Dinslaken. Das junge Publikum kehrt zum Syls-Festival zurück ins Dinslakener Burgtheater - und feiert die „altgedienten“ Helden. Aber es gab auch Kritik.

Fast am Ende des Gigs strahlte Martin Baumann dann doch noch über beide Backen: „Das war fast wie vor 15 Jahren“. Ende der 2000er Jahre, als die Dinslakener Jugendlichen das Motto des SYLS Festivals „Support your local scene“ wortwörtlich nahmen und Tausende an zwei Abenden die zahlreichen Dinslakener Bands unterstützten, die einmal im Jahr die Gelegenheit bekamen, das Burgtheater zu rocken.

Durch die Folgen der Coronapandemie muss sich die ganz junge Dinslakener Szene erst wieder aufbauen – dass es da hoffnungsvolle Entwicklungen gibt, zeigte der Band Contest des KulturAnders-Festivals vor 14 Ragen.

Einfach mal die Sau rauslassen

Und dass das Publikum in Dinslaken immer noch wie ein Wand dahinter steht, wenn Lokalmatadoren wie Trust God Simon Samstagsabend bei den Din-Tagen das Burgtheater rocken, das erlebte man jetzt beim SYLS. Ob „lecker Bierchen“ oder die hier nicht zitierbaren Trinksprüche zwischen Sänger Mundi und dem Publikum. „Klappt doch“ stellte Mundi nach fast jedem Song zufrieden fest. Während Martin es mit netteren Kommentaren versuchte. „Nennt mich Kuschelhase“. Das funktionierte auch, aber die deftigen Sprüche kamen besser an - das ist es, was das Publikum zur fortgeschrittenen Stunde möchte. Samstagabend, Din-Tage und dann im Burgtheater einfach mal etwas die Sau rauslassen. Selbst Kinder enterten zum Schluss die Bühne und tanzten – zusammen mit ihren Eltern, die mit Trust God Simon aufwuchsen.

„Hansestadt ohne Hanse“

Die Bier-und-Spaß-Punker hatten sich natürlich auch für diesen SYLS-Auftritt wieder etwas besonderes einfallen lassen, auch wenn der Plan nicht so ganz aufgegangen ist. Zum Schunkellied über die „Hansestadt ohne Hanse“ Dinslaken kamen Trust God Simon in Matrosenanzügen auf die Bühne, nur Mundi sah im schwarzen Shirt und Schiebermütze „normal“ aus.

Des Rätsels Lösung: Trust God Simon wollten eigentlich den Shanty Chor Hiesfeld, der wie die Band „total nett und trinkfreudig“ ist, bei einem Stück mit auf der Bühne haben. Aber die derben Punksongs passten dann doch beim besten Willen nicht musikalisch zu den deutschlandweit gefragten Dinslakener Seebären. Den „la-la-la“ Mitsing-Chor im Stück über den Musiker, der in einer so miesen Band singt, dass er sich den ganzen Tag betrinkt, bestritten acht Sängerinnen und Sänger aus dem Umfeld von SYLS und Band.

Mehr als Punk

Voll waren nicht nur die Protagonisten in den Songs, sondern auch das Burgtheater. Und es füllte sich am Samstag schon zu früher Stunde. Bereits der Opener Chasing Dreams aus Dorsten – zusammen mit Caratucay Gewinner des SYLS-Vorentscheids, freuten sich über die vielen, die sich vom melodischen Post-Hardcore der Band und der Power von Frontfrau Kim Wiesweg begeistern ließen.

Das SYLS ist traditionell Punk-dominiert, aber das muss nicht so sein. Caratucay aus Duisburg und Dinslaken bedankten sich zwar artig, dass das Publikum während ihres Gigs geblieben ist , aber warum sollte es gehen? Wenn Death Metal derart gekonnt in eine Dramaturgie eingebunden ist, in der ebenso Raum für magische Melodien, atmosphärische Gitarren und virtuose Beherrschung der Instrumente, lohnt es sich auf jeden Fall, hinzuhören.

Und Punk gab es schließlich auch genug: Neben Trust God Simon sorgten Detlef aus Krefeld auf Vermittlung von Dinslakener Fans und einmal mehr Pöbel & Gesocks, die bewährten Headliner des SYLS 2019, für Stimmung insbesondere vor der Bühne.

Kritik an Rahmenbedingungen

Ein Wermutstropfen im erfolgreichen SYLS 2023 ist es, dass Martin Baumann als Mitglied des ehrenamtlichen SYLS-Orgateams immer das Gefühl hat, dass das SYLS innerhalb der Din-Tage einen schwereren Stand hat als andere Programmpunkte.

Finanziell unterstützt von der Stadt und durchgeführt in Kooperation mit der Din-Event wunderte sich das SYLS-Team über Auflagen und Probleme bei der Bewerbung. So stand auch im korrigierten Din-Tage-Flyer noch eine falsche Anfangszeit. Und während am Altmarkt bis 23 Uhr live gespielt werden durfte, sollte beim SYLS um 22 Uhr Schluss sein. Das dies dann am Samstag nicht der Fall war, konnte man als deutliches Zeichen gegen Ungleichbehandlung verstehen.