Düsseldorf. Das Justizministerium startet eine Kampagne für mehr Personal. Denn die Verfahren werden immer mehr. In Düsseldorf sind aber kaum Stellen offen.

„Arbeiten bei der Justiz NRW – Den Menschen im Sinn“ – unter diesem Motto startete das Justizministerium vergangenen Montag eine große Fachkräfte-Kampagne. Laut WDR-Bericht gibt es für viele offene Stellen keine qualifizierten Bewerber. Die Landesregierung hatte zuletzt 1635 neue Stellen geschaffen.

Der Personalbedarf wird über das Justizministerium ermittelt. Den Gerichten im Oberlandesgerichtsbezirk Düsseldorf stehen insgesamt knapp 4700 Stellen für Richter, Rechtspfleger, Servicekräfte, Gerichtsvollzieher, Justizwachtmeister und Bewährungshelfer zur Verfügung. Diese Stellen sind derzeit zu rund 95 Prozent besetzt, heißt es auf Anfrage beim Justizministerium. Von den rund 1080 Stellen für Richter sind knapp 96 Prozent besetzt.

Gerichte sind personell gut besetzt

„Eine vollständige Auslastung der Stellen ist auch in der Vergangenheit nicht erreicht worden und systembedingt nicht zu erreichen“, so Sprecher Herrenbrück weiter. Zum einen treten regelmäßig unerwartete Vakanzen — wie etwa Entlassungen oder Versetzungen — auf, die nicht unmittelbar geschlossen werden können, da zunächst Einstellungsverfahren durchzuführen sind. Zum anderen ist eine Nachbesetzung der Stellen in ausbildungsgespeisten Bereichen naturgemäß erst nach erfolgreichem Abschluss der jeweiligen Ausbildungslehrgänge möglich. In der Zwischenzeit eintretende Personalabgänge können bis dahin nicht lückenlos geschlossen werden. Darüber hinaus sind Stellen für Rückkehrer aus Elternzeiten, Sonderurlauben und Abordnungen vorzuhalten.

Gerichte holen sich hochqualifizierte Bewerber

Im Düsseldorfer Landgericht gibt es keine unbesetzten Stellen bei den Richtern, so Sprecherin Elisabeth Stöve. Der Grund sei, dass vor fünf Jahren umorganisiert wurde. „Es wurden drei neue Strafkammern eingerichtet, es wurden neun neue Stellen geschaffen“, so Stöve. Schwieriger sieht es da im Service- und Verwaltungsbereich des Landgerichts aus. „Da gibt es immer wieder offene Stellen. Da bedarf es an jungen, motivierten Leuten, die nachrücken“, so Stöve. Als Grund, warum gerade dort ein Mangel herrscht, nennt die Richterin, die 90er und 2000er Jahre. „Dort wurde wenig eingestellt. Das macht sich bemerkbar. Es wird nun fleißig ausgebildet, pro Jahr kommen auch nur drei bis fünf Leute nach.“

Das Finanzgericht ist von den Problemen bei der Mitarbeitergewinnung nicht betroffen. Dort gibt es ebenfalls keine unbesetzten Stellen. „Auf die – wenigen – ausgeschriebenen Stellen bewerben sich stets eine Vielzahl hochqualifizierter Bewerber“, so Sprecherin Alexandra Schütze. Die durchschnittliche Verfahrenslaufzeit für die Erledigung gerichtlicher Verfahren liegt seit Jahren bei rund 13 Monaten.

Klagen nehmen stark zu

Auch beim Verwaltungsgericht gibt es im richterlichen Bereich keine offenen Stellen, so die Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichts Nicola Haderlein. Denn die Anfragen seien enorm. Das Gericht könne sich leisten, Bewerber mit Prädikatsexamen einzustellen. Bei den nicht-richterlichen Stellen, wie Rechtsanwaltsgehilfe, sind acht Stellen unbesetzt. Bewerbungsgespräche werden aber im Februar geführt, so Haderlein.

Beim Düsseldorfer Sozialgericht herrscht ebenfalls keine Unterbesetzung, bestätigt Richter Lennart Marticke. Trotz der vielen besetzten Stellen habe man aber mit steigender Belastung zu kämpfen: „Im Jahr 2018 sind rund 15.000 Verfahren vor dem Sozialgericht Düsseldorf neu anhängig gemacht worden. Für das Sozialgericht Düsseldorf waren zuletzt 41 richterliche Planstellen vorgesehen. Die Arbeitsbelastung des Sozialgerichts Düsseldorf ist hoch.“

Vor allem gegen Ende vergangen Jahres hatten Klagen stark zugenommen: „Anfang November kam es zu einem extrem hohen Aufkommen an Klagen von gesetzlichen Krankenversicherungen gegen Krankenhäuser auf Rückerstattung von geleisteten Zahlungen. Das übliche Jahresaufkommen an Klagen aus diesem Bereich wurde mehr als verdoppelt.“ Mehr Personal würde die Belastung deutlich reduzieren: „Eine personelle Verstärkung hat einen positiven Effekt auf die durchschnittlichen Laufzeiten der Verfahren“, so Marticke. Die Nichtbesetzung einer richterlichen Stelle kann wie in allen Arbeits- und Beschäftigungsverhältnissen aufgrund der mit ihr verbundenen Vertretungssituation zu einer Mehrbelastung für den Vertreter führen, erklärt Herrenbrück.

Die Verfahren an den Düsseldorfer Gerichten:

  • Am Düsseldorfer Amtsgerichtwurden allein im vergangenen Jahr 22.800 neue Zivilverfahren eröffnet, hinzukommen 6500 neue Strafverfahren, 4000 Familienangelegenheiten sowie 4600 Ordnungswidrigkeiten, so Sprecherin Elena Frick.
  • „Im zivilen Bereich hatten wir letztes Jahr 6000 Verfahren mehr, vor allem im Herbst“, so Frick. Es ging dabei insbesondere um Fluggastbelange.
  • Im Landgericht werden rund 500 Strafsachen pro Jahr abgearbeitet, bei den zivilen Angelegenheiten gibt es jährlich 10.000 Fälle. 140 Richter sind damit betraut.
  • Im Finanzgericht wurden 2018 rund 3600 Verfahren erledigt. 50 Richter sind in 15 Senaten tätig. Es gibt 100 Beschäftigte.
  • Bei den Fällen im Verwaltungsgericht geht es vor allem um Asylverfahren, so Sprecherin Nicola Haderlein. Rund zwei Drittel der 27.000 Klagen und Eilanträge 2017 waren Asylverfahren. 2018 waren es nur noch 15.000 Klagen und Eilanträge.
  • Neben neuen Stellen kommen immer wieder abgeordnete Richter hinzu. Insgesamt gibt es am Verwaltungsgericht 110 Richter und 100 nicht-richterliche Stellen.