Dinslaken. . Das Traditionswerk ist am 1. April Geschichte. 110 Mitarbeiter wurden entlassen.

Es ist ruhig in der Produktionshalle der MCS Technologies GmbH, die Bänder und Maschinen stehen still, nur irgendwo scheint noch eine Lüftungsmaschine zu laufen – die letzte Schicht ist beendet, das Aus einer Firma, die bereits seit 1897 die Geschicke dieser Stadt mitbestimmt hat. Für die Mitarbeiter, zuletzt 110, kommt das Aus nicht aus heiterem Himmel, dennoch haben wohl alle gehofft, irgendwo im hinteren Winkel ihres Herzens. Noch 80 Mitarbeiter von MCS haben am Gründonnerstag mit einer Frühschicht die 116-jährige Firmengeschichte ausklingen lassen. „Frohe Ostern mit A....tritt“, wünschen sie sich. „Es passt doch zu Karfreitag“, ruft ein anderer. Makaberer Humor und ihr Lachen liegt nahe beim Weinen.

Seit November 2012 ist ihnen klar, das ihr Walzwerk, das 1897 als Erweiterung der August Thyssen Hütte nach Plänen von Julius Kalle gebaut wurde, schließt. Nur 10 bis 15 Prozent der Mitarbeiter haben bereits eine neue Stelle gefunden.

Firma sich selbst überlassen

Die meisten Kollegen, die sich zu einer kleinen Abschieds-„Trauerfeier“ auf dem Parkplatz versammelt haben, konnten noch nicht in einem anderen Job Fuß fassen. Ihren letzten Tag haben sie selbst organisiert, wollten noch einmal ein wenig zusammen feiern, obwohl es „nichts zu feiern gibt“. Ihre Wut hat sich längst verraucht. Dennoch verstehen sie nicht, warum so sang- und klanglos eine Traditionsfirma verschwinden kann. Nicht einmal die Politik vor Ort habe sich um sie gekümmert.

Einen langen Weg hat das Walzwerk hinter sich, 1911 wurde mit der Fertigung von nahtlosen Stahlflaschen begonnen, die übrigens noch bis Gründonnerstag produziert wurden. Aus der ATH Gewerkschaft wurden die Vereinigten Stahlwerke, die Deutschen Röhrenwerke, die Rheinischen Röhrenwerke bis sie schließlich 1970 in die Mannesmann Röhrenwerke AG integriert wurde. 1990 wurde die IWKA Stahlflaschen GmbH aus Homburg/Saar aufgekauft, die Mannesmann Stahlflaschen GmbH gegründet und 1998 in Mannesmann Cylinder Systems (MCS) umbenannt. Doch der Mannesmann Konzern geriet in eine Übernahmeschlacht, die Firma wird an eine Investorengruppe verkauft, der berühmte Anfang vom Ende. Vor allem, so ist unter den Mitarbeitern zu hören, als Iraner die Firma aufkauften. „Die haben hier weder investiert noch wollten sie Geld verdienen. Ihnen ging es nur um das Know-how und die Maschinen.“ Obwohl die Jahre 2006 bis 2008 der Firma noch einmal einen Höhenflug bescherten. Doch die Sanktionen gegen den Iran wurden stärker, die Investoren überließen die Firma sich selbst. Das lange Siechtum einer einstmals gut aufgestellten Firma begann.

Das Durchschnittsalter der Mitarbeiter liegt bei 48 Jahren, manche aber haben die 55 schon überschritten. Die meisten von ihnen seien noch nie in ihrem Leben arbeitslos gewesen, hätten immer bei MCS gearbeitet. Als Ärgernis empfinden sie deshalb auch die monatlichen „positiven“ Zahlen des Arbeitsamtes. „Von uns ist da noch gar keine Rede. Wir sind ja nur arbeitssuchend gemeldet.“ Nicht ein Wort habe man dort über sie bislang verloren.

Aufkaufwünsche ignoriert

Chancen auf dem Arbeitsmarkt sehen sie für sich in der Region eher nicht. „Die meisten ähnlich aufgebauten Firmen haben doch längst ihre Tore dicht gemacht.“ Es fallen deutliche Worte in Richtung Bundespolitik: „Der Ausverkauf unserer Firmen und unseres damit verbundenen Wissens in Richtung Ausland muss endlich aufhören. Wir lösen uns sonst selbst noch auf.“ Denn Aufkaufwünsche aus dem Inland habe es durchaus gegeben. Doch die Iraner mit Geschäftsführer Eshagh Hajizadeh dachten nicht daran zu verkaufen.

Angeblich soll aber jetzt eine Investorengruppe aus Oman und Dubai am Gelände interessiert sein. Für eine „Hightech-Industrie“. Bei der Stadt Dinslaken sei eine derartige Anfrage nicht eingegangen, stellt Pressesprecher Horst Dickhäuser jedoch klar. Für die entlassenen Mitarbeiter spielt das ohnehin keine Rolle.