Dinslaken. Schafe gelten als die besten Deichpfleger. Doch auf dem Emscherdeich waren sie seit Längerem nicht im Einsatz. Ein Schäfer sieht das kritisch.
„Wie konnte es dazu kommen, dass bei einem Hochwasser, das eigentlich beherrschbar sein müsste, ein solcher Schaden entsteht?“ Dieser Frage, die NRW-Umweltminister bereits am Tag des Deichabbruchs an der Emscher gestellt hat, geht die Emschergenossenschaft weiterhin nach – bislang ohne Ergebnis. Sicher ist: An der Emscher in Dinslaken wurde nach den starken Regenfällen mit 5,80 Metern der höchste Pegel jemals gemessen. Dennoch war der Minister sicher: Der Deich, der auf einer Länge von 300 Metern abgebrochen ist, hätte halten müssen. Was also war diesmal anders als in den vielen Jahrzehnten zuvor?
Etwas, das sich in den vergangenen Jahren offenbar geändert hat, ist die Pflege des Deiches – sagt Maik Dünow, Berufsschäfer aus Wesel und Vorsitzender der Schafhalter im Kreis Wesel. Seine Schafe mähen im Auftrag des Deichverbands unter anderem den Rheindeich in Voerde. Weil sie nicht nur die Grasnarbe kurz halten, sondern mit ihren kleinen Hufen und dem optimalen Körperdruck auch den Deich festtreten und stabilisieren, gelten Schafe als die besten Deichpfleger.
Baustelle versperrt Zugang für Schafherden
Dünow und seine Kollegen hätten früher Aufträge bekommen, damit ihre Schafe auch den Emscherdeich beweiden. Seit geraumer Zeit sind die wolligen Deichpfleger aber dort kaum noch zu sehen. Seit Einrichtung der Baustelle für die Erstellung der neuen Emschermündung komme er mit seinen Schafen aus Richtung Voerde nicht mehr auf den Deich, erklärt Dünow – einfach, weil der Bereich abgesperrt sei. Es gebe auch keine Aufträge zur Beweidung des Emscherdeichs mehr – sondern nur noch Weidegenehmigungen.
Der Deich werde statt dessen maschinell gemäht – beziehungsweise gemulcht, denn der Rasenschnitt bleibe liegen und biete Wühlmäusen Schutz, so Dünow. Schafe hingegen würden keinen Mulch liegenlassen – damit hätten Greifvögel freie Sicht auf eventuelle Wühlmäuse.
Was sich aus Sicht der Schäfer ändern müsste
Zuletzt habe es wieder Gespräche mit der Emschergenossenschaft zum Thema Beweidung gegeben. Dafür müsste sich aber – abgesehen von der Zugänglichkeit des Deiches – noch mehr ändern, so Dünow. Der breite Radweg sei ein Problem – etwa, weil dort gerne Fahrradfahrer mit Hunden unterwegs seien. Zudem sei wenig Platz für Schafe – erst recht, um diese auf dem Deich übernachten zu lassen. „Ich gehe ja nicht jeden Tag mit den Tieren zurück nach Wesel“, so Dünow. Allerdings müsste er die Tiere gegen den Wolf sichern – und dafür seien ganz andere – höhere, schwerere und elektrifizierte – Zäune vonnöten, als früher. Die ließen sich nicht mal eben auf dem Deich aufbauen, so Dünow. „Ich weiß nicht, ob das bei dem Deichabbruch eine Rolle gespielt hat – aber am Rhein und an der Nordsee vertraut man auf die altbewährte Beweidung durch Schafe“, sagt der Schäfer. Bei der Oderflut 1997, so ergänzt er, hätten die Stellen des Deiches, die von Schafen beweidet worden seien, am längsten gehalten.
Das sagt die Emschergenossenschaft
„In der Tat haben wir aktuell eine Baustellensituation, die den Zugang erschwert. Nach Beendigung der Baumaßnahmen werden wir uns sicherlich noch einmal mit der Beweidung befassen,“ erklärt Ilias Abawi, Sprecher der Emschergenossenschaft am Mittwoch auf Anfrage der NRZ.