Rheinbahn-Chef Klaus Klar spricht im Interview über die Situation der Düsseldorfer Rheinbahn und was sie künftig will.
Herr Klar, im letzten Jahr wurde viel über eine Verkehrswende geredet. Haben denn auch mehr Menschen die Rheinbahn genutzt?
Klaus Klar: Ja. Die Fahrgastzahlen zeigen einen deutlichen Aufwärtstrend. Wir befinden uns noch in der Auswertung, daher kann ich noch keine genaue Zahl nennen. Es handelt sich aber um einen Zuwachs in Millionenhöhe und damit deutlich mehr als in den Vorjahren. Das ist ein Ergebnis, das mich riesig freut.
Die Zahl der Fahrgäste lag 2018 bei 224 Millionen. Die Zahl ist für Außenstehende schwer nachzuvollziehen. Woher kommt der Anstieg?
Wir haben unsere Strategie konsequent durchgesetzt und an Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Sauberkeit und der Kommunikation mit den Fahrgästen gearbeitet. Die Rheinbahn stand in den letzten Jahren wegen Problemen im Betrieb in der Kritik. Wir haben deutlich nachgesteuert. Wir haben allein 350 Fahrer im vergangenen Jahr eingestellt, in diesem Jahr werden es ähnlich viele sein. Und wir haben viele Abläufe etwa auch in den Werkstätten verbessert. Solche Fortschritte spüren die Fahrgäste.
Gibt es auch mehr Abonnenten?
Wir sehen eine klare Steigerung im zweiten Halbjahr. Wir haben Abo-Zahlen wie noch nie, mit deutlich mehr als 215.000 Abonnenten.
Die Rheinbahn wird in den nächsten Monaten ihren Takt verdichten. Haben Sie dafür überhaupt genug Fahrer und Fahrzeuge?
Das bekommen wir hin. Aber es ist für das Unternehmen in der Tat eine Herausforderung. Wir weiten in 2020 unsere Fahrleistung um mehr als eine Million Kilometer aus, das sind rund fünf Prozent. Das ist eine größere Mehrleistung als beim Start der Wehrhahn-Linie. Die Rheinbahn fährt auf vielen Linien am Abend bis 21 Uhr und an Samstagen ab 9 Uhr das Angebot wie unter der Woche. Wir schaffen auf unserer wichtigsten Linie U75 einen 7,5-Minuten-Takt und bieten Verstärkerfahrten auf dem Düsseldorfer Teil der Linie U79, um dort ein sehr viel stabileres Angebot zu schaffen. Dazu kommen neue Schnellbus-Linien für die Pendlerstrecken ins Umland. Das bedeutet für uns große Umstellungen. Unter anderem haben wir ein neues Schichtmodell für den Fahrdienst erarbeitet.
Ihr Vorgänger Michael Clausecker hat sich auf ein konkretes Ziel von zwei Prozent mehr Fahrgästen pro Jahr festgelegt – und es nie erreicht. Wo ist Ihr Wachstumsziel?
Ich strebe auch zwei Prozent an. Manche sagen, das ist zu ambitioniert. Aber es ist für die Stadt notwendig, dass wir das schaffen und mehr Menschen zum Umstieg vom Auto auf den ÖPNV bewegen.
Wie soll das gehen?
Die größte Bedeutung haben weiterhin unsere Schienenfahrzeuge, die wir in engerem Takt fahren lassen werden. Natürlich gibt es auch weitere Bausteine wie insbesondere eine neue App, die im Frühjahr startet. Aber Takt, Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit sind am Ende entscheidend. Daran arbeiten wir an vielen Stellen mit Hochdruck. Ein Schwerpunkt ist die Optimierung von Ampeln, damit unsere Bahnen schneller durchkommen. Wir haben gemeinsam mit der Stadt acht Experten für dieses Thema eingestellt und wollen viel schneller vorwärts kommen. Wir bauen in diesem Jahr auch die Bus-Flotte aus: Rund 120 neue Busse treffen ein, darunter zehn mit Elektroantrieb.
Nutzen die Umweltspuren der Rheinbahn?
Ja. Unsere Bahnen stecken oft im Stau mit dem Individualverkehr. Die Umweltspuren bringen eine Zeitersparnis für unsere Busse, selbst wenn sie vor dem Start mit im Stau stehen. Wir brauchen mehr solche Busspuren. Ich bin auch dankbar, dass die Stadt Auto-Fahrspuren an Engstellen wie der Erkrather Straße abschraffiert, damit unsere Bahnen schneller durchkommen. Ich weiß, dass so etwas nie unumstritten ist. Diese Beispiele machen aber deutlich, dass wir für einen möglichst attraktiven ÖPNV eine klare Bevorrechtigung für den ÖPNV brauchen.
Viele Verkehrsexperten sagen, dass man eine Verkehrswende nur in Fahrt bringt, wenn man das Autofahren zugleich unattraktiver macht, etwa durch höhere Parkgebühren...
Darüber muss die Politik nachdenken. Das ist nicht die Zuständigkeit des Rheinbahn-Chefs.
Oberbürgermeister Thomas Geisel will Düsseldorf zu einer Modell-Stadt für ein stark vergünstigtes Ticket machen. Was halten Sie davon?
Ich bin überzeugt, dass solche Schritte den ÖPNV attraktiver machen. Allerdings muss man immer auch übers Geld reden. Ein Teil der Mindereinnahmen wird durch mehr Fahrgäste ausgeglichen, aber wir brauchen eine Sicherheit, wer für das Delta zahlt. Die Ticketeinnahmen sind unsere Haupt-Einnahmequelle.
Und was halten Sie von einem kostenlosen ÖPNV?
Nichts. Alles muss einen Preis haben. Was gar nichts kostet, wird nicht wertgeschätzt. Wir wollen durch Zuverlässigkeit für die ÖPNV-Nutzung begeistern und damit unseren Beitrag zur Verkehrswende leisten. Dafür müssen wir kontinuierlich in die Infrastruktur und qualifiziertes Personal investieren. Bis 2030 investiert die Rhein eine Milliarde Euro.
Die Taktausweitung klappt nur, wenn die neuen Stadtbahnen rechtzeitig eintreffen. Nur wenige sind schon da. Die Fertigstellung hat sich immer wieder verzögert. Wann gehen die Züge in Betrieb?
Im Sommer. Dann wird auch die Zulassung durch die Technische Aufsichtsbehörde vorliegen. Die Auslieferung geht jetzt schnell, wir haben uns darüber mit dem Hersteller Bombardier im letzten halben Jahr straff auseinandergesetzt. Wir brauchen die 59 Fahrzeuge: Damit wir Taktverdichtungen anbieten können, müssen wir natürlich unsere Flotte erweitern.
Können Sie die Fahrzeuge überhaupt abstellen?
Die 59 Züge bekommen wir noch unter. Aber wir vergrößern die Flotte weiter, wir bereiten derzeit die Ausschreibung für die nächsten 115 Stadtbahnen vor. Dafür brauchen wir einen neuen Betriebshof. Die Gespräche mit der Stadt laufen.
Als Standort ist ein Gelände an der Messe im Gespräch.
Wir prüfen verschiedene Optionen.
Wie soll die Rheinbahn am Ende ihrer Amtszeit 2025 aussehen?
Ich möchte die Rheinbahn zur Nummer eins für die Mobilität in und um Düsseldorf machen. Und mein Herzenswunsch ist, dass Mitarbeiter und Bürger statt von „der Rheinbahn“ von „unserer Rheinbahn“ sprechen.
Arne Lieb und Uwe-Jens Ruhnau führten das Gespräch.