Düsseldorf-Vennhausen. . Der Boston-Club in Vennhausen in der älteste Tanzsportverein Deutschlands. Neben Bundesliga-Formationen gibt‘s eine breite Kurspalette vom Discofox bis zum Hip-Hop
In den Goldenen Zwanzigern, vor rund einem Jahrhundert, tanzten die Düsseldorfer zu Schlagern wie Willi Roses „Ausgerechnet Bananen“, Walter Kollos „Zwei Rosen, ein zarter Kuss“ oder „Strahlender Mond“ von Eduard Künneke. Auch im Boston-Club, der sich damals noch im „Breidenbacher Hof“ traf (siehe Kasten), spielten die Mitglieder wahrscheinlich diese Hits zu Foxtrott und Shimmy, einer damals topaktuellen Foxtrott-Variante.
Bereits 1912 entstand dieser Club – damit ist der seit 1984 in Vennhausen angesiedelte Tanzsportverein der älteste Deutschlands! Woher der Name kommt? Der „Boston“ ist ein Langsamer amerikanischer Walzer, der in den 1910er-Jahren gerade up to date war.
Standard- und Latein als ursprüngliches Herzstück
Auch bei ihren sportlichen Erfolgen belegt die Adresse an der Vennhauser Allee einen Spitzenplatz: „Wir sind der einzige deutsche Club, der mit zwei Formationen, Standard und Latein, in der Bundesliga tanzt“, erzählt Rüdiger Konopatzki, seit 2003 1. Vorsitzender des Boston-Clubs. „Das Standard- und Lateintanzen ist das ursprüngliche Herzstück des Vereins. Unsere Clubmitglieder können hier im Haus jeden Tag frei üben, um das in den verschiedenen Gruppentrainings Erlernte zu verbessern.“
Das Wochenprogramm des Clubs belegt: Hier spielt die Musik in Kursen und Workshops wirklich täglich zu fast jedem Rhythmus. Montags ist zum Beispiel Jazz- und Modern Dance, dienstags Zumba, Hip Hop gibt‘s am Mittwoch, Discofox am Donnerstag, die Standardformation tanzt freitags. Dazu Kindertanzen, Cheerleading und sonntags ein öffentlicher Tanztee. Für jedes Alter und jedes Leistungsniveau ist etwas dabei.
1200 Quadratmeter Tanzfläche in vier Sälen
„Wir haben vier Säle zur Verfügung“, so Rüdiger Konopatzki, „insgesamt rund 1200 Quadratmeter Tanzfläche.“ Das entspricht fast fünf Tennisplätzen. Durch bewegliche Wände getrennt, werden die Säle bei Bedarf zusammengefasst, zum Beispiel bei Turnieren. „Manchmal vermieten wir die Räume auch an externe Veranstalter – etwa für einen Flohmarkt, einen Modellbahn-Markt, private Geburtstage oder Jubiläen.“
Eine familiäre Atmosphäre ist gleich am Eingang da. Tänzer, die hereinkommen, versammeln sich zu einem Warm-up-Plausch im gemütlichen Gastraum vor den Sälen. Und die Grüppchen zeigen auch: Tanzen macht offenbar eine gute Haltung. Gerade Rücken, lockere Schultern, entspanntes Stehen ringsum. „Wir haben eine gute Kameradschaft in allen Gruppen, auch manche Freundschaften sind entstanden“, sagt Konopatzki. „Für viele ist das hier ihr zweites Wohnzimmer, und wir feiern auch mal runde Anlässe gemeinsam.“
Links rück, rechts seit, links vor, rechts rück, Wiegeschritt: Tanzen ist komplex, fordert neben Kondition auch Motorik, Aufmerksamkeit, Langzeit- und Kurzzeitgedächtnis. Studien belegen, dass Tanzen ein wirksameres Hirnleistungs-Training sein kann als das Lösen von Kreuzworträtseln und Lesen. Und wer sieht, wie gut gelaunt die Paare im Breitensport-Training zu Pop-Evergreens über das Parkett swingen, bekommt Lust, mitzumachen. Rund 560 Mitglieder hat der Club derzeit, ein Drittel davon sind Kinder und Jugendliche.
Hochleistung bringt der Club in der Bundesliga
„Ja, wir merken hier im Club, das Interesse am Tanzen ist durch Fernsehsendungen wie ,Let‘s dance‘ deutlich gewachsen“, beobachtet Rüdiger Konopatzki. Und ja, auch viele Jugendliche wollen den Boston-Club kennenlernen – doch darunter sind wenig Jungen. „Wir arbeiten immer noch daran, mehr Jungen im Grundschul- und Teenager-Alter fürs Tanzen zu gewinnen, aber es ist schwierig“, sagt Jennifer Breising, Presse- und Medienwartin des Vereins. „Oft finden sie Tanzen als Sportart zu weich oder halten es für uncool.“ Das Training der Bundesliga-Lateinformation liefert allerdings den Gegenbeweis: Kraftvoll, bei manchen Figuren athletisch, blitzschnelle Wechsel zwischen Samba, Cha-Cha-Cha, Rumba, und Positionen im Raum – die rasante Choreografie ist Hoch-leistung.
„In Russland und in mehreren osteuropäischen Ländern hat Tanzen eine ganz andere Note“, erzählt Gisela Konopatzki. „Dort ist es oft Nationalsport, gleichermaßen für Frauen und Männer.“ Und Bundesliga-Gucken - das geht in Düsseldorf längst nicht mehr nur im Fußball.