Düsseldorf-Vennhausen. . Das Landesumweltamt stuft die Südliche Düssel in Vennhausen als „übermäßig geschädigt“ ein. 2019 soll die ökologische Verbesserung starten.
Tussale, die Rauschende, Tosende, heißt die Düssel um 1065 in einer Schrift – und verläuft damals, auf heutigem Vennhauser Gebiet, vermutlich noch in lebhaften Schlingen und überflutet bei Hochwasser die umliegenden Auen.
Heute ist die südliche Düssel in Vennhausen ein eingemauerter Kanal. Das Wasser fließt gradlinig in einer 4,50 Meter breiten, rund 30 Zentimeter starken Betonschale. An beiden Seiten schließen sich rund ein Meter breite Trockenpflaster-Streifen an, und neben der mit Gras bewachsenen Uferböschung verläuft ein Kiesweg. Alle paar Minuten sind dort Spaziergänger zu sehen, manchmal mit Hunden, auch Radfahrer und Jogger sind unterwegs. Die Düssel ist ein beliebtes Ziel.
Schon ab Frühjahr 2017 sollte der rund 700 Meter lange Abschnitt vom Spaltbauwerk Höherhof bis zum Sandträgerweg naturnäher gestaltet werden – denn die Düsseldorfer Gewässerstruktur-Gütekarte stuft die Südliche Düssel als „übermäßig geschädigt“ ein, das hat das Landesamt für Umwelt- und Naturschutz schon vor Jahren ermittelt. Dort sind zum Beispiel kaum Kleinstlebewesen wie Köcherfliegenlarven oder Flohkrebse zu finden, die eine wichtige Nahrungsquelle für Fische sind.
Naturnähe hat Grenzen
„Für eine wirkliche Renaturierung, also das Herstellen des ursprünglichen Flusszustands, setzt uns heute die benachbarte Bebauung einfach Grenzen“, sagt Kristian Lütz, Abteilungsleiter Wasserbau beim Amt für Stadtentwässerung. Westlich liegen die Häuserzüge des Reichenbacher Wegs, östlich verläuft der Tannenhofweg. „Doch eine wesentliche ökologische Verbesserung des Flussbetts und des Ufers werden wir durchaus erreichen.“
Von einer Holzbrücke, die vom Wohngebiet am Reichenbacher Weg über die Düssel führt, deutet Michael Süßer von der Düsseldorfer BUND-Kreisgruppe ans Ufer Richtung Sandträgerweg. Dort steht in ungefähr 50 Metern Entfernung ein Graureiher. Fische findet der knapp ein Meter große Vogel hier wohl nur wenige. Der Umwelt- und Naturschutzverein kritisiert die mangelhafte Tier- und Pflanzenwelt der Düssel seit langem und verfolgt die Verbesserungspläne aufmerksam.
Fischarten profitieren
„Auf dem Betongrund können sich keine Sedimente ablagern, also zum Beispiel Sand, Kies und tote Pflanzenteile“, sagt Michael Süßer. Doch die seien Lebensraum der meisten Organismen – „ohne Sediment werden sich keine Kleinstlebewesen wie Krebse ansiedeln. Die wiederum ziehen Fische an, die Nahrung für Vögel sind.“ Je vielfältiger die Strukturen, unter anderem der Pflanzenbewuchs, in einem Fluss seien, desto mehr Sauerstoff enthalte das Wasser, werde durchmischt und habe dadurch eine bessere Qualität.
„In älteren Fischbestandserhebungen von 2004 wurden unter anderem Schmerle, Groppe und der Dreistachlige Stichling gefunden, der übrigens Fisch des Jahres 2018 ist“, so Süßer. „Alle diese Arten werden wahrscheinlich von der Renaturierung profitieren und künftig in deutlich größeren Beständen zu finden sein.“ Der Deutsche Angelfischerverband ernennt immer den Fisch des Jahres; maßgebliches Kriterium ist seine Gefährdung aufgrund schädigender Einflüsse des Menschen auf den Lebensraum des Fisches.
Spätestens 2015 hätte die Düssel ein „gutes ökologisches Potenzial“ aufweisen müssen – das schreibt die im Jahr 2000 in Kraft getretene EU-Wasserrahmenrichtlinie vor. Um 1960 fand die Einbetonierung statt. Ziel war, die Anrainer vor Hochwasser durch Schneeschmelze und Starkregen zu schützen. Bestandteil der neuen Düssel-Gestaltung soll auch eine höhere Uferböschung sein. „Der Grundwasserspiegel ist hier überdurchschnittlich hoch“, so Kristian Lütz.
Geschwungener Flusslauf
Ein naturnahes Aussehen bedeutet auch, dem Fluss wieder einen geschwungenen Verlauf zu geben. „Auch die Wassertiefen sollen unterschiedlich sein“, so Lütz. „Die Gestaltung erzielt einen Wechsel von schnell und langsam fließenden Wasserbereichen – das ist typisch für einen naturbelassenen Fluss.“ Die ruhigeren Flusspartien geben Fischen Rückzugsmöglichkeiten und bessere Bedingungen fürs Laichen.
Auch Totholz, also abgestorbene Baumteile, wollen die Wasserbauer in den Flussverlauf integrieren. „An dieser Ausgestaltung basteln wir noch“, sagt Kristian Lütz. Totholz im Fluss verändert die Strömung im Fluss, so entstehen Ruhebereiche, in denen Fische Unterschlupf finden können. Außerdem bilden sich Sand- und Kiesablagerungen, die ebenfalls als Verstecke dienen können.
Bürger werden noch informiert
„Wenn alles glatt läuft“, so Lütz, soll die ökologische Verbesserung im Frühjahr 2019 starten. „Die Umgestaltung wird ein spürbarer Eingriff in das Gewässer und die umliegenden Flächen werden, doch mit einem ausgesprochen guten Ziel“, betont Lütz. Anwohner und interessierte Bürger werden frühzeitig und ausführlich über die Baumaßnahmen informiert.
>>> Info: Wasser Marsch ab Frühjahr 2019
„Als wir 2017 die ökologische Verbesserung der Südlichen Düssel geplant haben, ergab sich bald, dass die Maßnahme mehr als zweimal so teuer werden würde wie geschätzt“, sagt Kristian Lütz vom Amt für Stadtentwässerung. Daraufhin sei die Ausschreibung verändert worden. Inzwischen sei beabsichtigt, eine bestimmte Baufirma zu beauftragen. Doch noch sei der Auftrag nicht abgeschlossen.
Sobald die Baufirma beauftragt ist, kann sie sich die Arbeit am ersten, rund 700 Meter langen Düssel-Abschnitt vom Spaltbauwerk Höherhof bis zum Sandträgerweg je nach Arbeitsaufkommen einteilen. Start soll im Frühjahr 2019 sein. R und 2,5 Millionen Euro soll das Projekt kosten; 80 Prozent der Kosten davon übernimmt voraussichtlich das Land Nordrhein-Westfalen.
Es folgen der zweite Bauabschnitt vom Sandträgerweg bis zum Mündrathweg, rund 750 Meter, und der dritte Bauabschnitt vom Mündrathweg bis zum Bahndurchlass südlich des Eller Kamps, ungefähr 400 Meter.