Erhebliche Verwirrung gab es beim Landgerichtsprozess um den Wehrhahn-Anschlag vom Juli 2000. Ein neuer Kronzeuge der Anklage wollte plötzlich doch nichts sagen, hat alle Fragen ignoriert, sich taub und stumm gestellt – und sich bis zu sechs Monate Erzwingungshaft eingehandelt.

Erhebliche Verwirrung gab es beim Landgerichtsprozess um den Wehrhahn-Anschlag vom Juli 2000. Ein neuer Kronzeuge der Anklage wollte plötzlich doch nichts sagen, hat alle Fragen ignoriert, sich taub und stumm gestellt – und sich bis zu sechs Monate Erzwingungshaft eingehandelt.

Zudem behauptete die Ex-Frau des angeklagten Ex-Soldaten (52), einer von dessen drei Pflichtverteidigern habe sie nach ihrer Zeugenaussage vom Wochenanfang minutenlang quer durch die Stadt verfolgt. Das soll jenen Verteidiger nun auf Antrag eines Opfer-Anwalts den Job in diesem Prozess kosten. Entschieden ist nichts. Die Ex-Frau des Angeklagten hatte den 52-Jährigen als Zeugin erheblich belastet – und war angeblich aus Angst auch nicht bereit gewesen, ihren neuen Wohnort zu verraten. Doch nach dem Prozesstag soll ihr einer der drei Pflichtverteidiger des Angeklagten in seinem Auto und mit dem Ex-Soldaten auf dem Beifahrersitz minutenlang gefolgt sein. Das bestritt der Anwalt gestern, für ihn sei die Begegnung der beiden Autos bei der Abfahrt vom Gericht in Oberbilk nur Zufall gewesen, die Zeugin wohl ein Opfer von „Verfolgungswahn“. Ob das diesen Advokaten aber sein Mandat im Wehrhahn-Prozess kostet, wie ein Opfer-Anwalt wegen angeblich „schwerer Pflichtverletzung“ forderte, ist offen. Sicher ist dagegen, dass ein als neu angekündigter Kronzeuge (46) nicht ein einziges Wort gesagt hat.

Der Mann, der wegen einer Geiselnahme in Krefeld in U-Haft sitzt, hatte zuvor ungeheuerliche Enthüllungen angekündigt. In der U-Haft habe der Ex-Soldat ihm gestanden, dass er vor fast 18 Jahren eine selbstgebastelte Rohrbombe am S-Bahnhof Wehrhahn gezündet, zehn Mitglieder einer überwiegend jüdischen Sprachschülergruppe teils schwer verletzt habe. Vor Gericht bestreitet der 52-Jährige jede Schuld am Anschlag. Doch zudem soll der Angeklagte laut dem Kronzeugen angekündigt haben, den Staatsanwalt in diesem Indizienprozess umzubringen. Dem Vernehmen nach hatte der Ex-Mithäftling um Vertraulichkeit oder Aufnahme in ein Zeugenschutzprogramm gebeten – dann würde er Beweise für seine Enthüllungen liefern. Als er nun aber die Vorladung als Zeuge erhielt und im Rollstuhl vorgeführt wurde, war aus ihm kein Wort herauszubringen. Dafür verhängte das Gericht bis zu sechs Monate Erzwingungshaft gegen ihn. Ob und was der Zeuge aus der Haft weiß, bleibt daher unklar. Nach Notizen, die er über seine Gespräche mit dem angeklagten Ex-Soldaten angefertigt hatte und die später gefunden wurden, soll der Ex-Mithäftling sogar einen Suizidversuch hinter Gittern unternommen haben. Wie der Prozess jetzt weiter geht, zeigt sich am kommenden Dienstag.