Das Düsseldorfer Schauspielhaus hat nach mehrjährigem Umbau Umbau wieder eine Gastronomie. Das „Schillings“ ist ein echtes Familienunternehmen.
Glaswände überall – im neuen Theaterrestaurant und in der Kantine, wo Schauspieler, Techniker, Dramaturgen und 350 Theatermitarbeiter ihren Kaffee schlürfen oder sich für Proben und Vorstellungen stärken. Der Blick ist frei auf alles und alle an 22 runden Tischen und auf 85 Stühlen. Ebenso, wie seit Jahrzehnten, im Foyer. Durchsichtig soll es überall sein, im und um das sanierte Schauspielhaus herum. So die Devise von Intendant Wilfried Schulz.
Zufriedenheit der Gäste soll oberstes Gebot sein
Klar, funktional und transparent, wie das Interieur (von Großbaumeister Christoph Ingenhoven), so auch der Name des Theaterrestaurants. Schlicht „Schillings“ heißt es – genauso wie seine Betreiber Veronika und André Schillings. Es ist die persönliche Note, die Mutter und Sohn dem Lokal verleihen. Schulz habe die Namens-Idee gehabt. Nun haben die Schillings überall am Gründgens-Platz das Sagen, wo es um Essen und Trinken geht. „Qualität an allen Plätzen“ und Zufriedenheit der Gäste sind oberstes Gebot, sagen sie. Einen ersten Geschmack bekamen jüngst die Mitarbeiter. Sie weihten ihre Kantine ein, bei der internen Schauspielhaus-Weihnachtsfeier.
Die Schillings-Familiy mit ihrem Chefkoch Unkas Mlodoch sind gut eingespielt und gehen konzentriert zur Sache – auch im Gespräch mit unser Redaktion. In einer Ecke im noch nicht geöffneten Lokal. Sie kommen schnell zur Sache, wegen Termindrucks. Hier sind Profis am Werk, das spürt man.
Veronika Schillings betreibt auch das Bernstein an der Lorettostraße
Aber auch eine Selfmade-Frau. Denn Mutter Veronika (57), von Hause Innen-Architektin, hat erst seit 15 Jahren eigene Gastronomie-Erfahrung. Die fast alte ‚Häsin’ betreibt neben dem „Mayers Daily“ (Rethelstraße) und dem Bernstein (Lorettostraße) noch die Kantine der Staatskanzlei im Orion-Haus (Rheinpromenade). Letztere nur bis Ende März. Danach habe Landesvater Armin Laschet andere Pläne.
Veronika Schillings sucht immer neue Herausforderungen, lächelt sie selbstbewusst. Eine Leidenschaft hat sie immer gehabt, fürs Kochen, Experimentieren und über den Tellerrand traditioneller Küche zu schauen. Saisonale und regionale Küche, darauf schwört sie seit 20 Jahren. Grünkohl im Winter, Spargel im Frühjahr, Erdbeeren im Sommer, Kürbis im Herbst. Und möglichst kein US-Beef. Ein Prinzip, dem sie und Chefkoch Unkas auch im Theaterlokal treu bleiben wollen. Richtig Feuer an der Gastronomie leckte die Mutter von drei Kindern, als sie vor knapp 20 Jahren in der Caféteria des K20 (Grabbeplatz) als Aushilfe jobbte. Und später? Selbst am Kochtopf stand Frau Schillings anfangs in jedem ihrer Lokale.
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Noch ungewöhnlicher die Laufbahn von André (37), der mit Familie und zwei Kindern in Aachen wohnt. Er führt die neue „Bernstein-Feinkost GmbH“, zu der auch das ‚Schillings’ gehört, in Sachen Finanzen, Personal und, und, und. Von Hause Maschinenbau-Ingenieur mit Abschluss an der Aachener Fachhochschule, danach zehn Jahre Unternehmensberater in der Auto-Industrie und seit kurzem im Textilgeschäft. Ein eigenes Mode-Label kreieren er und eine Geschäftspartnerin. Nachhaltig, betont er. „Der Kunde kann sehen, welcher Arbeiter sein Kleidungsstück gefertigt hat.“ Neben Online-Handel und Popup-Stores (kurzzeitigen Verkauf-Schaus). Das laufe weiter, sagt Schillings. Im Gespräch wird klar: Weitsichtig planen Mutter und Sohn gemeinsam ihr wachsendes Unternehmen, auch für die nächste Generation.
Von der Tante zur Kochlehre inspiriert
Als sie sich als Pächter bewarben für das Theaterrestaurant – André: „Topadresse in ruhiger Lage, mit Terrasse und Blick auf den Hofgarten“ – wusste die Mutter: „Ohne André hätte ich das nicht gemacht!“ Und ohne den Koch, ihren Neffen Unkas (25). „Meine Tante inspirierte mich damals zu einer Kochlehre“. Danach arbeitete er in Australien, dann in „Mayers Daily“ als Sous-Chef. Nun „bekochen“ Unkas und drei weitere Köche Gäste im Restaurant und Theaterleute in der Kantine. In einer Küche, die Kantine und Lokal verbindet. Alles aus einem Topf. Nicht gerade einfach.
Die Feuerprobe bestand Unkas, so André S., bei dessen Hochzeit mit 120 Gästen. „Alle redeten danach nur noch von dem Essen.“ Ein größeres Kompliment für Kochkünste und Organisationstalent gäbe es nicht. Wie das am Gründgens-Platz für Kantine und Lokal zu erschwinglichen Preisen möglich ist? Da nennt Unkas ein Beispiel: Im Restaurant gibt’s Rahmwirsing mit Rinderfilet. Einen Tag später in der Kantine Rahmwirsing mit Frikadelle. Zudem planen sie im ‚Schillings’, auch einen Catering-Dienst einzurichten.
Keine günstige Speisekarte
Die Speisekarte mit zwei Seiten im ‚Schillings’ (bis 23 Uhr geöffnet) wird nicht billig sein. Darf aber nicht erst bei 30 Euro pro Gericht beginnen. Das sei auch Ansage des Intendanten. Qualität der Zutaten und regionale Bezugsquellen haben zwar ihren Preis. „Es geht aber auch gut und günstig.“ Ehrgeizig das Getränke-Angebot: 50 Weine aus verschiedenen Anbaugebieten. Preis hier (wie im Theater-Foyer): 5,50 Euro für 0,15 Liter. Zudem offerieren sie vier Biersorten vom Fass.
Auf einer Seite der Speisekarte bieten sie regionale Küche an, auf der anderen Seite locken „themenorientierte“ Vorschlägen. André Schillings: „Aktuelle gesellschaftliche Fragen können sich in der Karte widerspiegeln. Möglich auch der Bezug zu einem Theaterstück.“ Oberstes Ziel: „Wir wollen unsere Gäste überraschen“. Und wie fühlt sich Unkas in einer offen einsehbaren Küche? Er schmunzelt: „Auch Kochen kann ein Schauspiel sein.“