Dinslaken. Von Träumen, Tölpeln und Landeiern: Tobias Reinartz und Anna Conni moderierten einen gut besuchten Poetry Slam im Dachstudio.

Karneval und überall nur jecke Tön’? Von wegen. Ein überaus gut besuchtes Dachstudio war am Freitagabend der Beweis, dass das Publikum in Dinslaken auch gerne Worten lauscht, die wohl gesetzt von Liebe und Verlust, von Selbstfindung und Selbstetikettierung, vom Umgang mit Krankheit und Tod und von den eigenen Träumen und Sehnsüchten erzählen.

Sechs Poetry-Slammerinnen und Slammer stellten sich der Punktevergabe des Publikums. Aber wie immer in der von Tobias Reinartz und Anna Conni moderierten Reihe lagen die Ergebnisse eng beieinander. Angesichts der Unterschiedlichkeit der vorgetragenen Texte ist eine Wertung ohnehin schwierig und eigentlich auch nebensächlich.

Eine Gewinnerin gab es jedoch dann doch und dies war Anna-Lisa aus Wermelskirchen. Ob sie als „Landei“ über den Wert der Heimat rappte oder in bewegenden Worten ein „Liebesgedicht“ an ihren verstorbenen und zuvor lange an Demenz erkrankten Opa richtete. Mit ihrer düsteren Geschichte, wie die Menschheit, nachdem sie zu Frieden und Klimaneutralität gefunden hat, doch noch ausgerottet wird, weil sie Künstlicher Intelligenz die Entscheidungsgewalt über die Erde gibt, setzte sie sich im Finale gegen Acho und Oscar durch.

Pointe auf Pointe

Bis dahin führte Acho. Jahrgang 1961 und damit der Älteste im Teilnehmerfeld. Und genau das war das Thema seines ersten Textes. „Tach, ich bin der demografische Wandel“, stellte er sich vor, dann hagelte es Pointe auf Pointe. Wann weiß man, dass man alt wird? „Wenn man auf einer Party nachts um zwei Uhr auf die Uhr guckt, und es ist erst zehn“. Wann weiß man, dass man zu viel zugenommen hat? „Wenn man gerne wieder so dünn wäre wie damals, als man gemeint hat, man sei zu dick.“ Und so ging es den Abend weiter, als er die Pannen und Pleiten des zweitgrößten Tölpels der Welt schilderte („wenn du mit deiner Cousine in eine Disko gehst und die Leute fragen euch, sag nie, eure Eltern seien Geschwister“) und als er schließlich im Finale verriet, wie er mit der Mutter seiner Tochter zusammen kam. Das Lachen im Saal während seiner drei Vorträge hätte eigentlich in den Applausometer zum Schluss mit eingerechnet werden müssen.

Mit ernstem Hintergrund

Oscar machte den dritten Platz des Abends. Begann er zunächst mit einem Dank an seinen Vater, der als 20-jähriger aus Polen nach Deutschland kam, um mit viel handwerklichem Geschick seiner Familie eine Existenz aufzubauen, sprach Oscar in seinen nächsten beiden Texten sensibel über Epilepsie und humorvoll, aber doch mit ernstem Hintergrund über das schwierige Thema Hämorriden.

Zum ersten Mal lasen Lena und Julia bei einem Poetry Slam. Die beiden jungen Mädchen setzen sich in ihren Texten über ihre Ziele, Wünsche und Vorstellungen über ihren Platz in der Welt auseinander, über das weiße Papier und den Mut, vor Publikum zu treten.

Die zweite Julia im Bunde wechselte Perspektiven. „Paula“ schreibt sich ihre Selbstetikettierungen auf die Haut, und als missgünstige „Büro-Tusse“ trat Julia ganz schön mutig bewusst in einer extrem unsympathischen Rolle auf, um das Publikum zu überzeugen.

Im Mai gibt es wieder einen Poetry Slam

Der nächste Poetry Slam mit Tobias Reinartz und Anna Conni findet am Freitag, 19. Mai, 19.30 Uhr im Dachstudio Dinslaken statt. Auch wenn die beiden sich am vergangenen Freitag spontan überlegten, einen griffigeren Titel für die Reihe zu entwickeln: Das Konzept bleibt das bekannte. Sechs Poetry-Slammerinnen und Slammer erhalten in zwei Vorrunden jeweils maximal sechs Minuten Zeit, einen selbstverfassten Text vorzutragen. Wer es ins Finale schafft und schließlich gewinnt, entscheidet das Publikum.

Wichtig ist: Das Teilnehmerfeld steht jedem offen. Wer auch einmal selbst geschriebene Texte vor Publikum vortragen möchte, kann sich entweder an den Fachdienst Kultur wenden oder direkt Tobias Reinartz, https://www.facebook.com/tobiasreinartzslam/ kontaktieren.