Düsseldorf/Karlsruhe. . Ein Sturz beim Einsteigen in ein Flugzeug in Düsseldorf ist jetzt Thema beim Bundesgerichtshof. Entscheidung kann alle Flugreisenden betreffen.

Es war nur eine feuchte Stelle aus Kondenswasser in einer Fluggastbrücke am Flughafen Düsseldorf im Februar 2013. Doch diese Pfütze hat einen Rechtsstreit ausgelöst, der nun beim Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe zur Entscheidung ansteht. Dort glaubt man, dass der Fall aus Düsseldorf womöglich eine Rechtslücke aufgedeckt hat, die für alle Flugreisenden wichtig wäre, geklärt zu werden.

Der Fall war alltäglich: Ein Ehepaar wollte am 3. Februar 2013 von Düsseldorf aus nach Hamburg fliegen. Etwa fünf Meter vor der Kabinentür sei die Ehefrau auf einer feuchten Stelle der Fluggastbrücke ausgerutscht, behauptete der Ehemann und klagte. Seine Frau habe sich dabei die Kniescheibe gebrochen und forderte Schadenersatz und Schmerzensgeld, auch für eine erlittene Erwerbsunfähigkeit; insgesamt geht es um 48.324,22 Euro.

Landgericht und Oberlandesgericht wiesen Klage zurück

Am 21. November wird der Fall mit dem Aktenzeichen X ZR 30/15 nun vom BGH in Karlsruhe verhandelt, beim zehnten Senat, der auch für Fluggastrechte zuständig ist. Zuvor hatten bereits das Landgericht Düsseldorf und in der Folge auch das Oberlandesgericht Düsseldorf juristisch abgewinkt: Der Sturz sei keine "luftverkehrstypische Gefahr" gewesen, er hätte schlicht überall passieren können. Die Fluglinie habe daher nicht zu haften.

Tatsächlich nicht? Der Fall ist knifflig. Der Kläger hat nicht den Flughafen Düsseldorf verklagt, dem die Fluggastbrücken gehören. "In diesem Fall hätte dem Flughafen eine konkrete Schuld nachgewiesen werden müssen, etwa dass er seiner Verkehrssicherungspflicht nicht nachgekommen sei", erläuterte eine BGH-Sprecherin auf Nachfrage. Geklagt wurde mit Verweis auf die EU-"Verordnung zur Haftung von Luftfahrtunternehmen bei der Beförderung von Fluggästen". Das Interessante: "In der Verordnung steht nichts von Fahrlässigkeit oder Schuld", sagt die BGH-Sprecherin.

Was konkret bedeutet "Ein- und Aussteigen", wenn es zum Schaden kommt?

Es war dann der BGH, der den Fall aus Düsseldorf zur Revision an sich zog. Die Sprecherin: "Das deutet darauf hin, dass die Richter hier ein grundsätzliches Rechtsproblem sehen". Im Detail geht es um Artikel 17 Absatz 1 des Montrealer Übereinkommens, das Haftungsfragen im internationalen zivilen Luftverkehr regelt.

Darin heißt es: "Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der dadurch entsteht, dass ein Reisender getötet oder körperlich verletzt wird, jedoch nur, wenn sich der Unfall, durch den der Tod oder die Körperverletzung verursacht wurde, an Bord des Luftfahrzeugs oder beim Ein- oder Aussteigen ereignet hat". Laut BGH aber ist dieses "Ein- oder Aussteigen" bis dato rechtlich nicht näher ausgeführt. Liegt ein Sturz beim Zugang zum Flugzeug womöglich doch in der Verantwortung einer Flugline? Zumal nach Auffassung der Kläger "andere Unfälle, bei denen sich beim Ein- oder Aussteigen eine luftfahrttypischere Gefahr als hier realisiere, nicht denkbar (seien)".

Falls könnte mit BGH-Entscheidung noch nicht abgeschlossen sein

"Uns sind in den vergangenen fünf Jahren durchschnittlich drei Fälle im Jahr bekannt geworden, in denen Reisende beim Aus- oder Einsteigen eines Flugzeugs stürzten und sich verletzt haben", sagt eine Sprecherin des Flughafen Düsseldorf auf Anfrage. Auch dort zeigt man sich sehr interessiert an der Entscheidung des BGH.

"Vermutlich ist nicht damit zu rechnen, dass der Senat bereits am 21. November entscheiden wird", glaubt unterdessen die BGH-Sprecherin. Da es um eine europäische Verordnung gehe, kann es zudem sein, dass der Fall noch weitere Richter beschäftigen könnte. Auch für die Klägerin wäre der Fall mit einer Entscheidung des BGH noch nicht abgeschlossen. Je nach Rechtsspruch müsste sich dann erneut das Oberlandesgericht Düsseldorf mit dem Fall beschäftigen.