Düsseldorf. Einbrecher stehlen fast 400 Brautkleider. Den Schaden von 300.000 Euro muss „Brautblüte“-Chefin Jenna Walter selbst tragen. Sie muss neu starten.
Im Hochzeitsmodegeschäft „Brautblüte“ in Düsseldorf steht das Telefon seit Tagen nicht mehr still. Nicht, weil Paare mit Abflauen der Corona-Pandemie wieder verstärkt nach Brautkleidern fragen. Sondern weil Deutschland wissen will, wie es weitergeht mit dem Betrieb von Jenna Walter und wie das war in der vergangenen Woche: Als Unbekannte in das Geschäft in der Innenstadt eingebrochen sind und fast 400 Brautkleider gestohlen hatten. „Ich bin ein bisschen durch“, sagt Walter mehrfach am Dienstagabend im vielleicht letzten von etlichen Interviews an diesem Tag. Der Vorfall kommt zur Unzeit: Walter, die außer in Düsseldorf noch zwei weitere Geschäfte in Krefeld und Köln betreibt, hätte nach der Krise gerade wieder durchstarten wollen.
Eine Mitarbeiterin alarmiert Walter am Freitagmorgen nach dem Betreten des Ladens. Sie stürmt „im Pyjama“ in das Geschäft in der Düsseldorfer Innenstadt: „Ich bin kurz zusammengebrochen“, erinnert sie sich an den ersten Moment, als ihr der Schaden gewahr wird. Inzwischen kann sie auch eine Bilanz ziehen: Insgesamt stahlen die Einbrecher 278 Musterkleider und 80 Kleider, die bereits für Kunden bestimmt und zugeschnitten waren. 30 davon waren schon fix für Hochzeiten in den kommenden beiden Monaten vorgesehen, sagt Walter. In diesen Fällen werde es aber gelingen, kurzfristig Ersatz zu beschaffen, so dass kein Paar auf den Tag ihres Lebens verzichten werden müsse. Wählerisch waren die Kriminellen nicht. Auch rund 10.000 Euro Bargeld hätten sie aus einem Tresor und der Kasse noch mitgenommen, sagt die „Brautblüte“-Chefin. Bei den Brautkleidern verschwanden rund zwei Drittel ihres kompletten Bestandes.
Gesamtschaden liegt bei rund 300.000 Euro
Den Gesamtschaden beziffert Walter auf rund 300.000 Euro. „Wir haben es noch nicht auf den Cent genau ausgerechnet“, sagt sie. „Doppelt bitter“ sei es, dass keine Versicherung dafür aufkomme. Es sei ihr eigener Fehler, räumt Walter zerknirscht ein. Sie habe es versäumt, rechtzeitig die von der Versicherung verlangte Alarmanlage einbauen und scharf schalten zu lassen. Dass es zu einem Einbruch bei ihr kommen könnte, sei für sie vor dem Vorfall „unvorstellbar“ gewesen. Mit der Alarmanlage und weiteren Maßnahmen soll nun schnellstmöglich nachgerüstet werden. „Das wird das sicherste Geschäft Deutschlands“, sagt Walter und lacht wieder ein bisschen.
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Die Einbrecher seien durch den Flur in einem Nebengebäude eingestiegen, erzählt Walter. Dort hatten sie dann einen rückwärtigen Notausgang in die Filiale aufgebrochen. „Das war sehr organisiert und geplant.“ Die Täter kamen in einem Zeitraum nach der Schließung des Geschäfts am vergangenen Mittwochabend bis zur Wiedereröffnung nach Fronleichnam am Freitagmorgen.
Polizei Düsseldorf hofft auf weitere Zeugen
„Die sind gezielt da rein“, sagt auch der Düsseldorfer Polizeisprecher Henrik Welp. Den spektakulären Einbruch machte die Behörde am Freitag öffentlich. Mehrere Hinweise seien danach bereits eingegangen, so der Sprecher. Offen ist noch, ob schon ein entscheidender dabei war: „Wir ermitteln“, sagt Welp, „und das dauert noch an.“ Dass es mehrere Täter waren, gilt angesichts des Umfangs der Beute als wahrscheinlich. Auch müssen sie mit größeren Fahrzeugen an der Stresemann-, Ecke Oststraße gestanden haben, um die Beute abzutransportieren. Die Gegend rund um den Tatort ist eigentlich eine belebte. „Auch die Fahrzeuge könnten aufgefallen sein“, sagt Welp, „wir hoffen, dass sich noch weitere Zeugen melden.“ Hinweise nimmt das Kriminalkommissariat 14 der Polizei Düsseldorf unter 0211/870-0 entgegen.
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Eine Tat wie diese habe es in Düsseldorf noch nicht gegeben, sagt Welp, es gebe aber „deutschlandweit ähnlich gelagerte Fälle“. Die Polizei in der Landeshauptstadt stehe daher auch im Austausch mit anderen Behörden. Nicht auszuschließen ist für die Ermittler, dass eine Bande hinter dem Einbruch steckt, die sich auf solche Taten spezialisiert hat. Das Diebesgut, vermutet die Polizei, würde nun wohl ins Ausland gebracht oder im Internet verkauft.
Detektiv und Mitarbeiter suchen nach Diebesgut
Das glaubt auch „Brautblüte“-Chefin Walter. Sie sagt, sie wolle nun selbst auch einen Detektiv einschalten, der für sie nach ihren Kleidern Ausschau halten soll. Auch ihre rund 60 Mitarbeiter helfen dabei mit. „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, sagt Walter.
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Der Einbruch geschah im zehnten Jahr des Bestehens der „Brautblüte“, sagt Walter. Ans Aufgeben hat sie keinen Gedanken verschwendet – trotz des Schadens auf dem sie sitzen bleiben wird. „Wir haben gut gewirtschaftet in den vergangenen Jahren.“ Mit den Rücklagen will sie über die Runden kommen und nun neu durchstarten. Privat habe sie schon schlimmere Schicksalsschläge überstanden, sagt Walter. Nach dem Einbruch habe sie bereits „viel Verständnis und Unterstützung“ von Kunden und Geschäftspartnern erfahren. Die „Brautblüte“ hat Walter selbst aufgebaut – „ein Geschäft, wo so viel Liebe drin steckt“, sagt sie. Und so empfindet sie im Nachhinein auch die Tat: „Als ob deinem Baby jemand wehtut.“ Es werde nicht einfach in den kommenden Wochen, sagt die Inhaberin: „Aber wir schaffen das.“