Düsseldorf. . “Die Welt ist dein Zuhause“: Diesem Ruf folgten viele beim offenen Casting für Flugbegleiter in Düsseldorf. Unter ihnen ist auch Julia Heck.

„Oh Gott!“ Julia Haecks Augen werden ganz groß, sie muss schlucken. Ihre Stirn sinkt auf ihre Hände, als könnte sie mit ihnen herausholen, was ihr einfach nicht einfallen will. Blackout. „Ich weiß das“, sagt sie, aber sie sei total nervös. Die Bewerberin soll drei kanarische Inseln nennen, bisher sind ihr nur zwei eingefallen. Dabei hat sie eine der möglichen dritten sogar einmal besucht, „Fuerteventura, sagt ihr nach der abgelaufenen Zeit Sabine Behmer von Air Berlin. „Peinlich“, sagt Julia.

Drei Stationen durchstehen

Nervosität gehört bei dem Bewerbungsverfahren mit dazu, die Prüfer wissen das. Air Berlin führt zum ersten Mal eine Serie von Castings in Berlin, München, Köln, Düsseldorf und Stuttgart durch, um 500 neue Flugbegleiter zu finden. Grund der Neueinstellungen ist der geplante Langstreckenausbau, dem gegenüber steht ein Stellenabbau in der Verwaltung sowie ein oft berichteter Schuldenberg. Air Berlin sehe jedoch eine Lücke bei Langstreckenflügen auf dem Markt, da sei noch gutes Geld zu verdienen, heißt es von einem Air-Berlin-Sprecher.

Zum Casting können am Freitag die Bewerber unangemeldet zum Flughafenhotel kommen, um ihr Glück zu versuchen. Dafür müssen die Aspiranten drei Stationen durchstehen: einen Englischtest, einen allgemeinen Wissenstest und ein Bewerbungsgespräch, jede Station dauert fünf Minuten. Die Wartezeiten in den Schlangen sind länger.

Dresscode

Und hier überwiegt vor allem eine Schuhart: Pumps. Schwarze Pumps stehen in den Reihen in abgewandelten Formen, potenzielle Flugbegleiterinnen scheinen einen Dresscode zu haben. Viel schwarz ist zu sehen, die Damen sind oftmals körperbetont, aber im Business-Stil gekleidet: Blazer, Rock, Hemden. Die Frisuren sitzen. Einige Herrenschuhe reihen sich ins Bild. So wie die von Philip Kurtz.

Der junge Mann hat bereits Erfahrung als Flugbegleiter bei Germanwings gesammelt. Muss man sich da als Mann Sprüche anhören? „Manchmal schon“, sagt er. „Saftschubser“ sei er schon genannt worden, viele denken auch, dass er schwul sei. Ist er aber nicht. Er liebt einfach das Fliegen.

„Früher war der Beruf ein typischer Frauenberuf“, sagt Ines Doßmann-Bendlin. Die Ausbilderin steht am Anfang der Schlange und empfängt Bewerber. In Berlin sind bereits 60 von 600 Bewerbern positiv gecastet worden, davon seien gefühlt 30 bis 40 Prozent männlich gewesen. Die Branche wachse, insgesamt habe sich der Beruf gewandelt. Während früher nach einem Langstreckenflug die Flugbegleiterinnen eine Woche in der Sonne lagen, würden jetzt de Kabinencrew höchstens eine Nacht woanders nächtigen.

Eine renommierte Ausbildung

Julia Haeck liebt das Reisen. Die 23-Jährige hat trotz des Kanarenpatzers den Wissenstest mit vier richtigen Antworten bestanden, auf einer Karte Athen zuordnen können und den Englischtest mit Bravour gemeistert. Nun sitzt die Brünette gegenüber von Christine Schneider (Cabin Crew Trainer).

„Das ist mein Traumberuf“, sagt Julia. Kurz entgleisen ihrem Gegenüber alle Züge: „Echt?“, fragt Christine Schneider, sichtbar überrascht. Der Grund: Julia hat bereits eine renommierte Ausbildung: Sie hat Journalismus studiert und war im Job angekommen. Aber sie wollte etwas anderes. „Die Welt ist dein Zuhause“, habe sie auf der Homepage gelesen und zu träumen angefangen. Am Ende des Castings ist die 23-Jährige ihrem Traum näher, sie hat bestanden. Jetzt wartet die achtwöchige Schulung.