Düsseldorf. Düsseldorfs dienstälteste Stadträtin denkt nicht daran, sich zur Ruhe zur setzen und tritt auch 2020 wieder an.

Annelies Böcker ist die Älteste unter den 82 Stadträten – und niemand sitzt so lange in der Bürgervertretung im Rathaus wie die CDU-Politikerin. Im nächsten Jahr will Böcker, 80 Jahre alt, wieder Wahlkampf machen: Ihr Ortsverband hat sie am Dienstag als Kandidatin für den Wahlkreis 7 nominiert. Böcker will am 13. September wieder als Kandidatin für Düsseltal Südwest/Flingern West einziehen.

Kandidatur als Ermunterung für Ältere

Sie findet schon die Nachfrage, ob sie angesichts der dann 81 Lebensjahre nicht an einen Rückzug gedacht habe, einigermaßen seltsam. „Ich habe nicht überlegt, aufzuhören“, sagt sie – und warnt davor, in Altersdiskriminierung zu verfallen. Sie will ihre Kandidatur lieber als Ermunterung für Ältere verstanden wissen, dass sie sich weiter einbringen können. „Wichtig ist nur, ob man noch die Kraft und die Gesundheit hat, um die Aufgaben zu erfüllen.“ Und die habe sie.

Zur Not stimmt sie auch gegen ihre Fraktion

Die Kraft, vehement für ihre politischen Überzeugungen zu kämpfen, hat Böcker jedenfalls in der laufenden Ratsperiode sicher wieder unter Beweis gestellt. Die studierte Geisteswissenschaftlerin, deren politische und private Heimat das Zooviertel ist, gilt als meinungsfreudig, manchmal unbequem – und stimmt notfalls auch allein gegen die eigene Fraktion. Legendär, als sie als einziges Fraktionsmitglied den Bau der Bilker Arcaden ablehnte.

Wie sie sich durchzusetzen weiß, zeigte Böcker eindrucksvoll vor einigen Jahren, als die Rheinbahn die Straßenbahnlinie 708 ins Zooviertel mangels Fahrgästen abschaffen wollte. Böcker, die von 2009 bis 2014 die Bezirksvorsteherin für den Bezirk 2 war, trommelte so lautstark gegen die Entscheidung, dass man zeitweise den Eindruck gewinnen konnte, den ganzen Osten der Stadt bewege kein anderes Thema so sehr. Schließlich schaffte sie es gemeinsam mit Anwohnern, dass die Linie bis heute unterwegs ist. Böcker, die auch im Aufsichtsrat der Rheinbahn sitzt, sieht sich im Nachhinein bestätigt. Schließlich rede heute plötzlich jeder über den Ausbau des Nahverkehrs. „Verkehrspolitisch war das vernünftig“, meint sie.

Seit 1975 im Stadtrat

Geboren wurde Annelies Böcker in Innsbruck und landete der Liebe wegen in Düsseldorf. Erst arbeitete sie im elterlichen Elektroinstallationsgeschäft, ab 1965 wirkte sie als „Familienfrau“ und zog zwei Kinder groß. Als sie 1975 in den Stadtrat und in die Bezirksvertretung 2 kam, war das für eine Frau ungewöhnlich, erinnert sie sich. „Manche in der Fraktion haben mir gesagt, ich solle lieber bei den Kindern bleiben“, sagt Böcker. Sie ließ sich nicht abhalten – und erlebte in den Jahrzehnten die prägenden politischen Konflikte in der Stadt mit.

Zwei eigene Verdienste, die ihr spontan einfallen: Sie habe den Namen „Josef-Kardinal-Frings-Brücke“ vorgeschlagen, als die im Volksmund Südbrücke genannte Rheinquerung 2006 umbenannt werden sollte. Der damalige Oberbürger Joachim Erwin sei wenig begeistert gewesen – und hätte eine Benennung nach Papst Johannes Paul für angemessener gehalten. Aber die Ratsfrau setzte sich durch.

Gegen Straßen-Umbenennung

Außerdem gab Böcker die entscheidende Stimme dazu, dass 1989 erstmals ein „Frauenausschuss“ im Stadtrat einberufen wurde. Heute heißt er „Gleichstellungsausschuss“ und gehört selbstverständlich zum politischen Leben in der Stadt.

Seit der Wahl 2014 muss Böcker mit der CDU die undankbare Rolle der Opposition ausfüllen. Eine der Debatten, die sie in dieser Zeit am meisten geärgert hat, war die Umbenennung der Hans-Günther-Sohl-Straße in Flingern. Linke, Grüne und SPD votierten dafür, den Namen des ehemaligen Thyssen-Vorstandschefs wegen seiner Nazi-Vergangenheit zu streichen. Für Böcker völlig unverständlich – Sohl sei kein Kriegsverbrecher gewesen und habe in der BRD als Wirtschaftsführer viel geleistet.

Die Erfahrung zählt

Aufs politische Gestalten hätte sie auch für weitere fünf Jahre Lust, dann gern wieder in der Ratsmehrheit. Böcker erinnert an Konrad Adenauer: „Erfahrung ist eigentlich durch nichts zu ersetzen“, hat der gesagt. Adenauer ist mit 87 Jahren noch Bundeskanzler gewesen.