Dinslaken. Cholerische Anfälle, weinende Mitarbeitende: Viele Beschäftigte der Stadtverwaltung erkundigen sich bei Verdi nach Versetzungsmöglichkeiten.
Dass eine Fraktion beantragt, der Personalrat der Stadtverwaltung möge in nichtöffentlicher Ratssitzung über die aktuelle Situation der städtischen Beschäftigten sprechen und die Stadtverordneten über Arbeitsklima, Arbeitsbelastung, Arbeitsplatzzufriedenheit und Beschwerdeaufkommen innerhalb des Personals der Stadtverwaltung informieren – das ist eher ungewöhnlich. Die SPD hat – wie berichtet – einen solchen Antrag für die Ratssitzung am 21. März gestellt. Es gebe immer wieder Hinweise auf Überlastung und Unzufriedenheit mit dem Arbeitsumfeld, sowie darin begründete langfristige Krankschreibungen und Kündigungen, so die Begründung. Der Ruf der Stadt Dinslaken als Arbeitgeberin habe gelitten. Markus Renner, Gewerkschaftssekretär des Verdi-Bezirks Duisburg-Niederrhein, bestätigt das im Gespräch mit der NRZ: In letzter Zeit gebe es zahlreiche Anfragen von Mitgliedern, die sich versetzen lassen wollen.
In der Quantität hätten sich die Anfragen aus den Reihen der Stadtverwaltung an die Gewerkschaft nicht geändert – allerdings in der Qualität, so der Gewerkschaftssekretär. Gehe es sonst in der Regel um Fragen der Eingruppierung und Ähnliches, wollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Beamtinnen und Beamte, die zum Teil unter Tränen anriefen, jetzt vor allem eines: weg aus Dinslaken.
Auch der NRZ liegen Informationen vor, nach denen das Arbeitsklima im Rathaus, vor allem der Umgang mit der Bürgermeisterin selbst, problematisch sei. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würden sich über „ständige cholerische Anfälle“ beklagen. Beschäftigte, untere wie obere Ränge, würden angeschrien, Mitarbeitende würden beschuldigt, Fehler begangen zu haben, für die die Bürgermeisterin selber verantwortlich sei. Viele Beschäftigte der rund 1000-köpfigen Verwaltung hätten „Angst“ vor ihrer Chefin. Personal aus ihrem Umfeld würde sich möglichst wegbewerben. Auch seien Mitarbeitende verärgert, weil die Bürgermeisterin sich in der Öffentlichkeit als einzige darstelle, die arbeite, während die Beschäftigten der Stadtverwaltung „auf dem Zahnfleisch“ gingen.
Keine Zeit für Gewerkschaftssekretär
Gewerkschaftssekretär Markus Renner würde das eine oder andere Problem gerne mit der Dinslakener Bürgermeisterin besprechen: „Aber ich habe bisher keinen Termin bei ihr bekommen.“ Eine Terminvereinbarung habe es in den knapp zweieinhalb Jahren seit Amtsantritt von Michaela Eislöffel gegeben, der Termin sei aber einen Tag vorher aus dem Rathaus abgesagt worden. Ein Nachfolgetermin sei nie zustande gekommen. „Wenn ich den Duisburger Oberbürgermeister Sören Link oder sein Büro anrufe, habe ich innerhalb von zwei bis drei Tagen einen Termin. Dass Frau Eislöffel nicht für nötig hält, dem Gewerkschaftssekretär einen Termin zu geben, finde ich bemerkenswert“, so Renner.
Auf Einladung des Personalrats habe er an einer Personalratssitzung teilgenommen und Michaela Eislöffel bei der Gelegenheit um einen Termin gebeten, so Renner. „Sie hat vor versammelter Mannschaft gesagt, ‘da habe ich keine Zeit für’“, so der Gewerkschaftssekretär, der mit Michaela Eislöffels Vorgänger Michael Heidinger nach eigener Aussage derartige Probleme nie hatte.
Während es aus der Politik den Vorschlag gibt, die Bürgermeisterin während des Austauschs mit dem Personalrat in der Ratssitzung des Raumes zu verweisen, damit dieser nicht eingeschüchtert werde und frei reden könne, hat die Stadtverwaltung der SPD mitgeteilt, dass der Antrag zur Ratssitzung am 21. März gar nicht erst nicht zugelassen werde. Dieser sei „leider verfristet“ eingegangen – einen Tag zu spät.
SPD: Mitarbeitenden helfen
Simon Panke, Co-Vorsitzender des SPD-Standverbandes, bezeichnet die Vorwürfe als „erschreckend“, aber sie „passen zu unseren Informationen“. Die SPD-Fraktion habe „schließlich nicht ohne Grund“ beantragt, den Personalrat „schnellstmöglich“ in den Rat einzuladen. „Und auch unsere Anfrage zur Zahl der Personalabgänge in den vergangenen Jahren, aufgeschlüsselt nach Gründen, kam nicht von ungefähr. Wir hören und sehen nämlich sehr deutlich die Unzufriedenheit vieler Beschäftigter in der Verwaltung“, so Simon Panke.
„Als Sozialdemokraten haben wir immer den Anspruch, dass die städtischen Beschäftigten sich wohlfühlen können und gute Arbeitsbedingungen vorfinden. Ganz schlicht und einfach gesagt: Dass respektvoll und anständig mit ihnen umgegangen wird.“ Auch werde die SPD nicht stehenlassen, „dass die Bürgermeisterin sich die Krankenstände schönrechnen möchte. Es geht so nicht weiter“, so Panke. Die SPD erwarte, dass die Stadt „eine gute und am besten sogar vorbildliche Arbeitgeberin ist, von schlechten Arbeitgebern gibt es schon mehr als genug“.
Stattdessen sei aus „Verwaltungen in der Umgebung deutlich und immer öfter“ zu hören, „dass sich dort rumgesprochen habe, man solle sich besser nicht bei der Stadt Dinslaken bewerben. Das ist ein Standortnachteil im Wettbewerb um fähige Bewerberinnen und Bewerber, der die Zukunftsfähigkeit der Verwaltung und somit unserer Stadt bedroht“, so der SPD-Co-Vorsitzende.
Die SPD-Ratsfraktion werde den Antrag zur Einladung des Personalrates aufrecht erhalten, auch wenn es im ersten Anlauf nicht geklappt habe. „Und wir suchen nach Lösungen, wie wir den Mitarbeitenden helfen können.“