Düsseldorf. Die Corona-Kennzahl in Düsseldorf ist deutlich gestiegen – und liegt über dem NRW-Schnitt. Politiker kritisieren Oberbürgermeister Geisel.

Schaut man auf die Zahlen des Robert-Koch-Instituts, scheint die Corona-Lage in Düsseldorf immer bedenklicher zu werden: So kletterte in den letzten Wochen die 7-Tages-Inzidenz bis auf 22,4 Fälle pro 100.000 Einwohner. Höher ist sie nur im Kreis Gütersloh, wo sie mit einem Wert von knapp über 50 die Schwelle überschritten hat, die aus Sicht der Politik einen Lockdown nötig macht. Mittlerweile ist der Wert wieder leicht gesunken, am Dienstag (7. Juli) lag er bei 21,7.

Wie kommt es zu dieser Entwicklung? Ganz klar lässt sich das noch nicht sagen. Aus der Politik gibt es derweil scharfe Kritik an Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel.

Zweiter Corona-Lockdown in Düsseldorf befürchtet

Die Düsseldorfer FDP-Chefin und Bundestagsabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann.
Die Düsseldorfer FDP-Chefin und Bundestagsabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann. © Jürgen Theobald

„Nie hat der OB ausreichende Maßnahmen getroffen“, sagt CDU-Ratsherr Andreas-Paul Stieber, Vorsitzender des Gesundheitsausschusses. „Seit Anbeginn der Krise nicht. Er hing mit seinen Maßnahmen immer dem Problem hinterher.“ Viel zu wenig habe die Stadt Düsseldorf in den letzten Wochen und Monaten Bürger auf die Corona-Infektion getestet.

Das findet auch die FDP-Vorsitzende und OB-Kandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermann: „Wenn wir nicht testen, haben wir weniger Fälle. Und wenn wir wenige Fälle haben, dann ist alles gut.“ Das sei bezüglich der Corona-Krise das Motto Geisels gewesen. Zwar weist sie darauf hin, dass das Ansteigen der Kennzahl auch mit einer Zunahme an Tests zusammenhängt, aber auch Versäumnisse der Stadt seien verantwortlich.

„Verantwortung des OB gebietet, dass wir schauen, dass die Wirtschaft florieren kann, dass Leute arbeiten gehen können,“ sagt sie. „Aber wenn wir das nicht ernstnehmen, rutschen wir alle in einen zweiten Lockdown.“ Die häufigen Menschenansammlungen in der Altstadt, wo Ordnungsamt und Polizei mehr als einmal Räumungen durchführen mussten, halten Strack-Zimmermann und auch Stieber für einen wichtigen Faktor.

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„Unsere Zahlen lassen keine Rückschlüsse auf die Altstadt zu“

„Ich würde nicht sagen, dass große Fehler gemacht worden sind.“ sagt dazu Markus Raub, Chef der SPD-Fraktion im Stadtrat. „Die Kapazitäten, so oft zu testen, wie jetzt, mussten erst geschaffen werden.“ Er bewertet die jetzigen Zahlen vor allem als Resultat der viel höheren Testanzahl.

Gestützt wird diese Position von Klaus Göbel, dem Leiter des Gesundheitsamtes. Die hohen Werte hätten ihren Grund darin, „dass wir so viel testen, deshalb mehr Fälle finden“. Und weiter: „Unsere Zahlen lassen keine Rückschlüsse auf die Altstadt zu.“

Düsseldorfer Zahlen liegen über dem Durchschnitt

Stefan Engstfeld, Landtagsabgeordneter und OB-Kandidat der Grünen in Düsseldorf.
Stefan Engstfeld, Landtagsabgeordneter und OB-Kandidat der Grünen in Düsseldorf. © oh

„Ich würde da ein großes Fragezeichen hinter setzen“, merkt Stefan Engstfeld an, Oberbürgermeisterkandidat der Grünen. Er weist darauf hin, wie hoch die Düsseldorfer Werte über dem Bundes- und NRW-Durchschnitt liegen. „Andere Städte testen genau so wie wir. Das bedarf dringend einer genaueren Analyse.“

Er schlägt einen Drei-Stufen-Plan vor, nach dem schon jetzt erste Maßnahmen einzusetzen wären. Anfangen würde das mit einer gezielten Ansprache der Bevölkerung. Der jetzige Zwei-Stufen-Plan der Stadt sieht Maßnahmen erst ab dem 7-Tages-Wert 30 vor. An Geisel beklagt Engstfeld auch eine fehlende Vorbild-Funktion. „Nicht dienlich“, sei seine fotografisch festgehaltene Altstadt-Tour gewesen.

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Zu wenig präventives Eingreifen bei Menschenansammlungen in Düsseldorf

Udo Bonn, OB-Kandidat der Linken, sieht hinter der Kritik durchaus mehr als Sorge „Ich möchte keinen personifizierenden Wahlkampf mit Corona betreiben.“ Er äußert auch Lob: „Der OB strengt sich an, ist immer dabei und lässt sich beraten.“ Kritisch sieht er etwa, dass bei großen Menschenansammlungen oft nicht präventiv eingegriffen wurde, erst, „wenn es rappelvoll ist.“

Bonn findet, dass in der Diskussion etwas vergessen wird: „In Alten- und Pflegeheimen besteht immer noch Personalmangel, da wird am Rande der Kapazität gearbeitet.“ Letztlich seien es jene Pflegekräfte, die im Ernstfall viele tödliche Krankheitsverläufe verhindern.

Bei einem Thema sind sich Vertreter aller Parteien einig: Die anklingende Diskussion über ein Ende der Maskenpflicht in einigen Bundesländern hat in Düsseldorf gerade nichts verloren.