Hünxe. In der Kirche St. Albertus Magnus in Hünxe setzte der Gemischte Chor Bucholtwelmen gemeinsam mit anderen Chören ein Zeichen der Hoffnung.

Neustart Kultur in St. Albertus Magnus Bruckhausen. Als Chordirektor ADC Hans Dieter Rohde hier im Februar 2020 sein goldenes Chorleiterjubiläum feierte und die Kirchenbänke nicht für den Ansturm des Publikums reichten, ahnte keiner, dass das Festkonzert mit dem Gemischten Chor Bucholtwelmen, dem Kammerchor „Sorelle bel Canto“, dem Quartettverein Hiesfeld 1932 und dem MGV „Eintracht Voerde 1884“ das letzte große gemeinsame Singen für fast drei Jahre sein wird. Zwar war es klar, dass sich die beiden traditionsreichen Männerchöre auflösen – es zeichnete sich allerdings auch schon ab, dass die verbleibenden Sänger etwas Neues auf die Beine stellen würden.

Dass aufgrund einer Pandemie das Singen im Chor für absehbare Zeit verboten würde – so etwas war undenkbar. Doch es traf ein und deshalb war es umso schöner, dass am Freitag genau an diesem Ort, der Albertus-Magnus-Kirche in Hünxe-Bruckhausen, Hans Dieter Rohde mit seinem treuen Stamm von Sängerinnen und Sängern mit einem Adventskonzert ein Zeichen der Hoffnung setzte. Auf Frieden, auf Besinnung, aber auch den Fortbestand gemeinsamen Singens.

Aktive dürfen nach Corona wieder „Feuer und Flamme“ sein

Wie 2020 begrüßte Pfarrer Johannes Werges die Konzertbesucher, „die Freunde guter Musik“, wie er betonte. Und er würdigte die Sängerinnen und Sänger als Ehrenamtliche. Ehrenamtliches Engagement, das solche musikalischen Gemeinschaftserlebnisse möglich macht, das in vielen Probenstunden unter Beweis gestellt werde und das Musik zur „Herzerwärmung“ schenke. Werges spielte dabei auch auf die Kirche an, in der die nun vorgeschriebene Temperatursenkung eingehalten wurde. Wieder eine Einschränkung, aber immerhin dürfen die Aktiven wieder „Feuer und Flamme“ sein.

Und das waren sie, auch wenn Hans Dieter Rohde wegen der aktuellen Grippe-Welle auf Stützen im Bass und bei den „Sorelle bel Canto“ verzichten musste. Die Sänger der beiden ehemaligen Männerchöre haben sich zu „Cari cantandi“ zusammengeschlossen, im Konzert am Freitag schlossen sich ihnen die Sänger des Gemischten Chors Bucholtwelmen an. Im Gegenzug sangen „Cari cantandi“ und die „Sorelle bel canto“ beim Gemischten Chor mit: eine Singgemeinschaft, die ein gemeinsames abendfüllendes Programm einstudiert hat und dabei ihren Mitgliedern die Möglichkeit gab, auch alleine gehört zu werden.

Abendlieder und Lieder der Hoffnung in der Dunkelheit

Denn die „gute Musik“, die Pfarrer Werges in seiner Begrüßung erwähnte, ist – und wird – bei Hans Dieter Rohde Programm. Das Thema: Ganz dem Hier und Jetzt verbunden. Abendlieder, Lieder der Hoffnung in der Dunkelheit, Weihnachten, der Klang der Glocken, Besinnlichkeit und auch ein Streben nach den Sternen (Beethovens „Hymne an die Nacht“).

Die Liedfolge war dabei so klug ausgewählt, dass nicht nur der große Bogen vom „Abend am Niederrhein“ bis zum Erblühen der „Rose zur Weihnachtszeit“ unter Eis und Schnee (Robert Stoltz) gespannt wurde, die Stücke bauten teils im Detail aufeinander auf: Die letzte Textzeile von Schuberts Vertonung des „Abendfrieden“, „wie schön, o Gott, ist deine Welt“, findet in der ersten Zeile von „Im Abendrot“ desselben Komponisten mit „Wie schön ist deine Welt“ ihr Echo.

Schubert, Beethoven. Carl Maria von Weber und Mozart. Der „Abendchor“, mit dem der Gemischte Chor Opernfülle verbreitet, stammt aus dem „Nachtlager von Granada“ des Komponisten Conradin Kreutzer (1780 - 1849).

Chöre sangen überwiegend a capella

In die klassisch-romantische Liedauswahl, die im Kontraste setzenden klanglichen Wechsel von Männerchor, Frauen-Kammerchor und Gemischtem Chor überwiegend a capella gesungen wurde, mischten sich weihnachtliche Chorstücke: Hermann Sonnets „Weihnachtsglocken“ mit ihrem Zitat von „Stille Nacht“, aber auch „Mariä Wiegenlied“ von Max Reger.

Ein Kunstlied, in dem man nicht einfach nur das Schaukeln der Wiege im Rhythmus hört: sie steigt durch anspruchsvoll zu singende harmonische Wendungen quasi zum Himmel auf und wieder zur Erde hinab. Und ganz nebenbei zitiert Reger im Klavierpart (Marco Rohde) noch „Joseph lieber Joseph mein“. Die „Sorelle bel Canto“ singen dieses Stück mit ihren hellen, klaren, geschulten Stimmen.

Das besungene Licht des Friedens war Menschen in der Ukraine gewidmet

Es folgt Schuberts „Ave Maria“ mit dem Sopransolo von Tanja Müller. Ob die „Sorelle“ mit ihren filigranen Chorsätzen oder „Cari cantandi“ mit den dynamischen Abstufungen – Rohde lässt die Stimmen so weit wie möglich a capella wirken. Und wenn Marco Rohde am Klavier begleitet, so hat der instrumentale Part auch immer einen eigenen, musikalisch relevanten Wert.

Sie hätten ganz von vorne beginnen müssen, sagt Rohde über die lange Zwangspause. Dass er mit seinen Chören jetzt, 2022, zurück ist, zeigte sich nicht allein durch die Textauswahl – das besungene Licht des Friedens war im Programmheft ausdrücklich den Menschen in der Ukraine gewidmet –, es zeigte sich auch in der Einbeziehung des Publikums.

Der Interaktivität kam in allen Arten von Live-Konzerten 2022 eine besondere Bedeutung zu. So auch am Freitag. „Macht hoch die Tür“, „Es ist ein Ros entsprungen“, „Fröhliche Weihnacht überall“ und „Tochter Zion“ zu Marco Rohdes Orgelbegleitung waren als auflockernde „Mitmach-Stücke“ platziert.

Da wirkte das traditionelle gemeinsame „O du fröhliche“ zum Schluss fast wie eine spontan improvisierte Zugabe nach dem Schlussapplaus des Publikums.

>>> Spritzgebäck – wie das von Oma

Geschichten zur Auflockerung eines Konzertes zu erzählen, läge ihm eigentlich nicht, erklärte Marco Rohde. Aber er kam der Bitte seiner Mutter – die als Sängerin im Gemischten Chor Bucholtwelmen mit auf der Bühne stand – mit einer Anekdote nach, die ein Niederrhein-Kabarettist nicht schöner hätte erfinden können.

Im Coronajahr 2020 wollte Marco Rohde die proben- und auftrittsfreie Adventszeit nutzen, sich am Backen von Spritzgebäck zu versuchen. So, wie das Oma immer machte. Aber die konnte er nicht mehr fragen und Mutter erklärte: „Ich weiß auch nicht, wie es geht – das hat ja immer Oma gemacht.“

Aber sie hatte einen Tipp. Die Nachbarin mache das ganze Jahr über immer so leckeres Spritzgebäck, er solle da mal nachfragen. Gesagt, getan: die Nachbarin stellte ihm die Kiste mit dem Fleischwolf, Backförmchen und einem alten vergilbten Blatt Papier zur Verfügung. Zutaten, Zubereitung, geschrieben in einer Schrift, die noch Schnörkel aus dem Sütterlin erkenne ließ. „Und das soll funktionieren“, seufzte Rohde. „Natürlich“, antwortete die Nachbarin. „So habe ich das Rezept vor 45 Jahren bekommen: von Deiner Oma!“