Düsseldorf. Die Mühle fährt Sonderschichten, um die Supermarktregale vollzuhalten. Die Fortin-Werke in Düsseldorf sind größter Haferflocken-Produzent der EU.
Das Coronavirus stürzt weite Teile der Wirtschaft in eine Krise, aber einige Branchen haben nun viel zu tun. Denn die Menschen sind viel zu Hause, es wird gehamstert. Der Lebensmitteleinzelhandel und seine Lieferanten versuchen, der Nachfrage gerecht zu werden. Einer davon sitzt in der Landeshauptstadt: die Fortin-Werke, ein altes Düsseldorfer Unternehmen. Es ist der größte Haferflockenproduzent der EU. Fortin fährt Sonderschichten, um die Supermarktregale vollzuhalten. „Wenn wir alle Nachfrage befriedigen wollten, müsste die Woche 13 Arbeitstage haben“, sagt Geschäftsführer Robert Lamers, der das Familienunternehmen in der dritten Generation führt.
Produktion an sieben Tagen pro Woche
Seit Mitte 2019 hat Fortin eine neue Betriebsgenehmigung und kann an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr produzieren. Normalerweise geschieht dies von sonntags 22 Uhr bis samstags 22 Uhr. Als sich Mitte Februar die Nachfrage zunehmend steigerte, wurden zwei Extraschichten eingeführt. Die sechs Produktionslinien im Mühlturm an der Fringsstraße im Industriehafen stehen seitdem am Sonntag nur noch von 6 bis 14 Uhr still, um Reinigungs- und Wartungsarbeiten durchführen zu können. Karfreitag und Ostersamstag standen plötzlich auf dem Dienstplan.
„Ich bin meinen Mitarbeitern sehr dankbar“, sagt Lamers, „dies geschieht freiwillig und bedeutet für alle eine Belastung. Die Belegschaft ist der Überzeugung, dass dies für die Versorgung der Bevölkerung wichtig ist.“ Haferflocken machten satt und seien für viele Menschen ein Grundnahrungsmittel. Gerade jetzt, da wegen Corona die Kitas und Schulen geschlossen seien. Lamers macht zwar mehr Geschäft, aber er hat auch gestiegene Kosten: Der Zuschlag bei den Sonderschichten liegt bei 200 Prozent, die Frachtkosten sind ebenso höher wie der Energieverbrauch.
Produktion auf sechs Linien
Auf vier der sechs Produktionslinien werden im Hafen Haferflocken produziert, auf den übrigen Linien wird Weizen, Roggen, Gerste und Dinkel verarbeitet. Die Rohware kommt in Düsseldorf mit dem Schiff an, innerhalb von drei Stunden wird beispielsweise der Hafer gereinigt, geschält, gedämpft und im Falle der Produktion von Kleinflocken geschnitten und verwalzt. Fünf große Supermarkt- oder Discounterketten kaufen ihre Konsumenten-Verpackungen bei Fortin, jetzt im März waren es 3,7 Millionen Päckchen. Ein Plus von 25 Prozent im Vergleich zum Februar.
Auch international sind Fortin-Produkt präsent. 40 Prozent der Waren werden in Deutschland vertrieben, 37 Prozent in der EU, 22 Prozent außerhalb der EU. Viele afrikanische Unternehmen bestellen in Düsseldorf, die Ukraine ist ein großer Kunde und auch nach China wird geliefert, im März waren es knapp 100.000 Packungen. Lidl kauft bei der Düsseldorfer Mühle für 19 Länder europaweit ein. Das internationale Geschäft ist, vergleicht man den März mit dem Vorjahresmonat, um 34 Prozent gestiegen.
Export-Anteil wurde reduziert
„Wir haben den Exportanteil wegen der deutschen Nachfrage insgesamt dennoch etwas reduziert“, sagt Lamers. Zudem gebe es Probleme mit Leercontainern, die in China stünden. „Wir sind im Augenblick in der Situation, die Ware zuteilen zu müssen.“ Dies sei keine schöne Situation, dennoch habe die Branche ein gutes Verhältnis zum Handel. Der wisse, dass die Mühlen keine Freikapazitäten hätten. Die Preise würden wegen der hohen Nachfrage nicht erhöht. „Wir haben Lieferverpflichtungen.“
Aktuell hat Fortin 87 Mitarbeiter, davon fünf in Neuss, wo bis zu 35.000 Tonnen Getreide und Ölsaate für andere Unternehmen eingelagert und umgeschlagen werden können. Lamers will seiner Belegschaft die Corona-Tantiemen zahlen, „1500 Euro pro Kopf steuer- und abgabenfrei – wenn wir durch sind mit dem Thema“.