Dinslaken. Der Bahnhof verwahrlost zunehmend. Die Stadt ärgert sich über Vandalismus, Geschäfte klagen über mehr Junkies. Warum nichts passiert.

Der Dinslakener Bahnhof ist seit Jahren alles andere als repräsentativ. Doch nun scheinen sich die Probleme dort zu verschärfen. Die Stadtverwaltung beklagt zunehmenden Vandalismus. Ständig würde im Bereich des Bahnhofsgebäudes und des Bahnhofsumfelds etwas „kaputtgeschmissen“, wie Alexandro Hugenberg, Leiter der Stabsstelle Stadtentwicklung, am Montagabend im Ausschuss für Mobilität und Verkehr sagt. Die Beschäftigten der Geschäfte im Bahnhofsgebäude selbst bestätigen das. Es gebe aber noch ein viel größeres Problem: Am Bahnhof würden sich immer mehr Junkies aufhalten

Die Angelegenheit Eingangstüren hat die Deutsche Bahn, der das Bahnhofsgebäude gehört, schon vor Jahren aufgegeben. Nachdem die Scheiben der Glastüren ständig kaputt waren, wurden einfach die Türen in Gänze entfernt. Über Zugluft kann sich ohnehin niemand beklagen – die Aufenthaltsqualität des Dinslakener Bahnhofs liegt im Minusbereich. „Willkommen in Dinslaken – mein Einkaufsbahnhof“ höhnt ein Plakat im Durchgang zu den Gleisen – und als wäre das nicht schon absurd genug, zeigt das Bild nicht etwa den Bahnhof, sondern die Wassermühle in Hiesfeld.

Fäkalien im Aufzug, Müll im Gebäude

Einkaufen kann man tatsächlich im Bahnhof: Es gibt seit vielen Jahren einen gut sortierten Zeitschriftenladen und den DB-Store mit Snacks und Getränken. Jedes Wochenende quelle der Bahnhof über vor Müll, sagen die Damen in dem Zeitschriftenladen, die ihren Namen lieber nicht in der Zeitung veröffentlicht haben wollen. Oftmals seien es Jugendliche, die hier ihren Unrat fallen lassen. Die Scheiben der Snackautomaten seien oftmals beschädigt von Aufbruchsversuchen – aktuell ist der Automat am Gleis betroffen. Mitunter würden sogar Leute ihre Notdurft im Bahnhof verrichten, sodass Fäkalien im Gebäude oder im Aufzug liegen. Ein Obdachloser, der quasi im Bahnhof wohne, räume manchmal die Hinterlassenschaften der Bahnkunden weg. Die Bahn selbst reinige das Gebäude an den Wochenenden nicht. Die Frauen haben den Eindruck, dass der Zustand des Bahnhofs den Zuständigen mittlerweile egal ist.

Zuletzt habe mal wieder jemand den ganzen Bahnhof mit Farbspray beschmiert, sagt die Pächterin des DB-Stores – auch draußen, an den Wartehäuschen, sind die Schmierereien noch zu finden. Dazu kämen die Junkies. Die Anzahl derjenigen, die „Bleche rauchen“ – also Heroin konsumieren – habe am Bahnhof zugenommen, sagt sie. Das sei nicht nur für diejenigen, die dort arbeiten, unangenehm, sondern auch nicht gut für die Kundschaft. Ein Beitrag auf Facebook bestätigt das: Am Bahnhof sei es ihr zu „unsicher“ geworden, schreibt eine Frau dort, sie kaufe lieber woanders.

Drogenabhängige auf dem Boden der Toiletten

Immer wieder würden Drogenabhängige auf dem Boden der städtischen Toiletten neben dem Bahnhofsgebäude liegen, berichten auch die Frauen aus dem Zeitschriftenladen. Andere Bahnkunden würden sich dann nicht auf die Toiletten trauen und wollen die Toilette der Zeitschriftenhandlung nutzen. Das sei im übrigen auch an den Wochenenden so: Denn dann seien die städtischen Toiletten, die laut Schild täglich von 8 bis 20 Uhr geöffnet sind, geschlossen. Für einen Bahnhof untragbar, finden die Händlerinnen.

Der Aufzug wird gerade wieder einmal repariert. Eine neue Tür lehnt verpackt an der Wand und macht Hoffnung, dass der Fahrstuhl zumindest für ein paar Tage wieder läuft. Lange, so die Prognose der Frau im DB-Store, werde das aber nicht anhalten.

Die Reparatur der Türen hat die Bahn am Bahnhof Dinslaken schon lange aufgegeben.
Die Reparatur der Türen hat die Bahn am Bahnhof Dinslaken schon lange aufgegeben. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Auch die Stadtverwaltung ist genervt. Der Zustand des Bahnhofs sei „relativ schwierig“, sagt Alexandro Hugenberg, Leiter der Stabsstelle Stadtentwicklung. Der Aufzug werde immer wieder beschädigt, im Bahnhof selbst „alles kaputtgeschmissen“, auch Wartehäuschen von Bushaltestellen würden immer wieder „kaputtgeschlagen“, beklagt Hugenberg. Für ihn „nicht nachvollziehbar“. Den Schaden hätten die Nutzer des ÖPNV, die dann im Regen stünden.

Auch die Bürgermeisterin ließ schon aufräumen

„Vandalismus im ÖPNV ist wirklich ein Problem“, sagt Hugenberg. Es habe schon mehrere Versuche gemeinsam mit der Bahn gegeben, des Problems Herr zu werden. Auch habe die Bürgermeisterin in der Vergangenheit schon persönlich dafür gesorgt, dass das Bahnhofsumfeld hergerichtet werde. „Trotzdem kommen wir nicht auf einen grünen Zweig,“ so Hugenberg.

Das Problem: Die Stadt ist nicht nur für den Zustand des Bahnhofsgebäudes nicht zuständig, sie hat offiziell auch gar kein Zugriffsrecht. Der Bahnhof selbst gehört der Bahn, auf dem Gelände herrscht Eisenbahnrecht. Das Ganze sei „außerordentlich unbefriedigend“, findet Hugenberg. Die Stadt weist auf die 3S-Meldestelle am Bahnhof hin. Das 3S stehe für Service, Sauberkeit und Sicherheit. Probleme damit könne man vom Gleis aus an die Leitstelle melden. Die Zentrale sei telefonisch über die Nummer 0203/30171055 erreichbar.

Das sagt die Polizei

Dass am Bahnhof Drogen konsumiert und verkauft werden, ist der Polizei bekannt. Das sei in Dinslaken wie an jedem Bahnhof der Fall. Von einer Zunahme sei aber nichts bekannt, sagt Peter Reuters, Sprecher der Kreispolizei Wesel.

Die NRZ hat die Deutsche Bahn um eine Stellungnahme gebeten. Diese steht noch aus.