Düsseldorf. Will eine Stadt eine Person ehren, benennt sie eine Straße entsprechend. Doch manchmal durchkreuzt die Vergangenheit die Leistung der Geehrten.

Eine Adolf-Hitler-Straße oder Heinrich-Himmler-Allee? Vielleicht ein Joseph-Goebbels-Platz oder doch ein Adolf-Eichmann-Weg? – Absolut undenkbar! Doch was ist mit einer Moltkestraße oder einer Sodenstraße? Dürfen Straßen die Namen von Wehrmachtsoffizieren, Kolonialherren, Rassisten oder Antisemiten tragen?

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Seit Oktober 2018 beschäftigt sich eine Kommission unter der Leitung von Bastian Fleermann, dem Leiter der Mahn- und Gedenkstätte, und Benedikt Mauer, Leiter des Stadtarchivs, mit der Historie von sehr vielen Straßennamen. Am 21. November soll dem Beirat nun der abschließende Bericht vorgelegt werden.

Auch Nobelpreisträger verdächtig

Auf der Prüfliste der Kommission stehen die Straßennamen, die nach solch umstrittenen Persönlichkeiten wie Bismarck oder Wagner benannt wurden. Aber auch die Otto-Hahn-Straße oder die Max-Planck-Straße, die Gerhart-Hauptmann-Straße und das Joseph-Beuys-Ufer stehen unter der kritischen Betrachtung der Kommission. Wie die Straßennamen zu bewerten sind; ob sie bleiben dürfen oder besser ersetzt werden, wird erst noch entschieden.

Schwer getroffen ist ein Viertel in Urdenbach, in dem sehr viele Straßen nach Persönlichkeiten der Kolonialzeit benannt wurden: Darunter die nach Julius Freiherr von Soden (gelebt von 1846 bis 1921) benannte Straße.

Der Politiker war Gouverneur von Kamerun und Deutsch-Ostafrika, galt als viel friedfertiger als viele seiner kolonialistischen Zeitgenossen. Dennoch hatte Soden offenbar einige Ressentiments gegen die Kameruner Bevölkerung, die der durch rassistische und abfällige Bemerkungen auch öffentlich äußerste.

Hitlerjugend, Luftwaffe aber kein Rassist

Doch auch solche vermeintlichen Persönlichkeiten der Düsseldorfer Stadtgeschichte wie Joseph Beuys (1921 bis 1986) scheinen nicht ganz unkritisch betrachtet werden zu dürfen. Der Künstler war Mitglied der Hitler-Jugend und soll dieser Zeit relativ unkritisch gegenüber gestanden haben.

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Auch von seinem Dienst bei der Luftwaffe der Wehrmacht soll er sich nie distanziert haben, an Veteranentreffen seiner ehemaligen Einheit mit ehemaligen NSDAP- und SS-Mitgliedern teilgenommen haben. Trotzdem kommt die Kommission in ihrem Gutachten zu Beuys auch zu dem Schluss, dass er nicht als überzeugter Nationalsozialist, Rassist oder Antisemit zu charakterisieren sei. Nur welche Schlüsse zieht der Beirat daraus und zu welchen Schlüssen wird der Stadtrat kommen, der abschließend entscheidet, ob Straßen umbenannt werden müssen oder die Anwohner ihre Adresse behalten dürfen?

Giftgaskrieg und Nobelpreis

Der Nobelpreis-Träger Otto Hahn wird für sein Engagement für den Giftgaskrieg kritisiert. Als Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts erforschte der Chemiker zusammen mit der jüdischen Physikerin Lise-Meitner radioaktive Stoffe, was schließlich 1938 zur Entdeckung der Kernspaltung führte.

Seine Forschung und seine Erkenntnisse stellte der Wissenschaftler dem Kaiserreich im Ersten Weltkrieg zur Verfügung. Für die Nationalsozialisten plante Hahn die Entwicklung von Kernwaffen. Dennoch sei Hahn ein Gegner des nationalsozialistischen Gedankenguts gewesen und eben kein Antisemit.

Der Bau von Kernwaffen hat nie funktioniert. Überdecken Opportunismus in einer gewissen Zeit und das Arrangement mit politischen Rahmenbedingungen die zweifelsfreien Leistungen auf anderen Gebieten genug, um von Ehrungen abzusehen?

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Wie sind Persönlichkeiten zu bewerten, die auf ihren jeweiligen Gebieten Spitzenleistungen vollbrachten aber deren Verhalten und Denken eben nicht zu den demokratischen, liberalen und humanistischen Werten einer modernen europäischen Gesellschaft passen?

Über manche Straßennamen wird deshalb schon seit Jahren diskutiert – andere Namensgeber sind kaum bekannt – einige überraschen.