Düsseldorf. Warum sich Düsseldorfs Oberbürgermeister innerhalb weniger Stunden selbst widersprochen hat und die Stadt plötzlich zurück gerudert ist.
Die Szenen aus dem Düsseldorfer Rheinbad sorgten bundesweit für Schlagzeilen. Kein gutes Bild, was Düsseldorf mit inzwischen drei Bad-Räumungen nach Randale in dem Stockumer Bad abgibt. Und nach der Pressekonferenz am Montag im Rathaus mit Bäder-Chef Roland Kettler, Oberbürgermeister Thomas Geisel und Stadtdirektor Burkhard Hintzsche wurde das Bild noch konfuser.
Plötzlich war alles gar nicht mehr so schlimm
Denn plötzlich ruderte die Stadt zurück: War ja alles gar nicht so schlimm, so der dort vermittelte Eindruck zu dem neuerlichen Vorfall vergangenen Freitag, bei dem 18 Streifenwagen im Einsatz waren. Hier eine Darstellung und Analyse:
Die Stadtspitze: Thomas Geisel versuchte am Montag bei der Pressekonferenz, die zunächst auch von der Stadtspitze herbeigeführte Einschätzung abzuschwächen. Er revidierte seine Äußerung, es wären marodierende Jugendbanden durch das Bad gezogen: „Das nehme ich zurück.“ Der Eindruck sei falsch. Im Fernsehen hatte Geisel wenige Stunden zuvor im ZDF-Morgenmagazin mögliche ausländerrechtliche Konsequenzen für Störer angesprochen. Dank der neuen Ausweispflicht im Rheinbad könne man gegen sie Verfahren einleiten, die möglicherweise „auch zu aufenthaltsbeendigenden Maßnahmen führen“.
Wie sich herausstellte, hatten beide Personen, gegen die am Freitag Anzeige erstattet wurde, einen deutschen Pass, wenngleich der Rädelsführer (16) auch die nigerianische Staatsangehörigkeit besitzt. Der andere Mann jedoch, ein Deutscher (27), hatte die Polizisten angepöbelt, weil ihm die Räumung des Bades nicht passte.
Laut Stadtdirektor Burkhard Hintzsche gab es „keine Gruppe von 60 nordafrikanischen Jugendlichen, wie zunächst verbreitet wurde“. Damit widersprach er der Darstellung der Polizei von Freitag. „Es war ebenfalls nicht der Fall, dass der Badebetrieb anderer nachhaltig gestört wurde“, so OB Geisel. Der hat damit eine ganz andere Einschätzung als Bäder-Chef Kettler.
Der Bäder-Chef: Roland Kettler nahm die von den Mitarbeitern im Rheinbad eingeschätzte Lage von Freitagabend in Schutz und verteidigte die Räumung des Bades. Der Chef der städtischen Bädergesellschaft steht inzwischen rathausintern in der Kritik. Unter anderem, weil er nach dem ersten schlagzeilenträchtigen Zwischenfall seinen Urlaub nicht unterbrochen hatte. Von einem bevorstehenden Rauswurf wird im Rathaus noch nicht gesprochen. Aber: „Es gibt alles andere als Schulterklopfen!“
Erklären muss die Bädergesellschaft, warum sie ein Bad mit 1500 Besuchern räumen lässt, obwohl dies nach Einschätzung der Stadtspitze gar nicht notwendig gewesen wäre. Und nach Aussagen der Polizei hatten die jungen Leute bei ihrem Eintreffen gar keine Randale gemacht.
Die Polizei: Sie muss sich fragen lassen, welche Rolle sie im Rheinbad spielt und spielte. Am Samstag hatte Stadtdirektor Burkhard Hintzsche nach einer ersten Krisensitzung vor Ort noch berichtet, Polizei und der städtische OSD würden dort verstärkt Präsenz zeigen. Am Montag jedoch betonte die Polizei, die Kontrollen am Eingang keinesfalls abzusichern: Man komme nur, wenn man gerufen werde.
Kritisiert wird unterdessen, dass Polizeipräsident Norbert Wesseler bei diesem sensiblen und bei den Düsseldorfern für teils heftige Diskussionen sorgenden Thema nicht auch bei der Pressekonferenz am Montag teilgenommen hat. Und die Polizei muss sich fragen lassen, warum sie in einer Mitteilung von Freitagabend von 60 Störern sprach, obwohl es nach Auskunft der Stadtspitze weniger gewesen sein sollen. Die Polizei bleibt bei den genannten 60 Störern. Sie stellt aber klar, dass es keine Veranlassung gegeben habe, an der Pressekonferenz teilzunehmen: Dies seien interne Angelegenheiten der Bädergesellschaft als Betreiber des Bades. Sie machte inzwischen auch deutlich, dass sie die Räumung des Bades nicht veranlasst hat, sondern die Bädergesellschaft. Man hätte die Räumung nur „begleitet“.
Und zwei weitere Fragen, die viele haben: Warum bekommt die Polizei 60 (oder weniger) Männer nicht in den Griff, während sie bei anderen Veranstaltungen oder Demos massenweise Teilnehmer abführen kann? Und warum wurden bei den Vorfällen so gut wie keine Personalien aufgenommen?
Rechtfertigung: Aus dem Rathaus hieß es auf Anfrage, dass man in dieser Angelegenheit nicht zurück rudere: Vielmehr habe man im Nachgang und nach Sichtung des Videomaterials von Freitagabend lediglich eine andere Sicht der Dinge als noch am Wochenende. (gömi)