Düsseldorf. CDU-Ratsherr Stefan Wiedon erhält nach der Sexismus-Debatte um ein Sportplakat zahlreiche Drohungen und Beschimpfungen aus ganz Deutschland.
Zahlreiche Mails voller Hass sind es mittlerweile, die CDU-Ratsherr und Fußballtrainer Stefan Wiedon seit seiner Kritik an einem Plakat vor drei Tagen erhalten hat. Der Politiker hatte eine Debatte um ein „sexistisches Plakat“ angestoßen, welches die Stabhochspringerin Sandi Morris von hinten zeigt – samt dem Spruch „Finale Oho!“. Wiedon hatte das Motiv der Sportlerin samt dem Spruch als sexistisch bezeichnet.
Hass-Mails kommen zu 95 Prozent von Männern
Das Plakat soll mittlerweile entfernt werden, doch die Hass-Mails, die Wiedon erhält, bleiben: „Angefangen hat es mit Kommentaren auf Facebook. Ob ich Frauen nur noch vollverschleiert auftreten lassen wolle, wurde gefragt“, so der Ratsherr. Das sei auch noch vollkommen akzeptabel gewesen, es handle sich immerhin um ein emotionales und aufgeheiztes Thema. Doch als er in sein Email-Fach schaute, kam der Schock: „Ich solle nach Afghanistan auswandern und ich sei eine Schande für Deutschland und gehöre ins Gulag“, berichtet Wiedon. Zu 95 Prozent seien die Mails von Männern gekommen, auch Reichsbürger seien unter den Absendern, so der CDU-Politiker, der auch im Sportausschuss sitzt.
CDU-Ratsherr erwägt noch keine rechtlichen Schritte
Die Mails seien von Personen aus ganz Deutschland gesendet und auch mit vollem Namen unterzeichnet worden. „Ich habe nichts gegen Kritik, aber das hier ist nicht mehr konstruktiv, sondern einfach nur noch beleidigend und drohend“. Rechtliche Schritte erwägt er derzeit nicht, „ich lasse es noch über mich ergehen“, sagt er. Bei seinem Standpunkt bleibt er weiterhin: „Bisher konnte mir niemand erklären, warum genau dieses Bild mit genau dem Schriftzug ausgewählt wurde. Man hätte die Sportlerin genauso gut von vorne belichten können“, so der CDU-Ratsherr.
Debatte unter der Gürtellinie – ein Kommentar von Philipp Rose
Das eigentliche Problem ist hier nicht mehr das Plakat: Das Problem ist, wie wir als Gesellschaft über wichtige emotionale Themen wie Sexismus debattieren. Wer die Kommentarspalten der sozialen Netzwerke liest, merkt schnell: Mehr als Spott und Häme haben die „Kritiker“ an Wiedons Aussagen nicht übrig. Dabei verfehlen sie ihr Ziel. Es geht Gleichstellungsbeauftragten und Menschen wie Wiedon nicht darum, Darstellungen von nackter Haut zu verbieten und Sittenwächter zu spielen. Es geht vielmehr darum, zu diskutieren, in welchem Kontext Nacktheit in der Öffentlichkeit präsentiert werden sollte – ob dies in einem sachlichen Rahmen geschieht oder einfach billig genutzt wird, um Kasse zu machen.
Die Drohungen gegen den Ratsherr sind ein Armutszeugnis für unsere pluralistische Gesellschaft. Denn die Beschimpfungen zeigen: Meinungsfreiheit wollen viele nur, solange sie die eigene Meinung widerspiegelt.