Dinslaken. EU, Klimaschutz, Nachhaltigkeit: Politiker diskutierten mit Vertretern des Kinder- und Jugendparlaments. Dabei hatten sie einen wichtigen Appell.
„Nutze deine Stimme“ steht auf der Vorderseite eines T-Shirts, das einer der Jugendlichen trägt, auf dem Rücken ist das Datum der Europawahl am 9. Juni zu lesen. Das Kinder- und Jugendparlament der Stadt Dinslaken (KiJuPa) nutzte seine Stimme, um bei einer Podiumsdiskussion mit Politikern, die bei der Europawahl kandidieren, ins Gespräch zu kommen und aktuelle und wichtige Themen zu diskutieren. Zahlreiche Schülerinnen und Schüler stürmten in die Aula der Ernst-Barlach Gesamtschule, einige von ihnen schwenkten kleine EU-Fähnchen aus Papier.
Mehrere Monate haben sich Jonas Overländer, erster Vorsitzender des KiJuPa, und seine erste Stellvertreterin Alexis Wolf auf die Podiumsdiskussion, die von den beiden moderiert wurde, vorbereitet. Eingeladen waren Vertreter der Parteien, die im Dinslakener Stadtrat vertreten sind, und auf der Wahlliste ihrer Partei bei der Europawahl stehen. Die Kandidaten Christian Arndt (Die Linke) und Ben Perdighe (Die Partei) waren ebenso dabei wie die Mitglieder des Europäischen Parlaments Stefan Berger (CDU), Daniel Freund (Die Grünen) und Jens Geier (SPD). Sie standen Rede und Antwort zu Fragen rund um die EU, Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Die Podiumsdiskussion unterteilte sich in unterschiedliche Themenblöcke, die Politiker hatten bei der Beantwortung der Fragen jeweils eine Redezeit von 60 Sekunden – so wie im Europäischen Parlament auch.
Jens Geier (SPD): „Geht euren Abgeordneten auf den Nerv“
Nach einer kurzen Vorstellungsrede ging es zunächst um die Arbeit des Europäischen Parlaments und die Frage, welche Entscheidungen die Fraktionen dort angeschoben haben, die sich auch bei den Menschen hier vor Ort bemerkbar machen. Während Ben Perdighe das Stichwort Transparenz und Christian Arndt und Daniel Freund den Klimawandel nannten, sah Stefan Berger zwei Schwerpunkte für seine Partei: Freiheit und Sicherheit. Jens Geier zählte ein ganz konkretes Beispiel auf: Die Durchsetzung, dass es in der EU nur noch ein Ladekabel geben wird. Auf die Frage, wie Jugendliche die Arbeit des EU-Parlaments beeinflussen können, fanden die Politiker ähnliche Antworten: wählen gehen, sich engagieren und Fragen stellen. „Geht euren Abgeordneten auf den Nerv“, riet Jens Geier und Ben Perdighe weiß aus eigener Erfahrung, dass „man etwas bewegen kann“, wenn man Politik macht.
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Bei den Themen Klimaneutralität erreichen, Verbot von Verbrennerautos und Landwirtschaft gehen die Meinungen jedoch auseinander – gerade bei dem Aspekt, dass ab 2035 keine Autos mit Verbrennermotoren mehr neu zugelassen werden dürfen. Christian Arndt sieht darin einen Schubs für die Konzerne, sich Gedanken zu machen und innovativ zu werden. Stefan Berger hingegen sieht in dem Gesetz eine „große Herausforderung für Unternehmen“, hält es „grundsätzlich falsch, eine Technologie zu verbannen“ und plädiert für eine ökologische Umstellung ohne Zwang. Ben Perdighe geht es vielmehr um den Verkehr an sich, schließlich stünden E-Auto und Verbrenner im selben Stau. Als Beispiel nennt er autofreie Innenstädte und eine fahrradfreundliche Infrastruktur, wie es sie in den Niederlanden gebe. Für Jens Geier stehen Verkehrswende und E-Mobilität in keinem Widerspruch – es brauche beides.
„Europa ist kein abstraktes Thema“
Beim Thema Landwirtschaft ging es vor allem um die Fleischproduktion. Daniel Freund wies darauf hin, dass EU-Agrarsubventionen sich nach der Größe der Fläche richten. Da der Flächenverbrauch mit Tieren sehr groß sei, bekämen auch die Fleischproduzenten die meisten Subventionen. In diesem Punkt könne die EU etwas umstellen, so der Grünen-Politiker, der ebenso zu einer Umstellung des Fleisches von Hähnchen zu Rind rät, weil dadurch weniger Emissionen entstehen. Für Stefan Berger ist das Kaufverhalten der Bürger entscheidend: Wenn weniger billiges Fleisch, dafür aber mehr Bio nachgefragt würde, würde sich die Agrarindustrie von selbst umstellen.
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Auch Ereignisse der jüngsten Vergangenheit wie die Häufung von Übergriffen auf Politiker und der Rechtsruck einiger EU-Länder fanden Eingang in die Podiumsdiskussion und damit auch die Frage, was man für ein friedlicheres gesellschaftliches Klima und einen stärkeren Zusammenhalt tun kann. Politikverdrossenheit (Perdighe) und die Polarisierung in den sozialen Medien (Freund) wurden als mögliche Ursachen genannt. Der Rechtsruck sei ein Zeichen für Frust, so Christian Arndt, die EU könne hier deutlich mehr machen, indem sie etwa Menschen, die in ländlichen Gegenden leben, mehr unterstützt, wenn sie sich engagieren. Daniel Freund appellierte an die Verantwortung aller Demokraten, indem sie nach einer Wahl rechten Parteien eine Absage erteilen: „Wir müssen klar sagen, mit solchen Leute arbeiten wir nicht zusammen.“ Stefan Berger gibt zu bedenken, dass in den betreffenden Ländern das Thema Migration ausschlaggebend gewesen sei für die Wahlergebnisse – ein Thema, das bei der Podiumsdiskussion nicht im Fokus stand. Dies galt auch für die Frage, wie man stärker gegen Extremismus vorgehen wolle und für den Krieg in Israel. Fragen hierzu kamen am Schluss aus dem Plenum.
Trotz Krisen: Politiker machten den Jugendlichen in Dinslaken Mut
Trotz aller Krisen und Konflikte: Die Politiker machten den Jugendlichen Mut, optimistisch in die Zukunft zu blicken. Und wenn es um die Vision geht, wie Europa in zwanzig Jahren aussehen könnte, ist eines herauszuhören: Es geht nur gemeinsam. Daher appellierte auch Jonas Overländer an die Jugendlichen in der Aula – von denen die meisten im Juni wählen dürfen: „Europa ist kein abstraktes Thema. Geht wählen, wir tun das für ein gutes Europa. Nutzt die Chance.“