Düsseldorf. Die Bahnhofsmission ist eine Institution in Düsseldorf. Jährlich kommen dort 30.000 Menschen zu Besuch. Für manche ist sie eine Heimat geworden.
Blaue Weste, rundes Abzeichen, rotes Kreuz mit einem gelben Streifen: Die Mitarbeiter der Bahnhofsmission sind an allen Standorten in Deutschland an dieser Kleidung zu erkennen. Und sie sind prinzipiell für alle Menschen da, die am Bahnhof ankommen oder von dort wegfahren. Pro Jahr wenden sich, laut Barbara Kempnich, Leiterin der Bahnhofsmission in Düsseldorf, mehr als 30.000 Menschen an die Hilfseinrichtung. Und keineswegs sind das alles Wohnungslose.
Von Frauen für Frauen
In Düsseldorf wurde die Bahnhofsmission von katholischen Frauen gegründet – für Frauen. Die Einrichtung bot Frauen Hilfe, die in der Stadt alleine ankamen und nicht so recht wussten, wohin sie nun sollten. Doch sehr schnell merkten die damaligen Helferinnen, dass nicht nur Frauen in der Not Unterstützung brauchten; und so entwickelte sich die Bahnhofsmission zur ersten Anlaufstelle für die Verlorenen in der Reisehalle. Und so ist es bis heute geblieben. Noch immer kommen Männer und Frauen, die „auch einfach mal eine helfende Hand, eine Auskunft oder einen warmen Kaffee oder Hilfe bei der Weiterreise brauchen“, erzählt Kempnich.
Die Leiterin ist Angestellte bei der Diakonie in Düsseldorf, der evangelischen Wohlfahrtsorganisation. Der andere Träger der Düsseldorfer Mission ist der katholische Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit Düsseldorf „In Via“, der unter anderem das Luisenheim betreibt. Das Besondere an der Bahnhofsmission: Sie ist die erste ökumenische Einrichtung der Welt und Konfessionen spielen bis heute eine eher untergeordnete Rolle. „Wir werden niemanden hier bekehren und niemanden aus der der Bibel vorlesen, der das nicht möchte“, meinen die Leiterin und ihre katholische Kollegin Ila Kutsch-Golzari. Die Menschen sollen in der Bahnhofsmission erst einmal überhaupt ankommen, eine Zuflucht finden.
Warme Getränke, harte Stühle
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Und der überwiegende Teil der Leute, die die Einrichtung besuchen sind tatsächlich in irgendeiner Weise krank oder auch obdachlos, trotzdem darf jeder Mensch dort Mensch sein: „Es gibt Viele, die psychische Krankheiten haben oder tagsüber eine Bleibe suchen und sich bei einem Getränk aufwärmen“, erklärt Kutsch-Golzari. Die beiden Sozialarbeiterinnen erzählen, dass der kleine bestuhlte Raum für Einige auch so etwas wie ein Wohnzimmer ist – selbst dann, wenn sie in irgendeiner anderen Straße tatsächlich eine Couch mit Tisch, Fernseher auf Laminat und unter einem Dach stehen haben.
Jeder ist willkommen
Die Bahnhofsmission ist ein vertrauter Ort zwischen S-Bahn-Halt und Fernverkehr für Personen, „die hier ihre Kontakte haben und sich vorstellen, wie es ist, auch mal mit dem Zug wegzufahren“, so Kempnich. Ein Zwiespalt, die Einsamkeit dort verdrängen zu wollen, wo das Fremde doch so allgegenwärtig ist. Barbara Kempnich und Ila Kutsch-Golzari begegnen den Gästen auf einer liebevollen Ebene: „Nächstenliebe ist die Basis unserer Arbeit“, sagen sie. Das trifft die katholische Seite wie die evangelische und zeigt sich ganz einfach durch Handlungen, nicht durch Missionierung. Der Neonazi ist genauso willkommen wie der Flüchtling aus dem Nahen Osten oder Afrika – solange der Umgang in der Bahnhofsmission respektvoll ist. „Wer sich da nicht dran hält, fliegt auch raus“, sagt die Leiterin.
Und wer reden will, der kann reden, auch unter vier Augen in einem kleinen Extraraum. Aber niemand muss. Das Angebot ist niedrigschwellig, der Kaffee ist warm und die Mitarbeiter und Ehrenamtlichen schauen den Leuten ins Gesicht, auch denen, die sonst gebückt durch die Stadt laufen.
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