Dinslaken. Statt elf Millionen Euro Miese macht Dinslaken 2021 sogar 3,4 Millionen Euro Plus. Warum die Aussichten dennoch alles andere als rosig sind.
Ein Plus von 3,4 Millionen Euro statt der eingeplanten 11 Millionen Euro Minus – das ist die Bilanz des Haushaltsjahres 2021 der Stadt Dinslaken. Allerdings ist die Haushaltslage weit weniger positiv als dieses Ergebnis vermuten lässt. Denn die Kommunen dürfen aufgrund des Corona Isolations Gesetzes die Belastungen aus der Corona-Pandemie separat ausweisen und über einen langen Zeitraum abschreiben. Ohne diese Möglichkeit stünde im Haushaltsjahr 2021 unter dem Strich kein Plus – sondern ein Minus von 2,4 Millionen. Auch das Haushaltsjahr 2020 hätte nicht mit einem Minus von 5,1 Millionen sondern mit einem noch höheren Defizit von 8,3 Millionen Euro abgeschlossen.
Das kostet die Corona-Pandemie die Stadt
Insgesamt 9,1 Millionen Euro hat die Pandemie die Stadt Dinslaken in den beiden Jahren des Doppelhaushalts gekostet – 3,2 Millionen Euro im Jahr 2020, 5,9 Millionen Euro im Jahr 2021. So gingen der Stadt im Jahr 2021 coronabedingt etwa Einnahmen in Form von Vergnügungssteuern oder aus dem Gemeindeanteil der Einkommenssteuer in Höhe von 3,5 Millionen Euro durch die Lappen, auch fehlten Einnahmen aus Park- und Sondernutzungsgebühren sowie durch den Verzicht auf Beiträgen für den Offenen Ganztag und Kita-Gebühren in Höhe von einer Million Euro.
Auch „Knöllchen“ konnten nicht so zahlreich verteilt werden wie erhofft: die „Ertragsausfälle aufgrund verminderter Bußgelder“ bedeuteten ein Minus von 194.000 Euro. Auf der anderen Seite musste die Stadt unter anderem für Klimatechnik, Schulausstattung, die technische Ausstattung von Heimarbeit und die Gremiensitzungen an der Trabrennbahn 753.000 Euro zahlen, für erzieherische Hilfen und Förderprogramme in Schulen/Kitas 822.000 Euro sowie 132.000 Euro für Masken, Schnelltests, Hygieneartikel etc.
Die Kommunen können diese ausgewiesenen Pandemiekosten ab 2025 längstens über 50 Jahre abschreiben. Somit diene das Corona Isolations Gesetz nur „kurzfristig der Erhaltung kommunaler Handlungsfähigkeit“, so die Stadtverwaltung. „Eine grundsätzliche Entlastung“ werde damit „nicht geschaffen“, künftige Haushaltsjahre damit „belastet“.
Unerwartete Einnahmen
Der Haushalt 2021 wurde im Rahmen eines Doppelhaushaltes 2020/21 geplant und nicht durch Nachtrag angepasst, so die Stadt. Die Planzahlen für das Jahr 2021 seien bereits im Jahr 2019 abgeschätzt worden, „aktuelle Entwicklungen sowie gesetzliche Neuregelungen und deren finanzielle Auswirkungen“ konnten nicht berücksichtigt werden. „Aufgrund dessen kommt es teilweise große Abweichungen zwischen Haushaltsplanung und Haushaltsrechnung“, heißt es in der Jahresrechnung.
Eine positive Abweichung gegenüber dem Haushaltsplan gab es etwa im Bereich „Kostenerstattungen und Kostenumlagen“: So habe der Kreis Wesel etwa die Gebührenrechnungen für den Rettungsdienst „über einige Jahre nicht final abgerechnet“: 2021 wurden die geplanten Erträge um mehr als 1,5 Millionen Euro überschritten. 4,3 Millionen mehr als erwartet ergaben sich aus einer „Auflösung einer Wertberichtigung im Bereich der Steuerforderungen“. Eine Gewerbesteuerforderung für ein umsatzstarkes Unternehmen „unterlag bis zum Jahr 2021 der Aussetzung der Vollziehung“, so die Stadt. Der Trend bei den Gewerbesteuereinnahmen ist zuletzt positiv: 2021 waren es 26,9 Millionen Euro.
Das sind künftige Risiken
Die 3,4 Millionen Euro werden der Allgemeinen Rücklage zugeführt. Diese ist seit 2009 von 326 Millionen Euro auf nun 273 Millionen Euro zusammengeschmolzen. Auch die Zukunftsaussichten sind nicht rosig: Durch die Entwicklung der Inflation und die „noch nicht abschätzbaren Auswirkungen des Russland-Ukraine-Konflikts“ sei mit steigenden Aufwendungen zu rechnen, so die Stadtverwaltung. Insbesondere die weiterhin steigenden Energiekosten „werden sich unmittelbar negativ auf den städtischen Haushalt auswirken.“ Daraus könnten sich, wie es heißt, aber auch mittelbare Auswirkungen ergeben: Aufgrund der Energiekrise könnten die Gewinnausschüttungen der Stadtwerke, die einen Großteil der städtischen Einnahmen ausmachen, „in Zukunft geringer ausfallen und somit ein Teil der städtischen Erträge wegbrechen“, heißt es in dem Jahresbericht. Auch seien „im Zusammenhang mit einer weiter steigenden Inflation auch Besoldungserhöhungen und Tarifsteigerungen zu erwarten, welche dann zu erhöhten Personalaufwendungen führen“ würden.
Ein „gewisses Risiko“ berge auch die Entwicklung des Zinsniveaus: Die Zinsbelastungen waren zuletzt sehr gering – doch „schon jetzt zeichnet sich eine deutliche Zinssteigerung ab und wirkt sich bereits bei den Kreditaufnahmen im Jahr 2022 negativ aus.“ Bei weiter steigenden Zinsen „werden die Ergebnishaushalte der Zukunft spürbar belastet werden,“ so die Stadt. Ein noch nicht rechtskräftiges Urteil des Oberverwaltungsgerichtes NRW könnte zudem zu Ertragsminderungen bei den Gebühren führen.
Das sagt die Örtliche Rechnungsprüfung
Die absehbaren Entwicklungen beinhalten „eindeutig mehr Risiken als Chancen für die zukünftige Haushaltswirtschaft“, rät die Örtliche Rechnungsprüfung in ihrem Bericht zum Haushaltsjahr 2020 (der zu 2021 steht noch aus). Um die „Leistungsfähigkeit der Dinslakener Finanzwirtschaft zu erhalten, bzw. wiederzuerlangen, erscheinen Konsolidierungsmaßnahmen dringend geboten.„Als Ziel einer dauerhaften Haushaltskonsolidierung sollte daher nicht nur der laufende Ausgleich angestrebt werden, sondern auch die städtische Verschuldungsrate verringert werden.“ Auch der Haushaltsplan für 2022 sieht ein Defizit von elf Millionen Euro vor.
Der frühere Kämmerer Dr. Thomas Palotz, der für den Doppelhaushalt 2020/21 und den Haushaltsplan 2022 noch verantwortlich war, hatte eine „realistischere Haushaltsführung“ angekündigt, bevor er als Planungsdezernent nach Oberhausen gewechselt ist. Dies wird von der Örtlichen Rechnungsprüfung „als Maßnahme bewertet, die zur Verbesserung der Haushaltssteuerung beiträgt. Gleichwohl ergibt sich durch eine realistischere Haushaltsplanung noch kein Konsolidierungseffekt. Dieser tritt nur dann ein, wenn es zu Aufwands-/Auszahlungsreduzierungen, bzw. Ertrags-/Einzahlungsverbesserungen kommt.“
>>So geht es weiter
Dinslakens neuer Kämmerer Achim Thomae will den Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2023 in der Ratssitzung am Dienstag, 17. Januar, 17 Uhr, Kathrin-Türks-Halle, einbringen. Weitere Punkte der Sitzung: der Bericht über die überörtliche Prüfung der Gemeindeprüfungsanstalt, die Kostendarstellung der Kathrin-Türks-Halle und ein Antrag von SPD, CDU und UBV zum Thema „Wirtschaftspläne 2023“.