Essen.. Verspätungen, Enge, Stolpergefahr: Seit November nerven die neuen S-Bahnen zwischen Mönchengladbach und Dortmund. Eines der Übel ist kaum zu beheben.

"Bitte achten Sie beim Ein- und Aussteigen auf den Höhenunterschied zwischen Zug und Bahnsteigkante": Wer regelmäßig zwischen Mönchengladbach und Dortmund mit der S-Bahn fährt, kann diesen Spruch wahrscheinlich im Schlaf aufsagen. Denn die Bahn hat neue Züge angeschafft, die ein 20 Zentimeter niedriges Ausstiegsniveau haben als die alten.

Viele Bahnsteige wurden dadurch zu Stolperfallen, vor denen gewarnt werden muss, und das werden sie auf Jahre hinaus auch bleiben. Denn die neuen Züge nehmen eine große Veränderung an den Bahnstrecken vorweg. "Wir planen, langfristig alle Bahnsteige abzusenken", sagt Sabine Tkatzik, Sprecherin des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr (VRR). "Der Umbau wird allerdings mehrere Jahre dauern, bei einigen Stationen vielleicht auch eine zweistellige Zahl von Jahren."

Seit November fährt die Bahn auf der Doppellinie S5/S8 von Mönchengladbach über Düsseldorf, Wuppertal und Hagen nach Dortmund mit den neuen Zügen. Die Triebwagen der Baureihe ET 1440 von Alstom wurden vor allem deshalb angeschafft, weil sie schnell sind und Toiletten haben. Der VRR, in dessen Auftrag die Bahn die Strecke bedient, wollte es so. Doch die Kunden klagen über zahlreiche Probleme. Eines davon: die Stolpergefahr. Denn die neuen Züge haben die Türschwellen nur noch 76 Zentimeter über dem Boden. Darüber freuen sich Fahrgäste am Niederrhein und im Bergischen. In Düsseldorf sowie an den Hauptbahnhöfen von Hagen, Wetter und Witten hat man dagegen das Nachsehen: Hier sind die Bahnsteige 96 Zentimeter hoch.

Vor allem von Gehbehinderten hagelte es Protest. In Düsseldorf verabschiedete der Beirat für Menschen mit Behinderung Anfang Februar eine Resolution für die Barrierefreiheit entlang der S5/S8. Die FDP im dortigen Stadtrat ging sogar noch weiter: Sie forderte die Einrichtung eines Begleitdienstes, um zum Beispiel Rollstuhlfahrern das Ein- und Aussteigen zu ermöglichen beziehungsweise zu erleichtern.

Es gibt eine Rampe - doch die muss vom Personal bedient werden

Doch der VRR reagiert verhalten: Ein ständiger Begleitdienst sei "nicht nötig", sagt Verbandssprecherin Tkatzik. Sie verweist auf eine ausklappbare Rampe an der mittleren Tür eines jeden Zuges. Jeder, der die Rampe benötigt, könne das mit einem Knopfdruck mitteilen.

Das Problem: Die Rampe wird entweder von Zugbegleitern bedient, die aber gar nicht auf jedem Zug mitfahren - oder vom Fahrer. Der muss dafür eigens aus dem Führerstand herauskommen. Weitere Verspätungen sind dadurch programmiert. Doch das kann an der S5/S8 eigentlich keiner wollen.

Denn Verspätungen sind das zweite große Problem an der Linie. Die neuen Züge litten oft an Türstörungen, ausgelöst von Salz und Split, den die Bahn im Winter an den Bahnsteigen streute. Außerdem kann die Bahn auch drei Monate nach dem Modellwechsel noch nicht alle 28 Triebwagen einsetzen, die sie bei Alstom bestellt hat. Statt mit jeweils zwei aneinandergekoppelten Triebwagen fährt sie daher oft noch mit einzelnen Wagen. Die Folge: Es ist eng an Bord und das Aussteigen durch die wenigen Türen dauert unverhältnismäßig lange. Es wurden auch schon Fahrgäste einfach stehen gelassen.

"Bei neuen Fahrzeugen ist oft eine Eingewöhnungszeit nötig", sagt VRR-Sprecherin Tkatzik. Doch in diesem Fall ist sie so lang, dass auch der VRR langsam ungeduldig wird. "Wir wünschen uns, dass die Bahn nach über zwei Monaten eine bessere Qualität liefert."