Die Thüringen-Wahl sorgt auch am Donnerstag für Entsetzen in Düsseldorf. So reagieren Politiker der Landeshauptstadt auf die neuen Entwicklungen.
Die umstrittene Wahl des Ministerpräsidenten von Thüringen und die sich gestern überschlagenden Ereignisse sorgt auch in Düsseldorf weiter für Zündstoff und politischen Wirbel.
Überfälliger Rücktritt
So gut wie keine Stimme mehr hatte gestern Nachmittag FDP-Frontfrau Marie-Agnes Strack-Zimmermann. „Ich telefoniere seit 24 Stunden“, sagte die Düsseldorfer OB-Kandidatin mit der schlechtesten Laune, die es so geben kann. Dass der Landtag in Thüringen aufgelöst wird, hielt Strack-Zimmermann dann für „überfällig“. Sie hatte sich als erste bundesweit bekannte Liberale klar gegen ihre Parteifreunde in Thüringen und den Parteivorstand positioniert.
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FDP darf sich nicht verstecken
CDU-Ratsherr und Bürgermeister Friedrich Conzen brachte es am Donnerstag zur Thüringen-Affäre auf den Punkt: „Ich kann über die ganzen Entwicklungen nur den Kopf schütteln. Ich sage immer: erst überlegen und dann handeln. Das was in Thüringen passiert ist, das war idiotisch.“
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Vor allem die FDP, deren Kandidat nur mit Hilfe der AfD zum Ministerpräsidenten gewählt werden konnte, steht in der Kritik: „Der FDP muss klar sein, dass sie für das Ansteigen von Antisemitismus und Rassismus im Land mitverantwortlich ist, wenn sie sich von der AfD einen Ministerpräsidenten wählen lässt“, sagt Udo Bonn, Vorsitzender der Linke in Düsseldorf. Auch wenn Kemmerich sein Amt wieder zur Verfügung stellte, könne sich die FDP nicht verstecken. Deshalb erwarte er von der Düsseldorfer FDP jetzt deutliche Worte: „Nicht nur, dass sie sich distanziert, sondern, dass sie im Düsseldorfer Wahlkampf gemeinsam mit den anderen demokratischen Parteien gegen Rechts handelt.“
Nichts sagen reicht nicht
Die Düsseldorfer Grünen-Sprecherin Paula Elsholz schaut indes nach der gestrigen Entscheidung in Erfurt weiter mit kritischem Blick auf die Liberalen. „Viele FDP-Mitglieder werden jetzt öffentlich gelobt, dass sie eine klare Haltung gezeigt haben. Für mich ist das aber eine Selbstverständlichkeit. Wer nicht Nein sagt zu Faschisten, der sagt Ja. Nichts sagen reicht nicht“, so Elsholz. „Die FDP sollte auch an alle ihre Mitglieder adressieren, ob sie noch einen entsprechenden Wertekompass besitzen, um in einer demokratischen Partei richtig aufgehoben zu sein.“
Demo vor der FDP-Zentrale an der Sternstraße
Mehr als 200 Menschen protestierten vorgestern Abend vor der FDP-Zentrale an der Sternstraße. Wer hat uns verraten? Freie Demokraten!, wurde gerufen, auf Schildern der Unmut über die Wahl des Thüringer FDP-Ministerpräsidenten Kemmerich zum Ausdruck gebracht. Wie auch im Rest der Republik waren Menschen wütend, dass die FDP einen Ministerpräsidenten von Höckes Gnaden stellt. In mehreren Redebeiträgen wurden der Rücktritt Kemmerichs und Neuwahlen gefordert. Auch vor Parallelen zu den historischen Ereignissen um die Machtergreifung Hitlers vor rund 90 Jahren warnte ein Redner. Neben der Grünen Jugend hatten auch Jusos, Linke und das Bündnis „Düsseldorf stellt sich quer“ zum Protest vor der FDP-Zentrale aufgerufen.
Die Kundgebung verlief friedlich und ohne Zwischenfälle und war nach knapp einer Stunde beendet. Auch in anderen Städten gab’s Demos vor FDP-Büros.
OB Geisel zweifelt an FDP-Aussagen
„Ich bin einfach nur fassungslos darüber, was in Thüringen abgelaufen ist“, sagte Oberbürgermeister Thomas Geisel. „Mir persönlich tut es auch Leid um Ramelow, den ich für einen absolut integren Mann halte. Die FDP hat sich herausgeredet. Wenn Sie wirklich von nichts gewusst hat, warum ist Kemmerich dann nicht direkt zurück getreten?“
Scharfe Kritik an Lindner
Auch der Düsseldorfer SPD-Chef und Bundestagsabgeordnete Andreas Rimkus ist entsetzt. Es sei absurd, wie ein Abgeordneter einer Partei, die mit nur 5 Prozent der Stimmen in den Landtag gekommen sei, denken kann, er sei legitimer Bewerber für den Ministerpräsidenten-Posten.
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Das Verhalten der Düsseldorfer FDP, dessen Vorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann sich sofort von dem Vorgehen ihrer Partei in Thüringen distanziert hat lobt er zwar, äußerte dagegen an den in Düsseldorf lebenden FDP-Bundesvorsitzenden Christian Lindner Kritik, der die anderen Parteien zur Zusammenarbeit mit dem neuen Präsidenten aufgefordert hatte: „So nicht, Herr Lindner!“, sagte Andreas Rimkus, der auch deutlich machte, dass es nach Aussagen verschiedener Politiker vorher Absprachen gegeben hat und Christian Lindner über das, was dann mittags im Landtag geschehen ist, informiert gewesen ist.
Kundgebung vor dem Landtag
Für Freitag, 7. Februar, 15 Uhr, ruft der Düsseldorfer Appell zu einer Mahnkundgebung unter dem Motto „Der Damm darf nicht brechen“ vor dem NRW-Landtag auf. Sprechen werden der Superintendent der Evangelischen Kirche Düsseldorf und Sprecher des Düsseldorfer Appell, Heinrich Fuchs, Anja Weber, Düsseldorfer DGB-Vorsitzende und Michael Szentei-Heise, Verwaltungsdirektor der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf.