Düsseldorf. Auf dem Nordfriedhof hängt ein Zylinder auf dem Grab eines Düsseldorfers. Dessen Beerdigung war ebenso ungewöhnlich wie sein Leben.
Hüte sind heute weitgehend aus der Mode geraten. Menschen mit Hüten sieht man kaum auf den Straßen, höchstens im Sommer als Sonnenschutz – und selten mal im Winter, wenn der eine oder andere statt der Mütze eine etwas ausgefallenere Kopfbedeckung wählt. Zylinder für den Herrn sind sowieso fast gänzlich aus dem Straßenbild verschwunden.
Hanns Friedrichs, der Modezar Düsseldorfs
Auf dem Düsseldorfer Nordfriedhof gibt es jedoch ein Grab, das von einem solchen (echten?) Zylinder geziert wird. Und das hat nichts damit zu tun, dass der Mensch, der hier bestattet ist, zu einer Zeit starb, als Zylinder noch üblich gewesen wären. Nein, der hier Bestattete wurde erst im Jahr 2012 zu Grabe getragen und neben dem Zylinderzierte einst auch ein weißer Schal seine letzte Ruhestätte. „Kein Geringerer als Hanns Friedrichs, der Modezar Düsseldorfs, ist hier bestattet“, klärt der Chef des Nordfriedhofs, Stefan Süß, auf. „Und sein Markenzeichen waren ein Zylinder und ein weißer Schal.“ Süß macht noch auf ein weiteres Detail am Grab des bekannten Modeschöpfers aufmerksam: „In der Grabmalgestaltung befindet sich das Initial des Verstorbenen. Es wurde aus vielen übergroßen Nähnadeln gearbeitet, mit denen er ja täglich zu tun hatte.“
So ungewöhnlich der Grabschmuck ist, so ungewöhnlich war auch die Beerdigung des Hanns Friedrichs (1928-2012), der schon als Fünfjähriger auf der Bühne gestanden hatte, dann Schauspieler wurde,in den harten Kriegsjahren auf Schneiderei umsattelte, es zu großem Ruhm brachte und der sagte: „Ich mache keine Mode – ich ziehe Frauen an.“ Süß weiß: „Er hatte sich gewünscht, dass an seiner Beerdigung niemand in Schwarz kommen sollte. Frauen sollten seine Kleider tragen und Männer sich bunt anziehen.“ Der Trauerzug folgte einergroßen schwarzen Kutsche, in der der Sarg des Modeschöpfers über den Friedhof gefahren wurde. „Das war etwas ganz Besonderes“, sagt Stefan Süß, der bei der Beerdigung selbst anwesend war. „Kutschen, das kennen wir heute auf dem Friedhof nicht mehr. Früher, zur Gründungszeit 1884, war es aber ganz üblich. Es gibt eine Polizeiverordnung von 1905, in der steht, dass mindestens vierspännig zu Grabe getragenwerden musste und dass jedes weitere Pferd sechs Mark kostete.“
Reiche Verstorbene mit Kutsche zu Grab gebracht
Mit der Kutsche wurden aber nur reiche Verstorbene zu ihrem Grab gebracht, weniger Betuchte wurden einfach auf einem Sargwagentransportiert. „In dieser Zeit war der Friedhof ohnehin streng nach Klassen aufgeteilt“, sagt Stefan Süß. „Das kann man heute noch am so genannten Millionenhügel sehen, wo die Reichen quasiunter sich waren.“ In der Nähe des Millionenhügels ist auch der„Dior Düsseldorfs“ bestattet,der häufig mit silbernen Fingernägeln anzutreffen war und sein Vermögen der HIV-Ambulanz für Kinder vermacht hat. Der Zylinder, der sein Grab ziert, war an der Trauerfeier zusammen mit einem weißen Schal an einem Kranz befestigt. Die Angehörigen habenden Zylinder anschließend am Grab angebracht, der Schal hat die Zeit nicht überdauert.
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Wie Hanns Friedrichs es sich gewünscht hatte, folgte der Kutsche mit seinem Sarg eine Schar kunterbunt gekleideter Menschen. Allerdings fuhr Düsseldorfs Modezar „nur“ zweispännig zu Grabe. Der Polizeiverordnung von 1905 wäre er also nicht gerecht geworden. Aber der Designer wurde ja auch erst im 20. Jahrhundert bestattet.
Wo das besondere Grab zu finden ist? Das Grab mit Hut befindet sich auf dem Nordfriedhof, Am Nordfriedhof 1, im Feld 64.