Düsseldorf. Unbekannte Täter schütteten Innogy-Manager Bernhard Günther im März Säure über das Gesicht. Jetzt sprach er ausführlich über den Anschlag.
Der vor vier Monaten bei einem Säureanschlag schwer verletzte Energiemanager Bernhard Günther ist über Täter und Motiv noch immer im Ungewissen. Die Ermittler hätten "wohl noch keine konkrete Spur zu den Tätern", sagte Günther dem Handelsblatt (Freitagsausgabe). Unklar sei nach wie vor, ob der Angriff ihm als Privatperson oder als Finanzchef des Energiekonzerns Innogy gegolten habe. "Solange man nichts Konkretes weiß, kann man auch nichts ausschließen", sagte der 51-Jährige. Er habe zwar eine Theorie, "die will ich aber für mich behalten".
Günther war am 4. März, einem Sonntag, nach dem Joggen mit Freunden kurz vor seinem Wohnhaus in Haan bei Düsseldorf überfallen worden. Nachdem er sich von seinen Laufpartnern getrennt habe, hätten ihn zwei jüngere Männer aufgelauert. "Einer hat mich zu Boden geworfen und festgehalten. Der andere hat ein Gefäß geöffnet und über mir entleert." Der Angriff habe nur wenige Sekunden gedauert, die Täter hätten nichts gesagt. Er sei dann nach Hause gelaufen, habe möglichst viel von der Flüssigkeit abgewaschen und selbst den Notruf gewählt.
Schritt für Schritt ins Leben zurückkehren
Aus medizinischer Sicht scheine er "alles in allem noch Glück in Unglück gehabt zu haben", sagte Günther. Sein Sehvermögen sei intakt. Körperlich sei er noch nicht wieder zu hundert Prozent belastbar, die Genesung komme aber voran. "Die seelische Verarbeitung braucht natürlich viel länger." Es sei "besonders schwierig, mit so einer Tat umzugehen, solange sie nicht aufgeklärt ist".
Er kehre jetzt Schritt für Schritt in private Kreise und die Öffentlichkeit zurück. Je bekannter ihm die Menschen seien, umso leichter falle ihm das. "Ich bekomme schon mit, dass viele Leute im ersten Moment etwas erschrecken. Aber dem muss ich mich stellen."
Zerschlagung von Innogy wurde bekannt
Eine Woche nach dem Überfall auf Günther wurden Pläne der Energiekonzerne Eon und RWE bekannt, die RWE-Tochter Innogy zu zerschlagen und unter sich aufzuteilen. Die Übernahmeofferte von Eon habe seine Rückkehr ins Arbeitsleben beschleunigt, sagte Günther. Er sehe "persönlich durchaus eine unternehmerische Logik", die Netze von Eon und Innogy zusammenzulegen und die erneuerbaren Energien beider Konzerne bei RWE zu bündeln: "Die neuen Unternehmen hätten schon eine größere Wucht."
Für die Mitarbeiter ähnele das mögliche Ende von Innogy "einer Tragödie", weil das von ihnen seit 2016 aufgebaute Unternehmen schon wieder zerschlagen werden solle. Seine Rolle als Innogy- Finanzvorstand wäre in diesem Fall in absehbarer Zukunft beendet. "Was dann kommt, wird man sehen", sagte Günther. (dpa)