Düsseldorf. Das durch die anhaltende Trockenheit bedingte Niedrigwasser zwingt die Ruderer von Germania auf Kraftraum und Ergometer auszuweichen.
Marc Stallberg ist frustriert. Das Niedrigwasser des Rheins, zaubert einigen Spaziergängern zwar ein Lächeln ins Gesicht, weil sie Kuriositäten am aktuell extrem breiten Ufer finden, die sonst vom Wasser des europaweit verkehrsreichsten Strom überspült werden. So wurde schon ein Stoßzahn eines Mammuts gefunden.
Letztes Wassertraining vor drei Wochen möglich
Weil Stallberg aber kein Kuriositätensammler ist, lässt ihn das völlig kalt. Auch weil sein täglicher Blick in den Düsseldorfer Hafen nichts Besonderes erhaschte. „Ich hätte mit mehr geklauten Fahrrädern im Hafen gerechnet, aber am Ufer liegt nichts. Der Hafen ist relativ sauber“, verrät Stallberg. Doch die Sauberkeit des Hafenbeckens hat ihm noch nie große Sorgen gemacht. Vielmehr sorgt er sich um den Trainingszustand seiner Leistungsruderer.
Stallberg ist Trainer beim Ruderclub Germania (RCG) und normalerweise im Sommer mit den regattaorientierten jungen Leuten tagtäglich auf dem Hafenwasser. Im Sommer 2018 ist das aber nur noch eine zeitlich entfernte Erinnerung, wenn nicht gar ein Traum. Irgendwie fühlen sich die Wassersportler wie Fische auf dem Trockenen. „Das letzte Wassertraining konnten wir vor fast drei Wochen durchführen. Seitdem geht nichts mehr“, ärgert sich Stallberg. „Als Ersatztraining sind wir im Kraftraum und auf dem Ruderergometer. Das ist eigentlich Teil unseres Winterprogramms.“
Boote würden komplett kaputtgehen
Schon die letzte Trainingseinheit auf den laut Pegeluhr auf 78 Zentimeter gesunkenen Rheinwassers war grenzwertig. „Wir konnten nur mit Einern und Zweiern trainieren. Sie haben die geringste Tauchtiefe“, so Stallberg. „Würden wir jetzt noch im Hafen rudern, würden wir unsere Ruder am Grund zerschreddern, mit den Booten auf Grund laufen und fette Löcher in die Bordwände bohren. Totalschäden wären programmiert.“ Die Boote sind zwar versichert, aber da würde keine Versicherung einspringen. Nicht, weil Summen zwischen 10.000 Euro für einen Einer und 40.000 für einen Achter fällig würden, sondern weil es grob fahrlässig wäre, jetzt noch im Hafen zu rudern.
Top-Athleten bereiten sich in Dortmund auf WM vor
Zum Glück entgehen die Ruderer derzeit sowieso der Versuchung, ihre Boote zu Wasser zu lassen. Der Schwimmsteg, des Wassersportleistungszentrums an der Kesselstraße, liegt deutlich auf dem Trockenen. Des Ruderers natürliches Element ist meterweit entfernt, es gibt keine Chance, die schlanken Rennboote unfallfrei zum Schwimmen zu bringen. Zum Glück sind die RCG-Topathleten wie U23-Vizeweltmeisterin Leonie Menzel, die zur Ruderin des Monats Juli gewählt wurde, oder Nationalmannschaftsruderer Anton Schulz, von der Trainingszwangspause nicht betroffen. Sie trainieren alle am Bundes- und Olympiastützpunkt in Dortmund, um sich auf die Ruder-Weltmeisterschaften in den verschiedenen Altersklassen vorzubereiten.
Um die Trainingsmisere des Wassersport-Leistungszentrums, zu dem auch Ruderer des Wasser-Sport-Vereins Düsseldorf (WSVD) und Kanuten vom Wassersportverein Rheintreue gehören, zu beenden, reicht das leichte Tröpfeln vom Himmel in Düsseldorf nicht. „Das kommt ja auch nur den Rheinanwohnern unterhalb von Düsseldorf zu Gute“, erklärt Stallberg.
Es muss wochenlang kräftig regnen
Es müsste jetzt mindestens eine Woche lang in den Alpen und Baden-Württemberg heftig regnen, dann steigt auch der Rheinpegel in NRW wieder. Die Wettervorhersage für den Bodensee, durch den der Rhein ja fließt, verspricht allerdings alles andere als Regen.