Düsseldorf. . Die Jüdische Gemeinde fährt am Rosenmontag mit einem Heine-Wagen im Zug mit. Der große Sohn der Stadt brauchte viel Humor in seinem Leben.
„Als Herold, die lachende Träne im Wappen, diene Dir mein Humor“, schrieb Heinrich Heine – er selbst hatte und brauchte viel Humor in seinem Leben. Mit Humor in jeder Ausprägung wappnete er sich gegen Widerstände und Widrigkeiten, Rückschläge und Schicksalsschläge, die ihm bis zum Ende begegneten. Humor in all seinen Facetten führte ihm auch stets die Feder beim Schreiben seiner Werke und auch beim Verfassen seiner Briefe.
Heinrich Heine
Düsseldorfs berühmtester Sohn wurde am 13. Dezember 1797 geboren und starb am 17. Februar 1856 in Paris.
In der Literaturwissenschaft wird Heinrich Heine als letzter Dichter der Romantik aber auch gleichzeitig als deren Überwinder gefeiert.
Die Werke kaum eines anderen Poeten deutscher Sprache wurden bis heute so häufig übersetzt und vertont.
Wer in seinen Jugendjahren die Pleite des väterlichen Geschäftes erlebt, muss eben früh heitere Gelassenheit gewinnen. Seinem Vater sah Heine den wenig kaufmännischen Umgang mit Geld mit nachsichtiger Ironie nach. Bei seinem Vater habe im Herzen beständig Kirmes geherrscht, so Heine, und zwischen dem Herzen und dem Portemonnaie seines Vaters habe es eine Eisenbahnverbindung gegeben.
Die erste große Liebe war hoffnungslos
Mit feinsinnigem, wohlklingendem Sarkasmus dagegen verarbeitete Heine seinen ersten großen Liebeskummer, als er sich in Hamburg als Spross des wenig betuchten Düsseldorfer Zweigs der Verwandtschaft so intensiv wie hoffnungslos in die Tochter seines steinreichen Onkels verliebt hatte. „In Honig getauchter Schmerz“ waren für Heine die Verse voll bitterer Selbstironie:
Das mit Galgenhumor und stilistisch sicherem Gespür poetisierte Liebesleid füllte ein ganzes Buch, das „Buch der Lieder“ – Heines erster Bestseller. Ironie des Schicksals, über das Heine gelächelt haben mag.
Heine, der bekennende Rheinländer
Heine beherrschte die ganze Bandbreite des Humors: von der wohl gesetzten poetischen Pointe bis zur politisch-philosophischen Satire. Als waschechter Rheinländer, als der er sich bekannte, besaß er Mutterwitz. Scherze kamen ihm mit Düsseldorfer Dialekt über die Lippen. Heines Familie sprach rheinische Mundart – über die Grammatik-Kenntnisse seines Onkels spottete er, dass diesem bei offiziellen Diners „ein Diener für den Dativ und einer für den Akkusativ zur Seite“ stehe.
Seine Mitwelt zum Narren zu halten, bereitete Heine Vergnügen. Süffisant trieb er seine Geheimniskrämerei um sein Geburtsdatum einmal auf die Spitze, als er einem Journalisten, der beharrlich um Aufklärung bat, entgegnete: entscheidend sei doch, dass er geboren wurde.
Zoten waren nicht sein Metier, wenngleich Heine auch manches Mal nicht zimperlich darin war, Zeitgenossen in seinem Werk mit Häme zu bedenken, die nur noch spärlich mit Humor abgeschwächt wurde. „Es ist wahr, man sollte, wie es oft geschieht, keinen Freund für einen Witz aufopfern. Aber für eine ganze Schiffsladung Witz ist es wohl erlaubt“, merkte er einmal in einem Brief augenzwinkernd an.
Beim Thema Freiheit nicht zum Scherzen aufgelegt
Selbstironie war eine Stärke Heines – in seinem Werk hat er nicht selten Verse bewusst pathetisch überhöht, um sie dann genüsslich ins Abklingbecken der Ironie zu tauchen.
Keinen Spaß verstand Heine, wenn es um die Freiheit ging. Wenn der ins Exil gedrängte und von den Zensurbehörden verfolgte Dichter gegen Unterdrückung und Unfreiheit, Nationalismus und Intoleranz anschrieb, tauschte er gern das Florett feiner Ironie gegen den Degen angriffslustiger Satire. Regierungen und Rezensenten reagierten da oft gleichermaßen humorlos.
Erst Witze über die Walhalla, dann selbst Mitglied
Auch die Instrumentalisierung der Ironie oder eine humorig verschleierte Demagogie sowie – zunehmend ein Phänomen heutiger Politik – die nachträgliche Umdeutung wahnwitziger Äußerungen als verunglückte Witze, all dies spießte Heine schon satirisch auf. Einer erdachten Adressatin erklärt er: „Dieses Mittel ist ganz einfach und besteht darin, dass man erklärt, man habe jene Dummheit bloß aus Ironie begangen oder gesprochen. So, liebes Kind, avanciert alles in der Welt, die Dummheit wird Ironie, verfehlte Speichelleckerei wird Satire, natürliche Plumpheit wird kunstreiche Persiflage, wirklicher Wahnsinn wird Humor, Unwissenheit wird brillanter Witz.“
Mit manchem Treppenwitz der Wirkungsgeschichte hätte Heine seinen Spaß gehabt. Dichtete er sich einst im Scherz in die Walhalla, über deren Steinbüsten-Bewohner er sich ausgiebig mokierte, fand Heine am Ende tatsächlich einen Platz in dieser monumentalen, marmornen Gedenkstätte des Geistes. Und genau Heines Humor trifft es wohl, dass eigens eine Kommission aus Bayern anreiste, um in der Werkstatt des Bildhauers Bert Gerresheim die zulässige Tiefe des Risses in der Marmorbüste zu vermessen, mit dem der Künstler die innere Zerrissenheit Heines darstellen wollte.
Zum Protestantismus konvertiert
Hochachtung verdient es, dass Heine nie den Humor verloren hat. Auch nicht am Ende, während seiner jahrelangen Leidenszeit, schwer krank in der „Matratzengruft“ seiner Pariser Wohnung liegend. Der durchaus religiöse Heine verspottete überzogene, sinnentleerte Riten und abgehobene Repräsentanten der Religion, um die Religion zu retten. Vom jüdischen Glauben konvertierte er zum Protestantismus und beschäftigte sich mit allen Weltreligionen. Nach langer Zeit der inneren Entfremdung von jedem Glauben – wandte er sich im Krankenlager wieder der Religion zu. Heine lakonisch und sich selbst bespöttelnd dazu:
„Gottlob, dass ich jetzt wieder einen Gott habe, da kann ich mir doch im Übermaße des Schmerzes einige fluchende Gotteslästerungen erlauben; dem Atheisten ist eine solche Labung nicht vergönnt.“
Humor im Herzen, Selbstironie statt Selbstmitleid bis zum Schluss - und stets „die lachende Träne im Wappen“.
Heinrich Heine lehrt uns ein Lachen, das befreit und manchmal beim Lesen im Halse stecken bleibt.