Düsseldorf. In der Düsseldorf gibt es zahlreiche Gitter, die Lüftungsschächte abdecken, die einst aus einem Luftschutzraum in den Keller der Häuser führten.
Dass es im Stadthaus an der Mühlenstraße in der Mahn- und Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus einen im Original erhaltenen Luftschutzbunker aus dem Zweiten Weltkrieg zu sehen gibt, wissen nicht allzu viele Düsseldorfer. Ein Besuch in den unterirdischen Räumen verschafft einen ungefähren Eindruck davon, wie es war, hier unten mit vielen Dutzenden Menschen zusammengepfercht zu sitzen, während über der Erde der Luftkrieg tobte.
Kaum beachtete Stahlgitter
Und noch weniger Menschen wissen, dass es sogar vor dem Stadthaus Hinweise auf den Luftschutzkeller gibt. Doch wer die Stahlgitter vor dem Gebäude genauer betrachtet, der liest auf ihrer breiten Einfassung: Mannesmann und Luftschutz. „Die allermeisten Menschen erkennen diese Kellergitter, die es überall im Stadtgebiet gibt, nicht als Besonderheit. Sie laufen achtlos darüber, treten sie also mit Füßen, und werfen keinen Blick darauf “, sagt die Journalistin und Stadtführerin Anja Kühner. Dabei decken die Gitter mit dem Hinweis noch heute die Lüftungsschächte ab, die einst aus einem Luftschutzraum im Keller hinausführten.
Lange Vorbereitungen
Schon lange bevor der Zweite Weltkrieg ausbrach, bereiteten die Nationalsozialisten Deutschland auf eine militärische Auseinandersetzung vor. Dass ab Mitte der 1930er-Jahre im ganzen Land Räume, Keller und Bunker zum Zweck des Luftschutzes eingerichtet wurden, ist dabei nur ein Mosaikstein unter vielen. Mehrere Meter dicker Stahlbeton kam dabei genauso zum Einsatz wie luftdichte Türen, die Bombendetonationen abfangen und die Menschen im Luftschutzraum vor Splittern, Rauch und Gasen schützen sollten.
Luftschutzkeller von 1939
„Düsseldorf gehörte zu den Städten, von denen Hermann Göring, der Oberbefehlshaber der Luftwaffe, annahm, dass sie besonders gefährdet sind“, erzählt Anja Kühner beim Gang durch die beklemmende Atmosphäre des Stadthauskellers. Mit ihren kriegswichtigen industriellen Anlagen galt die Stadt am Rhein als „Luftschutzort erster Ordnung“ und sollte mit Bunkern ausgestattet werden, die die Zivilbevölkerung vor Bomben von bis zu 1000 Kilo schützen. Damit diese sie im Ernstfall auch fand, waren an den Außenseiten der Luftschutzräume die Buchstaben „LSR“ und Richtungspfeile zum Eingang in fluoreszieren der Farbe angebracht, so dass das rettende Ziel auch bei Dunkelheit gut zu erkennen war.
„Der Luftschutzkeller im Stadthaus stammt aus dem Jahr 1939“,erklärt die Düsseldorf-Kennerin. Mit seinen rund 400 Quadratmetern Grundfläche war er ausgelegt für 200 Menschen, die hier bei Fliegerangriffen der Alliierten Schutz finden konnten. „Die Anzahl der Kubikmeter Luft entschied darüber, wie vielen Menschen Zuflucht gewährt wurde“, fügt sie hinzu.
Verpflichtende Schulungen
Ausnahmen von der Regel gab es keine. „Wenn 40 Menschen erlaubt waren, und ich kam als 41. an, dann ging vor mir die Tür zu. Jede Person mehr hätte alle anderen womöglich das Leben gekostet.“ Noch heute sind die schlichten Holzbänke zu sehen, auf denen die Menschen damals nach einem Fliegeralarm dicht gedrängt saßen und darauf warteten, dass endlich Entwarnung gegeben würde. Die Frischluftfilter mit ihren Handkurbeln, die massiven Metalltüren und die Gasschleusen legen noch heute eindrücklich Zeugnis davon ab, dass es hier ums Überleben im Ausnahmezustand ging.
Aus den Ausstellungsinformationen im Keller und ihren eigenen Recherchen weiß Anja Kühner, dass es über die Stadt verteilt unterschiedlichste Schutzräume bei Luftangriffen gab. „Mal waren es ausgebaute Privatkeller, mal Hochbunker, die mehrere Stockwerke hoch waren und Platz für Hunderte von Menschen boten“, erklärt die Düsseldorferin. Und auch dass es oft ausländische Zwangsarbeiter waren, die dafür sorgen mussten, dass die Überlebenschancen der deutschen Bevölkerung stiegen, hat sie herausgefunden. Den Arbeitern hingegen war es verboten, im Ernstfall in den Luftschutzbunkern Schutz zu suchen,genauso wie Juden und Regimegegnern. „Wer in welchen Bunker zu gehen hatte, war genau geregelt. Dies wurde straßenweise festgelegt und durch Aushänge bekannt gemacht. Es fanden Probealarme und Übungen statt, Erste-Hilfe-Kurse und Fortbildungen zum Luftschutz waren verpflichtend“, ist einer der Informationsstelen im Keller des Stadthauses zu entnehmen.
Rund 6000 Tote und mehr als eine Millionen Bomben
Bereits drei Tage nach Kriegsbeginn heulten am 4. September das erste Mal die Sirenen, doch die Düsseldorfer reagierten mehr mit Neugier als mit Angst. Das änderte sich schon im Mai 1940 und sollte bis zum Kriegsende nicht mehr aufhören. Doch noch waren die Düsseldorfer nicht sonderlich gut vorbereitet. Viele Großbunker, Löschteiche und Kellerdurchbrüche entstanden erst während des Krieges. Sie sollten in ständiger Benutzung sein: Im Laufe der Kriegsjahre geriet Düsseldorf ins Visier von neun großen und 234 mittleren und leichten Luftangriffen. Als beispielsweise im November 1944 mehr als 900 britische Bomber über die Stadt flogen und 305 Landminen, 4050 Sprengbomben, 200 Phosphor- und 150.000 Stabbrandbomben abwarfen, starben 734 Menschen. Als der Krieg am 17. April 1945 in Düsseldorf vorbei war, waren mehr als eine Million Bomben auf die Stadt gefallen, 90 Prozent der öffentlichen Gebäude zerstört und rund 6000 Menschen während der Luftangriffe ums Leben gekommen.
Relikte der Vergangenheit
Ihnen hatten Luftschutzkeller wie der im Stadthaus nichts genutzt. „Jedes Mal, wenn ich so ein Stahlgitter sehe, läuft es mir eiskalt den Rücken hinunter. Dann frage ich mich, wie es wäre, wenn jetzt die Sirene ertönte, um vor einem Luftangriff zu warnen“, sagt Anja Kühner. „Wenn ich gerade nicht zuhause gewesen wäre, dann hätte ich damals im Zweiten Weltkrieg in den nächstgelegenen Luftschutzkeller rennen und dort auf hölzernen Bänken dicht eingequetscht mit Fremden bis zum Ende des Angriffs ausharren müssen. Stundenlang. Und jeder hätte Angst gehabt und keiner hätte gewusst, ob wir je wieder heil herauskommen, und wenn ja, was dann über der Erde auf uns warten würde.“
Die Journalistin ist froh, dass es sich bei den Stahlgittern um Relikte aus längst vergangenen Zeiten handelt, die zusammen mit dem Luftschutzbunker und der Mahn- und Gedenkstätte dafür sorgen, dass nicht in Vergessenheit gerät, was im Zweiten Weltkrieg in Düsseldorfpassiert ist.
So geht’s zum Stahlgitter:Zwei Stahlgitter, die auf den Luftschutzkeller hinweisen, befinden sich vor dem Stadthaus in der Mühlenstraße 6. Ein weiteres findet sich ander Kölner Straße 67/Ecke Worringer Platz.