. M. E. dürfte es sich empfehlen, eine, grundsätzliche Entscheidung in der Sache herbeizuführen, ob die Figurenstehen bleiben können.“ Unterzeichnet war der Brief mit „Hupp“.
Doch zurück zu den Mosaiken: Diese seien von den Nationalsozialisten als sehr provokant und modern erlebt worden, sagt die Gästeführerin: „Die figürliche Darstellung in der Mitte, umgeben von einem abstrakten Feld, das war etwas Neues, es war den Nationalsozialisten zu wenig naturalistisch und zu wenig volkstreu. Die Vermischung von Figurendarstellung und abstrakten Mustern war sehr gewagt und deshalb nicht erwünscht.“
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Außerdem seien ihnen die Künstler und besonders Heinrich Nauen zu unbequem gewesen, schätzt Ute Pannes. Der Professor ander Düsseldorfer Kunstakademie, der von den Nazis dann auch in den vorzeitigen Ruhestand geschickt wurde, war Mitglied in der Gruppe Junges Rheinland und gehörte zum Kreis um „Mutter Ey“ (siehe Geheimnis 27). Johanna Ey (1864-1947) war eine in Düsseldorf sehrbekannte Mäzenin. „Sie hat die junge Avantgarde unter ihren Fittichengehabt, bei ihr sind Max Ernst und Otto Dix groß geworden“, nennt die Stadtführerin zwei Beispiele.
Lehrauftrag an der heutigen Hochschule Niederrhein
Und Jan Thorn Prikker? Der Niederländer war 1904 nach Deutschland gekommen und hatte zunächst einen Lehrauftrag an der heutigen Hochschule Niederrhein, damals Handwerker- und Kunstgewerbeschule Krefeld. Später unterrichtete er auch in München, Düsseldorf und Köln. „Seine Mosaiken bestehen eher aus geometrischen Mustern, und auch das entsprach nicht dem Kunstgeschmack der Nationalsozialisten“, erläutert Ute Pannes. Auch sie wurden abgedeckt und so unsichtbar gemacht. Der niederländische Künstler hat das aber nicht mehr mitbekommen: Er starb 1932.
Die Mosaike befinden sich in den offenen Ecktempeln an der Tonhalle und am NRW-Forum Süd (Heinrich Nauen) sowie am NRW-Forum Nord und direkt gegenüber am Kunstpalast (Jan Thorn Prikker).