Düsseldorf. Der neue Verein „Orient-Okzident Express“ ist nicht nur für alle Glaubensrichtungen offen. Auch homo- und bisexuelle Migranten angesprochen.

Kommendes Jahr wird erneut der Toleranzwagen beim Rosenmontagszug mitfahren. Der Wagen von katholischen und evangelischen Christen, Juden und Muslimen feierte in diesem Jahr Premiere, 2018 war die Jüdische Gemeinde erstmalig beim Zoch mit einem Wagen vertreten. Dass es 2020 wieder den Karnevalswagen der Religionen geben wird, sei erst vergangene Woche beschlossen worden, verrät Brauchtumsmanager Walter Schuhen, der nächstes wie schon in diesem Jahr die Moderation auf dem Wagen übernimmt. Er geht erneut als jüdischer Hohepriester in Anlehnung an den Filmklassiker „Das Leben des Brian“.

Szentei-Heise geht in den Ruhestand

Für den „neuen“ Toleranzwagen greift man auf den aus diesem Jahr zurück. „Zwei Jahre hintereinander darf ein Wagen schon fahren, dann muss er abgerissen werden“, so Schuhen. Was genau an dem Wagen geändert wird, darüber schweigt Schuhen noch. Und auch die Finanzierung ist noch unklar, vermutlich wird es jedoch wieder ein Crowdfunding geben und einen Spendenaufruf, so Schuhen.

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Auch eine personelle Änderung scheint möglich: Denn der Verwaltungsdirektor der Jüdischen Gemeinde, Michael Szentei-Heise, verabschiedet sich Ende März 2020 in den Ruhestand, so Walter Schuhen weiter.

Gründung des Vereins „Orient-Okzident Express“

Und obwohl noch nicht viel über den neuen Toleranzwagen bekannt ist, lässt sich sagen, dass der diesjährige ein großer Erfolg war – und viel beeinflusst hat. Durch den Toleranzwagen sieht der Kreis der Düsseldorfer Muslime (KDDM) einen entscheidenden Impuls für stadtbürgerlichen Engagement, Toleranz und gesellschaftliche Solidarität. Mit Freude hatte der KDDM vernommen, dass dieser Impuls von der muslimischen und nicht-muslimischen Bürgern stark wahrgenommen wurde und letztlich dazu beigetragen hat, dass sich eine Gruppe von Düsseldorfern gefunden hat, die dieses Engagement nachhaltig sichern möchten.

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So wurde in Düsseldorf in diesem Jahr der Verein „Orient-Okzident Express“ gegründet. Der Verein widmet sich der „interreligiösen und interkulturellen Brauchtumspflege am Rhein“ und möchte sich explizit künftig an dem Toleranzwagen beteiligen. Der KDDM begrüßt diese Entwicklung und sieht hier seinen subsidiarischen Auftrag erfüllt. „Wir freuen uns Geburtshelfer dieser Initiative gewesen zu sein und überlassen dem jungen Verein, unter der Leitung von Herrn Yildirim Ataman, diese wichtige Aufgabe der Teilnahme am interreligiösen Karnevalswagen und der interkulturellen Brauchtumspflege“, heißt es in einer Mitteilung auf der Seite des KDDM.

Verein soll „diversitätsorientiert“ sein

Der Leiter des „Orient-Okzident Express“, Ataman Yildirim, sieht in dem Verein jedoch nicht nur einen Karnevalsverein, auch wenn eines Tages Sitzungen geplant sind und dort ein großer Fokus liegt. „Ich liebe Karneval und über den Karneval kommen Menschen ins Gespräch und in Kontakt. Aber wir möchten nicht nur über einen kurzen Zeitraum Kontakt, sondern über 12 Monate“, so Yildirim, der mit dem Verein einen Beitrag zur Integration, zum Ankommen leisten möchte – und zu Offenheit und Toleranz. Denn er sieht den Verein eher als „diversitätsorientiert“ an. „Hier sind alle willkommen, alle Glaubensrichtungen, alle sexuellen Orientierungen.“

Viele Menschen haben in ihrem Leben erst einmal keinen direkten Bezug zum Karneval, weil er doch von einigen noch als christliches Fest gesehen wird, so der stellvertretende Vorsitzende des Vereins, Amit-Elias Marcus. Dennoch wollen diese Menschen dabei sein, für das „Zugehörigkeitsgefühl“. „Wenn man sich bisher den Zug angeschaut hat, stellt man fest, dass relativ wenig Migranten mit dabei sind“, so Marcus.

Doch nicht nur das wollen sie ändern. Denn nicht nur die verschiedenen Glaubensgemeinschaften werden in diesem Verein angesprochen. Marcus, der selbst homosexuell und jüdisch ist, arbeitet bei der Aidshilfe und betreut dort das Projekt „Mashallah – You’re Welcome“, ein Beratungsangebot für schwule und bisexuelle Migranten und Geflüchtete. Der Verein „Orient-Okzident Express“ wurde bereits in dem Projekt vorgestellt. Vielleicht schließen sich ein paar an. „Das wäre nochmal ein neuer Aspekt der Toleranz“, so Marcus, „das wäre noch bunter.“