Düsseldorf-Vennhausen. . An der einst ländlich geprägten Vennhauser Allee entwickelte sich um die Jahrhundert-Wende ein regelrechter Villen-Bauboom.

Vennhausen ist in Düsseldorf der Wohnstadtteil. In keinem anderen Düsseldorfer Stadtteil wird so viel gewohnt und so wenig gearbeitet wie hier. Es gibt keine Industrie, kaum Gewerbe und Dienstleister, ein paar Geschäfte, dafür aber jede Menge Wohnhäuser.

Bis zur Eingemeindung war Vennhausen landschaftlich geprägt

Die Villa Beilicke an der Vennhauser Allee 172 um 1905. Damals war die Landstraße tatsächlich eine Allee mit vielen Bäume.
Die Villa Beilicke an der Vennhauser Allee 172 um 1905. Damals war die Landstraße tatsächlich eine Allee mit vielen Bäume. © Archiv Brzosa

Als Vennhausen 1909 nach Düsseldorf eingemeindet wurde, war es rein landwirtschaftlich geprägt. Es gab ein dutzend versprengter Höfe, Getreideäcker, Gemüsefelder, Sumpfweiden, den Eller Forst, drei Wirtshäuser. Nur die Alte Insel für die Glashüttenarbeiter hatte urbanen Charakter.

Siedler entdeckten Vennhausen nach dem Ersten Weltkrieg

Das Idyll war nur von kurzer Dauer. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Vennhausen von den Siedlern entdeckt und in kurzer Zeit flächendeckend mit Wohnhäusern überbaut. Zuerst kamen die Arbeiter (Siedlung Freiheit), dann die Erwerbslosen, Kinderreichen und Beamten (Tannenhof), Expressionisten (Kamper Weg), Feinsinnigen (Architektensiedlung), Katholiken (Kolpingsiedlung, Katharinensiedlung), Gewerkschaftler (Lassalle-/Bebelstraße), Eisenbahner und Postler (Hochhaussiedlung).

Die Villa Schmidt an der Vennhauser Allee 195 im Jahr 1957. Das Kleinkaufhaus Benthues wurde 1948 errichtet
Die Villa Schmidt an der Vennhauser Allee 195 im Jahr 1957. Das Kleinkaufhaus Benthues wurde 1948 errichtet © Archiv Brzosa

Die Siedlungen sind bis heute erhalten, geben dem Stadtteil ein Gesicht. Ihre Geschichte ist im Quartier und manchmal darüber hinaus bekannt. Nahezu völlig in Vergessenheit geraten ist, dass die ersten Neusiedler in Vennhausen vermögende Düsseldorfer waren, die an der heutigen Vennhauser Allee zwischen Boston Club und Aldi um 1900 eine Villen-Kolonie errichteten.

Die Geschäfte liefen geschmiert

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Den Anfang machte der Unternehmer Ernst Schmidt. Der Düsseldorfer Kaufmann hatte 1873 eine Importfirma für Ölprodukte gegründet. Das von ihm eingeführte „amerikanische Steinöl“ (Erdöl) war hier noch völlig unbekannt. Die Vorzüge des neuen Schmiermittels bewarb der Start-up-Unternehmer in den Düsseldorfer Zeitungen mit dem Hinweis, dass es „vollständig geruchlos“ sei und „die damit geschmierten Maschinen“ wie Nähmaschinen, Uhren, Waffen, Schlösser „rein und gangbar erhält“. Als die Geschäfte „wie geschmiert“ liefen, errichtete Ernst Schmidt Mitte der 1880er Jahre am Kommunalweg von Eller nach Gerresheim (heute Vennhauser Allee) eine eigene Fabrik für Öl- und Fettwaren. 1889 war die am Eingang gelegene Direktorenvilla bezugsfertig. Bis 1908 wohnte hier der von Ernst Schmidt eingesetzte Fabrikleiter mit seiner Familie, danach der Gärtner. Ende der 1920er Jahre wurde die Produktion eingestellt, die Fabrikanlage niedergelegt, das Gelände mit Wohnhäusern überbaut. Nur die ehemalige Direktoren-Villa blieb erhalten und wurde an den Düsseldorfer Architekten Felix Coenen veräußert. Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet das Haus in Verfall und verlor mit dem vorgebauten Behelfskaufhaus von Karl-Heinz Benthues endgültig den Charakter einer Luxusimmobilie. 1972 wurde die Villa durch das heutige Wohn- und Geschäftshaus Nr. 195 ersetzt.

Sommersitz für den Möbelfabrikanten Thedor Struwe

Die Villa Rogler an der Vennhauser Allee 234 in im Jahr 1988. Sie wurde in den 1990er Jahren abgerissen.
Die Villa Rogler an der Vennhauser Allee 234 in im Jahr 1988. Sie wurde in den 1990er Jahren abgerissen. © Archiv Brzosa

Dort, wo sich heute das Vennhauser Geschäftszentrum befindet, stand zuvor die Villa Erika (Nr. 210). Bauherr und Baujahr der Landhaus-Villa sind unbekannt, ebenso die Herkunft des schon 1900 bezeugten Namens. Vermutlich wurde das Domizil um 1890 als Sommersitz für den Düsseldorfer Möbelfabrikanten Thedor Struwe errichtet. Das dazugehörige Landgut war riesig und reichte vom Erlenkamp über den Sandträgerweg bis zum Kamper Weg. 1897 ging das Anwesen in den Besitz des renommierten Düsseldorfer Kunsthändlers und Verlegers Hermann Michels über, der hier seinen Lebensabend verbrachte. Der ehrgeizige Plan seines Schwiegersohns Arthur Schmolz (Schmolz & Bickenbach AG), das weitläufige Besitztum in eine romantische Parkanlage umzugestalten und darin ein mondänes Landhaus zu errichten, fiel 1923 der Inflation zum Opfer. Statt des Parks legte er später neben der Villa Erika einen Tennisplatz für die Mitarbeiter seiner Firma an. Ende der 1950er Jahre musste die in Fachwerkgehaltene Villa der heutigen Ladenzeile weichen.

Villen-Bauboom um die Jahrhundertwende

Um die Jahrhundertwende gab es an der Vennhauser Allee einen Villen-Bauboom. Obwohl die einstigen Prachtbauten nicht mehr alle erhalten sind, sind die Namen ihrer Bauherren oder späteren Bewohner bis heute in Vennhausen bekannt. Es entstanden die Villen Fiene (Nr. 242a, erbaut 1899), Rogler (234, 1900), Fellinger/Schütze (182, vor 1901), Scherff/Dalichau (180, 1901), Minden/Naechster (188, 1902), Bierhof/Beilicke (172, 1903), Schütte (192, 1903), Michels/Tietmeyer (202, 1905), Michels/Pepatz (204, 1905) Mönnich (239, 1907), Schmidt (190, 1908) und Rotthauwe (181, 1911).

Villa Beilicke mit besonders interessanter Geschichte

© Archiv Brzosa

Hinter jedem Haus und Namen steckt eine eigene Geschichte. Besonders interessant ist die Historie der Villa Beilicke. Von Eller kommend beginnt mit ihr auf der linken Seite die Wohnbebauung der Vennhauser Allee. Errichtet wurde der markante Backsteinbau von Ewald Bierhoff, der an der Breitestraße eine Konditorei und Café betrieb. Die Restauration war in Düsseldorf eine feste Größe und durfte sich mit dem Titel „Hofconditorei“ schmücken. Laut Eigenwerbung gab es hier „sämtliche Erfrischungen der Saison, feine Weine und Liqueure, Chocoladen und Desserts der ersten Häuser, Cartonnagen, Attrappen, Bonboniére und Knallbonbons in größter Auswahl“.

1918 wurde die Villa von Karl Beilicke erworben. Der neue Besitzer vertrieb in Düsseldorf und Umgegend exklusiv den Kautabak von Grimm & Triepel, damals Deutschlands größte Kautabakfabrik. Von der Vennhauser Allee aus versorgte Karl Beilicke mit seinem auffälligen Lieferwagen die gesamte Region mit einem Produkt, das heute weitgehend in Vergessenheit geraten ist. Vergessen scheint auch die Geschichte der Villenkolonie in Vennhausen. Ausgenommen ist die Villa Beilicke, die noch heute von der Enkelin des Namengebers bewohnt wird und die gerne von ihrem Großvater erzählt.

* Der Autor Dr. Ulrich Brzosa beschäftigt sich als Historiker mit Düsseldorfer Stadtteil-Geschichte.

Ulrich Brzosa beschäftigt sich als Historiker mit Düsseldorfer Stadtteil-Geschichte und der Kirchen-Geschichte in der Stadt. Er lebt in Eller.