Dinslaken. Lasse Lohmann startet im August beim Malerbetrieb Neumann seine Ausbildung. Auf diesem ungewöhnlichen Weg fanden Azubi und Betrieb zueinander.
Wenn am 1. August das neue Ausbildungsjahr beginnt, weiß Lasse Lohmann schon, was er an diesem Tag machen wird: Der 16-Jährige startet dann beim Malerbetrieb Neumann im Gewerbegebiet Süd seine Ausbildung zum Maler und Lackierer. Und er weiß auch schon, was und wer ihn im Betrieb erwarten wird, denn Lasse kennt seinen Ausbilder und zukünftigen Vorgesetzten Alexander Neumann bereits. Vor einem Jahr haben sich der Maler- und Lackierermeister und Juniorchef des Familienbetriebs und der Jugendliche kennengelernt.
Damals hatte Lasses Mutter in den Sozialen Medien in einer Dinslaken-Gruppe gefragt, ob es möglich wäre, dass ihr Sohn sich mal ein paar Tage einen handwerklichen Betrieb ansehen könnte. Ein Bekannter von Alexander Neumann hat die Nachricht gelesen und ihm davon erzählt. Der Juniorchef war dafür offen – und schickte Lasses Mutter noch während seines Urlaubs eine Zusage. In den Sommerferien war Lasse für zwei Schnuppertage in der Firma. Alles habe gut geklappt, erinnert sich Alexander Neumann, daher hat er Lasse auch angeboten, sich zu melden, wenn das Schulpraktikum ansteht. „Man muss junge Leute auch für das Handwerk begeistern“, findet der Juniorchef.
„Handwerk muss man auch erleben“
Vor dem Praktikum hat Lasse sich überlegt, was er machen möchte, und da es ihn interessiert hat, was man auf einer Baustelle macht, hat er auch sein Schulpraktikum im vergangenen Oktober bei Neumann absolviert. In der ersten Woche war der 16-Jährige mit auf Baustellen unterwegs, durfte selbst schon Streicharbeiten an Fassaden und im Innenraum ausführen. In der zweiten Woche hat er an einem eigenen Werkstück gearbeitet, das heißt, er hat eine MDF-Platte mit Spachtelmasse versehen. Dadurch sind verschiedene Strukturen entstanden und Lasse hat ausprobiert, wie das Zusammenspiel dieser Oberfläche mit Farben ist. „Handwerk muss man auch erleben“, erklärt Alexander Neumann, man müsse ein Gefühl dafür bekommen, wie sich die Werkzeuge und das Spachteln anfühlen.
Lasse Lohmann ist der zweite Azubi, der nach einem Praktikum eine Ausbildung im Familienbetrieb Neumann beginnt. Ein anderer Auszubildender wurde während Corona nach einem virtuellen Bewerbungsgespräch eingestellt. Man müsse sich die modernen Medien zunutze machen, findet Alexander Neumann, der das Problem Nachwuchsmangel proaktiv angeht und mit seiner Firma auch in den Sozialen Medien aktiv ist – etwa mit Videos, die zeigen, wie man eine Wand streicht, damit man sich etwas darunter vorstellen kann. „Den Vorher-Nachher-Vergleich hat man in keinem anderen Beruf so wie bei uns“, wirbt Alexander Neumann für das Handwerk, dem seiner Meinung nach zu wenig Wertschätzung entgegengebracht werde.
Vorfreude auf den 1. August
Lasse ist jedenfalls gerne auf der Baustelle, erzählt er und das Streichen gefällt ihm gut, auch wenn nach dem ersten Tag die Hände wehtaten. Sein Vater Holger Lohmann hat sich gefreut und es sei „eine Last vom Herzen gefallen“, als feststand, dass sein Sohn den Ausbildungsplatz hat. Er rechnet ihm auch hoch an, dass Lasse dieses Jahr in der ersten Osterferienwoche noch einmal von sich aus bei Neumann im Betrieb war. Bei diesem Engagement ist es nicht verwunderlich, wenn Lasse sagt: „Ich freue mich auf den ersten August.“
So viele Lehrstellen sind noch frei im Kreis Wesel
Im Kreis Wesel gibt es aktuell (Stand: Ende Mai) noch 1.513 offene Ausbildungsstellen. In der Geschäftsstelle Dinslaken des Arbeitsamtes sind es 337. Die Liste der Berufe, in denen es kreisweit noch die meisten offenen Ausbildungsstellen gibt, führt der/die Verkäufer/in mit 168 an.
Darauf folgen Kaufmann/-frau im Einzelhandel mit 115 offenen Ausbildungsstellen, Kaufmann/-frau – Büromanagement mit 86, Kfz-Mechatroniker/in Pkw-Technik mit 44, Zahnmedizinische/r Fachangestellte/r mit 44, Medizinische/r Fachangestellte/r mit 42, Fachkraft – Lagerlogistik mit 41, Fachverkäufer/in Lebensmittelhandwerk Bäckerei mit 39, Koch/Köchin mit 35 und Handelsfachwirt/in (Ausbildung) mit 34.
Grundsätzlich gibt es nach Angaben des Arbeitsamtes in nahezu allen Branchen noch freie Stellen, allerdings nicht immer in jedem Ort, sodass Flexibilität gefragt sei.