Düsseldorf/Barcelona. . Der 40-jährige Fabian Sonnenschein aus Wermelskirchen wollte schon immer Pilot werden. Jetzt fliegt er von Düsseldorf aus für Air Berlin.

Draußen dämmert es langsam, die ersten Fluggäste strömen in die Abflughalle. Diejenigen, die ihre Nacht auf einer der zahllosen Bänke im Flughafen verbracht haben räkeln sich, blicken auf die Uhr und machen sich langsam auf den Weg zum Check-In. Der Düsseldorfer Flughafen erwacht zum Leben. Um 4 Uhr in der früh klingelt der Wecker bei Fabian Sonnenschein im beschaulichen Wermelskirchen. Der 40-jährige Air Berlin-Pilot fliegt heute von Düsseldorf nach Barcelona und wieder zurück. Um 4.30 Uhr springt er ins Auto, eine Stunde später steht Sonnenschein mit seinem Co-Piloten Patrick Redeker im Briefing-Raum und bespricht den anstehenden Flug. Im Anschluss geht’s zur restlichen Crew, die heute aus zwei Frauen und zwei Männern besteht, die sich um die Fluggäste an Bord kümmern werden.

Sonnenschein macht seinem Namen alle Ehre. Der 40-Jährige verbreitet auch schon um halb Sechs beste Laune bei seinem Team, hat immer einen frechen Spruch auf den Lippen und sorgt dafür, dass spätestens nach seiner Begrüßung jeder Fluggast mit einem Grinsen in den Tag startet. „Die Menschen mögen das. Natürlich sollte es erstmal informativ sein, aber ein witziger Spruch nimmt den Menschen die Angst vor dem Fliegen und gibt ihnen ein besseres Gefühl“, erklärt er, während der Airbus A 320 um 6.30 Uhr auf die Startbahn rollt. 177 Fluggäste sitzen in dem Flugzeug, nur rund 15 Minuten später durchbrechen sie die Wolkendecke. Im Cockpit wird es ruhiger, die beiden Piloten lehnen sich etwas zurück. „Dafür sind wir heute Morgen aufgestanden“, schwärmt der 40-Jährige beim Blick auf den Sonnenaufgang.

Schon als kleiner Junge vom Beruf fasziniert

Sonnenschein wollte schon als kleiner Junge Pilot werden. „Ich bin schon früher immer mit meinem Vater zum Flughafen gefahren, weil mich der Job fasziniert hat“, schmunzelt der Air Berlin-Pilot. Der Weg ins Cockpit war allerdings ein steiniger: „Nachdem ich mein Abi fertig hatte, war für mich klar, dass ich mich dran machen muss, meinen Traum zu verwirklichen. Mein Vater riet mir allerdings, mich nicht nur auf den Traum vom Fliegen zu stürzen.“ Sonnenschein machte ein Praktikum beim Optiker, bevor er sich am Einstellungstest bei einer anderen Airline versuchte und scheiterte. „Die Enttäuschung war riesig. Ich hatte seit meiner Kindheit von diesem Job geträumt. Ein Traum, der damit geplatzt war“, erinnert sich der 40-Jährige.

Nach fünf weiteren Monaten beim Optiker und der Erkenntnis, dass sich Träume nicht unterdrücken lassen, ging Sonnenschein zur Bank und nahm einen Kredit für die Flugschule in Mönchengladbach auf. 120 000 Mark kostete die zweijährige Ausbildung. Ein Vermögen. „Ohne den Kredit und die Unterstützung meines Vaters hätte ich das niemals realisieren können“, gibt der Pilot zu. Zwei Jahre später hatte er die Flugausbildung abgeschlossen. Weitere 65 Bewerbungen und eine Kurzanstellung bei einem kleinen Luxus-Privatunternehmen später landete Sonnenschein im Dezember 2002 bei Air Berlin und fühlt sich sichtlich wohl – auch wenn Familie und Freunde manchmal unter seinem Job leiden müssen: „Das Fliegen ist meine Leidenschaft, nimmt mir aber auch viel Freizeit. Wenn andere Leute am Wochenende grillen, fliege ich gerade durch die Gegend. Da kann es schonmal eng werden mit meiner Frau, den zwei Kindern und dem Freundeskreis. Dafür genießt einen die Familie aber auch mehr, wenn man zu Hause ist.“ Alles für einen Job, der jeden Tag eine neue Überraschung parat hat. „Hier ist es eben nicht wie bei Manni in der Würstchenbude, da weiß man was man hat. In meinem Job ist jeden Tag alles möglich, aber das macht ihn auch so besonders“, schmunzelt der 40-Jährige.

So wie heute. Am Boden wurden vier Tonnen zu viel Treibstoff in den A 320 getankt, zu viel um das Landegewicht einzuhalten. Einige hundert Kilo müssen also weg, weswegen Patrick Redeker, der auf dem Hinflug das Heft in der Hand hat, früher das Fahrwerk und die Landeklappen ausfährt, um mehr Sprit zu verbrauchen. „Alles kein Problem“, versichert der 34-Jährige, der seit mittlerweile zehn Jahren für Air Berlin fliegt. Um 8.10 Uhr, keine zwei Stunden nach Abflug, senkt sich die Nase des Airbus, die ersten Konturen Barcelonas sind zu sehen, die Sonne scheint. Redeker landet das Flugzeug ohne ein Ruckeln und bringt es in die passende Parkposition. „Die Hälfte haben wir schonmal geschafft“, freut sich der Pilot der nach der Ankunft in Düsseldorf sofort weiter nach Berlin muss. „Von da geht es morgen weiter. Heute streif ich mir noch das Deutschland-Trikot über und gucke das Spiel, dann geht’s ab ins Bett“, grinst der 34-Jährige, der für den Rückflug Kapitän Sonnenschein das Ruder übergibt.

Keine Zeit für Fehler

Auf der Start- und Landebahn des Flughafens in Barcelona muss dann alles ganz schnell gehen. Die Fluggastbrücke wird an den Airbus geschoben, Männer entladen unter Hochdruck das Gepäck, während die Passagiere das Flugzeug verlassen. Kaum wurde der letzte Fluggast verabschiedet, wirbeln auch schon die Reingungskräfte durch die Sitzreihen. Im Cockpit machen sich die beiden Piloten schon bereit für den Rückflug nach Düsseldorf. 45 Minuten hat die Crew, um das Flugzeug wieder auf Vordermann zu bringen und mit neuen Gästen abzuheben. Zeit für Fehler bleibt da nicht.

Doch genau das passiert allerdings an diesem Tag. Ein Koffer der Crew wurde versehentlich entladen und dreht nun seine Runden auf dem Gepäckband im Flughafen. Der zuständige Flughafen-Mitarbeiter erscheint schweißgebadet und leicht überfordert im Cockpit. Doch auch hier beweist Sonnenschein die nötige Ruhe. Der junge Spanier wird beruhigt und macht sich auf die Suche nach dem Gepäckstück. Das liegt auch einige Minuten später wieder im Gepäckfach, der Platz auf der Startbahn ist dennoch weg.

Jetzt heißt es ganz hinten anstellen. Alle Versuche, eine frühere Startzeit zu bekommen scheitern – über eine Stunde Verzögerung ist die Konsequenz. „Das ist natürlich tierisch ärgerlich aber von sowas darf man sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Da bleibt einem jetzt nur den Fluggästen die Situation zu erklären und sich nicht im Cockpit zu vertecken“, erklärt der 40-Jährige. Und tut genau das. Sonnenschein stellt sich vor die Fluggäste, erklärt die Situation und informiert auch weiter über alle neuen Entwicklungen. Die Gäste honorieren den Aufwand, wütende Gäste sucht man vergebens.

Knapp eineinhalb Stunden nach der geplanen Startzeit rollt Sonnenschein auf die Startbahn, gibt Gas und lässt die Maschine abheben. Für ihn geht es auf schnellstem Weg zu seiner Familie. Sonnenschein-Junior muss zum Friseur, nichts ist an den wenigen freien Tagen wichtiger als das. Schon am nächsten Tag wird er wieder im Flugzeug sitzen. Fünf Tage über den Wolken – dem Sonnenschein entgegen.