Dinslaken. Die Dinslakener Burghofbühne feierte eine gelungene Premiere mit Henner Kallmeyers Gespensterkrimi „Geisterjäger Schattenschneider kehrt zurück“.

An der Burghofbühne Dinslaken wurde am Freitag der Gespensterkrimi „Geisterjäger Schattenschneider kehrt zurück“ von Henner Kallmeyer uraufgeführt. Für Menschen ab 8 Jahren ohne Altersbeschränkung nach oben, die sich von kindgerechten Geschichten voller Anspielungen auf Filme und Erzählungen für die erwachsenen Begleitpersonen packen lassen. Für die Märchenaffinen, die die Magie des Schattentheaters verzaubert. Und für diejenigen, die ein besonderes Faible für grantige „Sherlock“-Typen und deren treue Freunde haben sowie von Horrorklassikern des ausgehenden 20. Jahrhunderts besessen sind.

Hondo P. Schattenreiter (Tom Gerngroß) hat die Geisterjagd an den Nagel gehängt. Lieber sitzt der Mann, der unendlich viele Abenteuer als „Allein-Reiter“ bestanden hat, strickend im Schaukelstuhl. Unbemerkt von seiner Umgebung, während ihn Gerüchte bienenzüchtend in Südengland oder herum irrend in den Pariser Katakomben wähnen. Letzteres, fiktives, Abenteuer erlebt das Publikum im Tenterhof als poetisches Schattentheater im Fensterrahmen des kleinen Häuschens, in das sich der legendäre Held zurückgezogen hat: Jahrhunderte alte Theater-Magie, die Regisseurin Franziska von Knoblauch auf zauberhafte Weise einsetzt, um Rückblenden oder Spekulationen zu illustrieren und sie dennoch außerhalb der eigentlichen Bühnenrealität zu belassen.

Schattenreiter strickend im Schaukelstuhl. Das geht solange gut, bis er von einem quirligen jungen Ding heimgesucht wird, das die Veranlagung hat, ihm ebenbürtig zu sein. Emmy (Oleksandra Zapolska) heißt dieses Wesen, das sich weder von seiner abweisenden, schroffen Art noch von seinem zur Abschreckung an die Tür gestellten „Schädelfreund“ verscheuchen lässt, ihn verbal mit den eigenen Waffen schlägt und ihm derart die Sinne vernebelt, dass er nicht einmal merkt, dass dieser „Uggelatz“, dieser unverschämte Lausejunge, der bei ihm in die Geisterjägerlehre gehen möchte, in Wirklichkeit ein Mädchen ist. Wo der traumatisierte Schattenschneider doch alles Weibliche verabscheut.

Aber Emmy, die von Zapolska mit überschäumender Spielfreude, clever, witzig und ein wenig koboldhaft gespielt wird, kennt die Psychologie der grantigen Männer vom Schlage Sherlock Holmes oder John Wayne (Gerhard Kappelhoff lässt die Westerngitarre aus dem Off erklingen) und weiß, dass diese es nur nicht zugeben, wie sehr sie sich nach Freundschaft sehnen.

Emmy bringt Schattenschneiders Unordnung in Unordnung

Emmy zieht ins alte Häuschen ein, bringt Schattenschneiders Unordnung in Unordnung und steht bald vor ihrem größten Abenteuer. Denn seit seinen eigenen Lehrtagen ist die weiße Gräfin die größte Feindin des Geisterjägers. Sie tötete einst seinen Lehrmeister und nun soll er selbst an der Reihe sein...Staubsauger-Konstruktionen wie bei den Ghostbusters, Nebel aus dem Wasserhahn wie bei John Carpenter, „Exorzisten“-Szenen, wie sie zuletzt Sam Raimi für die Scarlet Witch im „Multiverse of Madness“ zitiert hat.

Franziska von Knoblauch lässt zu den schauerlichen Theremin-Klängen von Gerhard Kappelhoff nichts aus und gibt vor allem Oleksandra Zapolska die Möglichkeit, schauspielerisch aus dem Vollen zu schöpfen.

Dabei bleibt das Ganze stets ein liebevoller Spaß, eine Gespenstergeschichte voller Menschlichkeit, die Kaminfeuerbehaglichkeit verbreitet. Zum Schluss wünscht man sich, dass der Titel „Schattenreiter kehrt zurück“ wahr sei und dies wirklich die Original-Story einer Serie sei.

Das liegt aber ganz in der Hand der Zuschauer. Im Programmzettel findet man den Scherenschnitt des Geisterjägers: den Schattenschneider zum Schattenschneiden. Das Abenteuer kann also weitergehen. Im Schattentheater, dessen Magie es der eigenen Phantasie ermöglicht, was Geistern verwehrt ist: Schatten zu werfen.

Sehr langer Applaus für eine kurzweilige Theaterstunde.

>>Hintergrund

Die Inszenierung von Franziska von Knoblauch war eine Uraufführung, unter den Premierengästen im Studio des Tenterhofs befand sich der Autor des Stückes Henner Kallmeyer.

Dieser zeigte sich nach der Vorstellung sichtlich angetan von der Umsetzung seines Stücks als Hybrid zwischen Personentheater und Schattentheater: „toll gespielt und sehr poetisch“. Für seinen „Hondo P. Schattenschneider“ standen übrigens gleich drei „grantelige alte Männer“ Pate: Sherlock Holmes, John Wayne in seiner Rolle in „True Grit“ und: Kallmeyers Schwiegervater. Deshalb verwendete Kallmeyer nicht nur Zitate der erstgenannten, sondern baute auch den norddeutschen Dialektbegriff ein, den der Schwiegervater selbst schon von seinem Lehrer aufgeschnappt hat: „Uggelatz“.