Voerde. Die Voerder Autorin Sabine Friemond hat mit „Hitzewelle“ ihren fünften Krimi geschrieben. Darum geht es in ihrem neuesten Roman.
Es wird weiter gemordet in Voerde, dieses Mal im kleinen, beschaulichen Mehrum. Nun gut, der Ort hat etwas über 430 Einwohner, davon sind 245 im Schützenverein. „Ganz Mehrum ist also bewaffnet“, meint André Drüten von der Gilde Mehrum schmunzelnd. Allerdings wurde das alte Ehepaar nicht erschossen, sondern erhängt aufgefunden – von der Nachbarin Sabine Sommer. Fügen die Mehrumer noch eine Jahreszeit hinzu, dann finden sie auch die Person, die dahinter steckt. Obwohl Autorin Sabine Friemond vermerkt, auch wenn der geneigte Leser die eine oder andere Person als real existierenden Menschen zu erkennen glaubt, „sind alle Geschehnisse und privaten Verflechtungen absolut frei erfunden“. Stimmt sicherlich – dennoch macht es ja gerade darum so viel Spaß, die Kriminalromane zu lesen, weil man die Protagonisten kennt.
Doch zum Krimi: Die erhängten Leichen eines alten Ehepaares werden gefunden. War es ein Freitod? Es scheint nicht so, die Ermittlungen ergeben ein anderes Bild. Und so müssen Maria Skalecki, die sich gerade erst ein neues Zuhause in Mehrum einrichtet, und Freddie sowie die ganze Voerder Polizeitruppe mal wieder ran. Verdächtige finden die Polizisten sofort genug – da wären die drei adoptierten, inzwischen erwachsenen Kinder des alten Ehepaares, die noch am Tag des Todes der Eltern in Mehrum waren. Selbst die Mehrumer Gilde gerät ins Fadenkreuz der Polizei. Und da sind noch zwei rätselhafte Ukrainer, die ebenfalls in Mehrum gesehen wurden und sich nach dem Ehepaar erkundigten.
Sabine Friemond streut vermeintliche Nebensächlichkeiten ein
Vor allem, warum konnte niemand das alte Ehepaar leiden? Welche Rolle spielt dabei die Vergangenheit? Wie in Agatha Christies berühmtem „Orientexpress“ strickt Sabine Friemond an ihrer Story, streut vermeintliche Nebensächlichkeiten ein, die später zur Lösung des Falles beitragen. Aufpassen sollte der Leser, die Leserin bei diesem clever konstruierten Roman, der durch ausgeklügelte Plots besticht. Dabei stört es gar nicht, dass Friemond in der Zeit springt, manchmal im Jahr 1944 landet, mal zur Zeit des Todes, mal fünf Tage später während der Ermittlungen den Faden weiter spinnt.
Die Ermittlungen gestalten sich nicht einfach. Da ist die Gemengelage von Nachbarschaftsstreitigkeiten, die so nach und nach ans Tageslicht kommt. Und da ist die Angst einiger Polizisten, die aus Mehrum stammen und einen Riss in der Bevölkerung fürchten. Zum Schmunzeln ist es, wenn die Gilde verkündet, eine ihrer Aufgaben sei es, beim Sterben zu helfen. Wen wundert‘s, wenn Skalecki da irritiert aufhorcht. „Nein, natürlich hilft die Gilde nicht beim Sterben“, stellt Heiko Herbstsommer, Vorstand der Gilde, klar, „sondern sammelt Gelder, um den Hinterbliebenen ein wenig zu helfen.“
Autorin wurde durch viele tatkräftig unterstützt
Heiko Herbstsommer, Bernd Hüser, Bert Seuken und Andre Drüten haben Sabine Friemond tatkräftig bei ihren Recherchen unterstützt. Markus Gehling, Marlies Wellmer, Peter Laumen und Birgitt Seydell haben vieles beigesteuert. Sie durfte die Autorin auch namentlich im Buch erwähnen, die anderen sind ein wenig verschleiert. Doch wer erkennt nicht Willi Hüser in Willi Ritter, Henno Sommer in Heiko Herbstsommer – ja sogar die NRZ wird zwar nicht namentlich genannt, aber dafür ein Fabian Kurzwald aus Mehrum, Redakteur einer lokalen Tageszeitung, der aber nicht für den Voerder Bereich zuständig ist.
In diesem fünften Buch verknüpft Sabine Friemond wieder die Vergangenheit mit der Gegenwart, hier geht es speziell um die Zwangsarbeiter in Voerde und den Umgang mit ihnen, der bis in die Jetztzeit mitschwingt. Denn da sind Mateusz und Sofija, deren Schicksal bis heute nachhallt. Lässt eine kollektive Schuld die Mehrumer verstummen?
Als schließlich eine dritte Leiche im Keller des alten Ehepaares gefunden wird, glaubt man, es handele sich um die 1944 vermisste Sofija. Doch nein, sie ist es nicht. Aber endlich bricht ein altes Mehrumer Urgestein sein Schweigen, finden Skalecki und Freddie den roten Faden. Doch es ist Christin Erlenbeck, die evangelische Pfarrerin, die zwar in diesem Roman keine Hauptrolle spielt, dafür aber am Ende das Geschehen mit ihrem ganz eigenen Gespür für das Geheime, tief Vergrabene auflöst.