Düsseldorf. . Bekommt die Türkei bald ein Präsidialsystem? In Düsseldorf können Landsleute aus ganz Nordrhein-Westfalen ihre eigene Stimme abgeben.
Eine meterlange Schlange an Menschen drängt in den Eingang des türkischen Generalkonsulats in Heerdt. Geschäftiges Treiben auch vor dem schwarzen Zaun der Auslandsvertretung – Männer unterhalten sich lauthals und warten, bis Freunde und Verwandte mit dem Wählen fertig sind.
Aus allen Richtungen strömen Autos mit verschiedensten Kennzeichen her – Krefeld, Neuss, Duisburg, Wuppertal – der Parkplatz des Konsulats mit seinen 80 Stellplätzen platzt aus allen Nähten. Neu ankommende Wagen halten am Straßenrand, entlassen schnell eine Gruppe von Menschen – kurz ertönt ein Hupkonzert von Autofahrern die ungeduldig dahinter warten, dann geht es zügig weiter mit der Parkplatzsuche. Noch bis zum 9. April haben türkische Staatsbürger in Düsseldorf die Möglichkeit, im Konsulat an der Willstätterstraße über das Verfassungsreferendum in der Türkei mit Evet, also Ja – oder Hayir, Nein, abzustimmen.
Kritiker befürchten Ein-Mann-Diktatur in der Türkei
Zur Debatte steht, ob die Türkei am 16. April ein Präsidialsystem bekommt, durch das der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan erheblich an Macht gewinnen würde. Kritiker befürchten, dass die Türkei dadurch immer mehr zur Diktatur wird. Ein junger Mann lehnt am Zaun des Konsulats. Er will mit „Ja“ stimmen und blickt einem türkischen Präsidialsystem gelassen entgegen: „Das Ganze wird positive Auswirkungen auf die Türkei haben. In Deutschland wird man von dem Ergebnis aber ohnehin nicht viel spüren.“
Keine angespannte Stimmung vor dem Konsulat
Die Polizei vor Ort hat ein Auge auf die Situation: „Die Lage ist bislang ruhig“, sagt Andre Hartwich von der Düsseldorfer Polizei. Die Stimmung vor dem Konsulat ist etwas hektisch, aber nicht angespannt. Dennoch will niemand den Medien vor Ort seinen Namen nennen. Es geht bei der Abstimmung schließlich nicht um ein einfaches Ja oder Nein, sondern darum, für welche Werte man eintritt – denn viele sehen in dem Präsidialsystem die endgültige Abkehr von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der Türkei.
Wähler befürchten Wahlbetrug bei der Abstimmung
So auch zwei Damen, die sich aufgeregt vor einem Polizeiwagen unterhalten: „Wir haben mit Nein gestimmt, weil wir hoffen, dass es für Erdoğan nicht zum Präsidialsystem kommen wird“, sagt eine junge Frau aus Wuppertal. Ihre Freundin ist sich sicher, dass ohne das mediale Aufsehen in Deutschland weniger Leute mit „Ja“ stimmen würden: „Erdoğan hat die negative Berichterstattung für sich genutzt und es so gedreht, als würde es gegen die Türken gehen. Es gibt zu viele Schafe, die Erdoğan blind hinterherlaufen.“
Viele sähen sich durch die negative Türkei-Berichterstattung in ihrem Nationalstolz gekränkt und würden dann erst recht für das Präsidialsystem stimmen, ist die Duisburgerin überzeugt. Sie hat Angst, dass es bei den Abstimmungen zu Wahlbetrug kommen könnte: „Es wird definitiv ein knappes Ergebnis werden, aber ich habe die Befürchtung, dass nachgeholfen wird, um am Ende ein „Ja“ zu bekommen.“