Voerde. Das Bild des Waldes an der Dinslakener Straße ist stark verändert. Aus Sicherheitsgründen mussten Bäume weichen. Was am Rand nun wachsen soll.
Mitte September hatte das Regionalforstamt Niederrhein „umfangreiche Fällarbeiten“ entlang der Dinslakener Straße im Voerder Wohnungswald angekündigt – das Ausmaß zeigt sich jetzt: Der bis unmittelbar an den beidseitigen Fahrradweg angrenzende dichte Baumbestand ist in weiten Teilen auf einem mehrere Meter breiten Streifen entfernt worden. Das Gesamtbild hat sich massiv verändert, mit „Kahlschlag“ dürften nicht wenige das Ergebnis der Fällarbeiten beschreiben, die das Regionalforstamt mit dem Erfordernis der Verkehrssicherung begründet.
Der Eindruck kommt nicht von ungefähr: Etwa 550 bis 600 Laubbäume mussten beidseits der Dinslakener Straße am Ende weichen – darunter teilweise Eichen, aber im Schwerpunkt auch Ahorne, Buchen oder Eschen, wie Georg Wülfing, beim Regionalforstamt Niederrhein Revierleiter des Forstbetriebsbezirks Rheinaue, erklärt. Hintergrund: Der Baumbestand, dessen Kronen und Äste direkt über der stark befahrenen Kreisstraße wuchsen, seien „massiv geschädigt“ gewesen.
Zum einen hätten bereits vollständig abgestorbene Bäume und zum anderen habe „der große Totast-Anteil in den Baumkronen“ ein Risiko für die Verkehrsteilnehmer dargestellt. Darüber hinaus verwies das Regionalforstamt darauf, dass junge Bäume zunehmend in Richtung Straße gewachsen seien – wodurch vor allem das Lichtraumprofil der Radwege beeinträchtigt werde.
Trockenheit und Hitze zollen auch im Wald ihren Tribut. Hinzu kommen weitere negative Einflussfaktoren wie Insekten oder Pilze, erläutert Wülfing. Die Altersspanne der Bäume, die weichen mussten, ist groß. Sie reiche von fünf bis 160 Jahre. Alle 18 Monate – abwechselnd im Sommer im belaubten und im Winter im nicht belaubten Zustand – erfolgen Kontrollen von Bäumen auf deren Stand- und Bruchsicherheit: im Wohnungswald zuletzt im Februar dieses Jahres.
Auch nach den Fällungen allein stehende Bäume wurden, weil danach windanfällig, aus Sicherheitsgründen entfernt. Im Wald bestehe stets auch eine „unkalkulierbare Gefahr“, weil vorhandene Schäden nicht immer erkennbar seien. Nahezu 99 Prozent der jetzt entfernten Bäume wurden gefällt, die Baumstümpfe sind im Boden verblieben. Andere seien in ein paar Metern Höhe gekappt worden, und zwar so, dass sie „nicht auf die Straße fallen können“. Sie sind zum Teil erhalten geblieben, weil sie mit ihren Höhlen, Tieren ein Zuhause bieten.
Zwischen Verkehrsraum und Waldbestand soll etwas Neues entstehen
Die Verkehrssicherheit aufrechtzuerhalten, war nach Angaben des Regionalforstamtes ein Ziel der Fällungen. Außerdem soll zwischen dem Verkehrsraum und dem heutigen Baumbestand etwas Neues entstehen. Die Rede ist von einem „artenreichen Waldrand“. Der sei dort „bisher kaum ausgeprägt“. Vorgesehen ist, Sträucher an der Stelle zu pflanzen: Weißdorn, Schwarzdorn, Pfaffenhütchen oder Haselsträucher etwa. Die ermöglichen es einerseits, dass „mehr Licht auf den Boden“ fällt. Andererseits böten sie „noch einmal einen anderen Lebensraum“ als ein reiner Waldbestand – für verschiedene Singvogelarten, Schmetterlinge und Insekten generell, wie Georg Wülfing erklärt. Hier und da stünden im Wohnungswald entlang der Dinslakener Straße bereits einige Sträucher.
Innerhalb von zwei Jahren muss die Fläche wiederaufgeforstet werden. Dieser Pflicht soll durch die Schaffung des artenreichen Waldrandes nachgekommen werden. Das Holz werde zum großen Teil als Bauholz verwertet und geht etwa in die Möbelproduktion, erklärt Wülfing.
>>Info: Hintergrund
Mit seinem Wegenetz wird der Wohnungswald, der zu Voerde gehört, gerne von Wanderern, Erholungssuchenden oder Freizeitsportlern aus der Umgebung genutzt. Viele Jahrzehnte lang war das Kleinod, dessen Name sich vom Wasserschloss Haus Wohnung ableitet, im Besitz der Steag. Der Essener Energiekonzern war bis zur Stilllegung im Frühjahr 2017 Betreiber des an der Frankfurter Straße gelegenen Steinkohlekraftwerks.
Ende 2020 schließlich verkaufte die Steag das 200 Hektar große Waldstück an das Land NRW. Begründung: Die Bewirtschaftung eines Waldes mit Naherholungsfunktion gehöre nicht zu den Kerngeschäftsfeldern eines Energieunternehmens.