Dinslaken. Vier Bands aus der Region standen im Vorentscheid für das Line-up des SYLS-Festivals im August. Diese beiden Acts überzeugten Jury und Publikum.

Samstagabend, SYLS-Vorentscheid im ND-Jugendzentrum. Die Spannung steigt – auch bei mir, die ich zum dritten Mal vom Orgateam in die Jury berufen wurde. 29 Bands haben sich um einen Platz im Line-up des Support-Your-Local-Scene-Festivals am Samstag, 24. August, im Burgtheater Dinslaken beworben, vier haben es in die Vorentscheidung geschafft. Eigentlich sind sie damit schon alle Gewinner. Und das macht die Entscheidung, welche beiden Bands im August die große Bühne rocken dürfen, nicht leichter. Aber wer spielt denn nun beim SYLS 2024? Noch bevor der erste Ton gespielt wird, bohre ich bei Martin Baumann vom Orga-Team nach. Klar, zwei der fünf Bands werden das Publikum im ND-Jugendzentrum und wir von der Jury bestimmen – Jan Recht ist ebenfalls zum dritten Mal dabei, komplettiert wird unser Trio in diesem Jahr von Marvin Kinkel (Doom Crusher).

Top-Act könnte Dinslaken zur Station einer Welttournee machen

Aber wer sind die anderen Bands, wer ist der Top-Act? Martin lächelt geheimnisvoll und verrät dann einen echten Hammer: „Der Vertrag ist noch nicht unterschrieben, aber ich habe fest zugesagt: Rage“. Die Herner Metal-Legenden feiern in diesem Jahr ihr 40-Jähriges mit einer Welttour von Kanada bis Japan. Aber während der Din-Tage hatten sie (noch) frei! Zum SYLS werden sie dann voraussichtlich Assassin mitbringen, mit denen sie auch auf der Tour unterwegs sind.

Doch das ist alles noch etwas Zukunftsmusik, an diesem Samstagabend zählen die vier Bands, die sich dem Voting stellen. Die Reihenfolge, in der Luxx, Voracious, Antiplug und Broken Blessing auftreten, wurde nicht durchs Los entschieden, sondern von der Geschicklichkeit der Bandmitglieder an der Dartscheibe. Und von den Gegebenheiten. Zur Show von Luxx gehören vier Leuchtstelen am Bühnenrand, deren Farbwechsel von einem eigenen Lichttechniker gesteuert werden. Der musste früher weg und so eröffneten die Dinslakener den Abend.

Luxx machen deutschsprachige Popmusik. Aber in die melodiösen Refrains mischen sich rockige Klänge: Erst vor einer Woche ist Niklas als neuer Gitarrist eingestiegen, lernte sämtliche Luxx-Titel in Rekordzeit. Der Rest der Band revanchierte sich bei der vom Publikum geforderten Zugabe: Luxx spielte ein Stück von Niklas, das er für sein Soloprojekt als E-Gitarrist und Sänger CStrat geschrieben hat – und von dem man sicherlich auch noch viel hören wird.

Die Seele ist das wertvollste Gut, das ihr habt.
Mirco, Sänger der Death Metal Band Voracious, - thematisierte auf der Bühne auch das Thema mentale Gesundheit.

Und nun zu etwas ganz Anderem... Vier Bands traten im Contest an und ihre stilistische Unterschiedlichkeit hätte nicht größer sein können. Schon beim ersten Ton des Soundchecks von Voracious empfielt es sich dringend, die Ohrstöpsel wieder aus der Tasche zu holen. „Ruhrpott Violence“ ist der Slogan der Death Metaller aus Duisburg und Essen, die in Sterkrade proben. Ihr Stil puristisch, geprägt vor allem durch Tempowechsel, die den Druck- und Schallwellen von der Bühne etwas Wogendes geben. Ein Hingucker ist Bassist Mika als Sensenmann, denn genau das ist das Styling seines Basses. Es sind Antiplug, die Voracious im Laufe des Abends sehr treffend charakterisieren sollen: „Fünf sehr sympathische Jungs – nur auf der Bühne etwas wütend“. Wobei der „Todesmetall“-Sänger Mirco die empathischste Ansage des Abends bringt: „Die Seele ist das wertvollste Gut, das ihr habt – und wir haben nur ein Leben!“

Antiplug, die als Nächstes dran sind, bringen fast alles mit, um beim Contest aufzufallen: technisches Können, einen originellen Mix aus viel Punk und etwas Rockabilly sowie als Dritten im Bunde von Sänger Jörg und Louie an den Drums Brian Bones, der mit seinem dicken, schwarzen Kontrabass mächtig Gas gibt und um keine witzige Ansage verlegen ist. Gratis-CDS haben sie mitgebracht, aber im Gegensatz zu den anderen Bands weniger Fans – und die Publikumsstimmen zählen zum Schuss zu 50 Prozent.

Broken Blessing und Voracious im August auf der großen SYLS-Bühne

Da sieht es bei Broken Blessing aus Oberhausen ganz anders aus. Fans, Follower, Freunde: Sie sind da und unterstützen die Jungs in den Flammen-Shirts lautstark. Nun ist der Alternativrock mit hörbarer Verneigung vor Nirvana in den Gitarren gerade auch bei den Jüngeren im Live-Publikum wieder stark angesagt: Qualität altert nicht. Und dann ziehen Broken Blessing einen weiteren Trumpf aus dem Ärmel: Sie holen Falk Flüß von GRAY! auf die Bühne, damit dieser mit seinen Growls den Sound bereichert.

Und dann kommt der bittersüße Moment, an dem ich an der Seite von Martin Baumann das Endergebnis aus Jury- und Publikumsvoting verkünde. Bitter, weil man zwei Bands, die schon so weit gekommen sind, nicht nennen wird, süß, weil man weil, wie groß die Freude bei den anderen beiden und ihren Fans sein wird. Der Jubel für Broken Blessing ist ohrenbetäubend, Voracious sind geradezu gerührt. Wenn mit den Top-Acts alles klappt, werden für sie beim SYLS-Festival Jugendträume in Erfüllung gehen.