Düsseldorf. Spannenden Verhandlungen zu tragischen Todesfällen, Millionenklagen und Erbstreitigkeiten in Düsseldorf stehen dieses Jahr an.

Tragische Todesfälle, Millionenklagen sowie ungeheuerliche Varianten menschlichen Verhaltens dominieren in diesem Jahr den Prozesskalender der Düsseldorfer Justiz. So geht ein jahrzehntelanger Geschwisterkrieg unter Firmenerben in die nächste Runde, eine Autofahrerin muss sich wegen ihres rustikalen Auftritts bei einem schweren Verkehrsunfall vor dem Amtsgericht verantworten und eine gleich in mehrerer Hinsicht unfassbare Gruppenvergewaltigung im Hofgarten beschäftigt das Landgericht.

Hier ein Überblick

Mädchen sexuell attackiert? Über Monate hinweg soll ein 25-Jähriger ab Januar 2019 gezielt kleine Mädchen in deren Elternhäusern oder in der Nähe davon angesprochen, sich dann an ihnen vergriffen haben. Demnächst prüft das Landgericht eine Anklage gegen ihn wegen dreifachen sexuellen Missbrauchs. Aus Sicht der Ermittler steht fest: Der Mann hatte die neun bis elf Jahre alten Kinder aus sexuellen Motiven bedrängt, konnte in jedem der jetzt angeklagten Fälle allerdings von den Opfern in die Flucht geschlagen werden. Er soll erklärt haben, er habe mit den Kindern immer nur reden oder Eis essen wollen. Kam er den Mädchen aber zu nahe, schrieen die Kinder um Hilfe oder wehrten sich aus Leibeskräften gegen ihn. Sexuelle Motive soll der 25-Jährige bisher geleugnet haben.

Versicherung verklagt Start-up: Eine Klageflut wegen vermeintlich fehlerhafter Lebensversicherungen, die mit Hilfe eines Düsseldorfer Hilfe-Portals jetzt auch einen Nürnberger Konzern erreicht, will diese Versicherung per Gerichtsurteil stoppen. Das Landgericht soll in dem Zivilstreit dem Portal Helpcheck verbieten, gegen ein Erfolgshonorar auch Rechtsdienstleistungen anzubieten. Speziell geht es darum, dass Verbraucher bei vielen Versicherungsverträgen (die von 1994 bis 2007 abgeschlossen wurden) ein Widerspruchsrecht haben. Um das prüfen zu lassen und vor Gericht zu bringen, wurde Helpcheck für Kunden gegründet. Die Firma berechnet im Einzelfall die Chancen und Ansprüche, betont aber: Vor Gericht würden die Fälle von Anwaltskanzleien betreut. Was bei ähnlichen Portalen für Fluggäste (bei erheblichen Verspätungen) oder auch für Mieter (bei Mieterrechten) längst etabliert ist, will die klagende Versicherung nun von der Wurzel her grundsätzlich bekämpfen.

Geplatzter Vergleich führt zu neuem Prozess: Mehr als sieben Jahre nach seinem Ausstieg bei der 100-prozentigen Stadttochter Industrieterrains Düsseldorf-Reisholz (IDR) wird der Fall von Ex-Vorstand Heinrich Pröpper beim Oberlandesgericht erneut unter die Lupe genommen. Es geht um Mehrkosten von mehr als 2,5 Millionen Euro, die unter Pröppers Regie einst bei der Sanierung von Schloss Eller entstanden waren. Dafür soll Pröpper haften, weil er den Aufsichtsrat darüber nicht ordnungsgemäß informiert habe. Durch einen Vergleich hätte dieser Prozess vermieden werden können: Die Manager-Versicherung von Pröpper sollte demnach 700.000 Euro sowie Prozesskosten von 300.000 Euro tragen. Doch diesen Deal hat der Aufsichtsrat jetzt abgelehnt. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes muss das OLG nun prüfen, ob Behauptungen von Pröpper (die damaligen Aufseher hätten so oder so zugestimmt) zutreffend sein könnten. Unklar ist noch, ob damalige Aufsichtsräte wie der Ex-Oberbürgermeister Dirk Elbers in den Zeugenstand müssen.

Autofahrerin rastet im Stau aus: Ein ungeheuerlicher Auftritt nach einem schweren Verkehrsunfall auf der Brüsseler Straße im August 2019 soll eine 50 Jahre alte Autofahrerin jetzt vors Amtsgericht bringen. Ein 16-jähriger Mofafahrer war damals auf der B7 unter einen Lkw geraten und so schwer verletzt worden, dass er wenig später starb. Noch während Retter vor Ort um das Leben des Jungen kämpften, soll die Autofahrerin die Einsatzkräfte penetrant attackiert, soll ein schnelles Ende der Straßensperrung gefordert und die Rettungsgasse nicht frei gehalten haben – mit der Begründung, sie habe einen dringenden Termin und bei dem Unfallopfer gehe es doch „nur um einen einzigen Motorradfahrer“. Dieses Verhalten brachte ihr jetzt eine Anklage vor dem Amtsgericht wegen Widerstands gegen Polizeibeamte und wegen Nötigung ein. Einen Prozesstermin dafür gibt es noch nicht.

Gruppenvergewaltigung im Hofgarten: Arglos hatte sich an Pfingsten 2019 eine 51-jährige Altstadtbesucherin einer jungen Frau anvertraut, als es ihr spätnachts plötzlich nicht gut ging. Der Teenager brachte die Frau an den Rand des Hofgartens, wo drei junge Männer die Frauen in Empfang nahmen. In der Folge fielen die jungen Männer dann aber über die 51-Jährige her, sie wurde um ihr Handy und ihr Portemonnaie beraubt und mehrfach vergewaltigt. Drei Monate später hatte die Polizei das Quartett ermittelt, das seitdem in U-Haft sitzt. Selbst erfahrene Kriminalisten waren erschüttert über das jugendliche Alter der Tatverdächtigen. Das Mädchen, das hier angeblich den Lockvogel spielte, war zur Zeit der Festnahme 14 Jahre alt, zwei mutmaßliche Komplizen waren 15 Jahre alt, einer war 17. Den Vorgaben des Jugendrechts folgend wird der Prozess gegen das Quartett vor dem Landgericht unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt werden.

Tödlicher Streit unter Eheleuten: An Stichverletzungen gestorben ist erst vor wenigen Wochen ein 39 Jahre alter Familienvater in einer Wohnung in der Düsseldorfer Friedrichstadt. Mitte Dezember waren Rettungskräfte von seiner Frau (40) alarmiert worden, konnten aber nur noch den Tod ihres Mannes feststellen. Die Frau, die sich mit einem zweijährigen Kind in der gemeinsamen Dachgeschosswohnung aufhielt, wurde kurz nach dem Rettungsalarm unter dringendem Tatverdacht festgenommen. Bisher hat sie jede Aussage zu den Vorfällen in der Ehewohnung verweigert. Kommt es zur Anklage gegen sie, wird das Schwurgericht alle Todesumstände des Mannes aufzuklären haben.

Millionenschwerer Geschwister-Zoff: Als Erben eines Millionenvermögens der Arag-Gründerfamilie treten ein Bruder und seine Schwester derzeit erneut in einem erbittert geführten Zivilverfahren beim Landgericht gegeneinander an. In einem früheren Prozess hatten sich die Nachkommen des Arag-Gründers jahrelang über das Testament ihres Vaters gestritten. Zuletzt wurden der klagenden Schwester mehrere Millionen Euro zugestanden. Dieser Rechtsstreit, der sich über drei Jahrzehnte hinzog, ging als einer der längsten Zivilprozesse in die Düsseldorfer Justizgeschichte ein. Inzwischen geht der Geschwister-Zoff die nächste Runde. Diesmal geht es um den Nachlass der gemeinsamen Mutter. Und wieder muss das Landgericht die Testaments-Folgen auf Klage und Gegenklage der Geschwister detailgenau aufklären.