Voerde. Initiative „Emmelsum-Biotop-Retten“ stand vor und während der Ratssitzung gegen geplanten Logistikpark im Hafen ein. Auch Landwirte-Protest.
Einen großen Raum bei der Stadtratssitzung nahm ein Thema ein, das gar nicht auf der Tagesordnung stand: der geplante Logistikpark im Hafen Emmelsum. Doch nicht nur wer die Sitzung besuchte, wurde Dienstagnachmittag darauf aufmerksam gemacht: Vor der Sitzung versammelten sich rund 20 Menschen der Initiative „Emmelsum-Biotop-Retten“ auf dem Rathausplatz, um gegen den geplanten Logistikpark zu protestieren, der bekanntlich auf einem 18 Hektar großen Areal errichtet werden könnte. Und: Auch einige beteiligte Landwirte fuhren mit ihren Treckern auf dem Rathausplatz vor, um die Wichtigkeit des Gebietes für die Landwirtschaft zu unterstreichen.
Unterschriften und Kommentare
Die Mitglieder der Initiative haben in den vergangenen Woche knapp 2300 Unterschriften gegen den Logistikpark gesammelt. Diese übergaben Günter Ladda, Vorsitzender der BIG Spellen, sowie Johannes Hansen von „Emmelsum bleibt“ Bürgermeister Dirk Haarmann im Rahmen der Einwohnerfragestunde. Hansen verteilte außerdem eine Sammlung an Kommentaren von Anwohnern an die Vertreter der Fraktionen im Rat.
„Wir protestieren, dass das Projekt umgesetzt wird, vor allem, weil dadurch ein vollkommen intaktes Biotop geopfert werden muss und zerstört wird“, erklärte Günter Ladda. Christian Brünninghoff, Bürger aus Ork und Mitglied der BIG Spellen, stellte die Frage, wie der Rat damit umgehe, wenn Beschlusslagen miteinander kollidieren würden. Den Beschluss des Klimanotstandes habe der Rat ebenso wie einen Bebauungsplan für ein 750 Meter langes Gebäude in dem Biotop getroffen. „Das ist zumindest für uns ein Widerspruch, auch wenn die Fläche nicht als Naturschutzgebiet ausgewiesen ist, aber sie ist es ja de facto, von daher fände ich es ganz spannend, wie sie das auflösen“, fragte er.
Die Erste Beigeordnete Nicole Johann antwortete: „Wir sind erst in der Aufstellung und stehen ganz am Anfang des Verfahrens. Wir erarbeiten noch Grundlagen und Gutachten. Wir müssen schauen, was wir zu beachten haben, um dann in eine Abwägung zu gehen.“ Entscheidend sei, was die rechtliche Grundlage für die Fläche sei. Man kenne beide Beschlusslagen und arbeite weiter an einer Lösung.
Ein waldarmes Gebiet
Ein Anwohner merkte außerdem an, dass Voerde zu den waldärmsten Gebieten in NRW gehöre. „Und da frage ich mich, wie es möglich ist, dass man solch wertvolle Biotope opfern möchte oder könnte, obwohl diese Sachlage besteht. Es gibt doch möglicherweise auch andere Gebiete, wo man dieses Zentrum errichten könnte und nicht dort, wo viele überlebenswerte Pflanzen und Tiere zu Hause sind“, sagte er. Das Thema Artenschutz sei eines der Themen, das auch entsprechend aufgearbeitet werde „und erst dann wird ein Entwurf kommen, der die entsprechenden Festsetzungen manifestiert“, erklärte die Beigeordnete Johann darauf. Insgesamt würde die Stadt das Thema bereits sieben Jahre begleiten. Mit der Übergabe der Fläche in die Insolvenzmasse habe sich ein potenzieller Eigentümer ein Optionsrecht erworben. Es sei in den verschiedenen Ausschüssen oft danach gefragt worden, wann diese Fläche entwickelt werde. Es habe lange keine Bewegung gegeben, aber der Eigentümer habe mittlerweile Mieter konkretisieren können, um in die Planungsphase einzusteigen, ergänzte Bürgermeister Dirk Haarmann.
Haarmann wirbt für Verständnis
„Wir müssen zwei Dinge respektieren: Zum einen haben wir ein geltendes Planungsrecht. Ein Großteil der Fläche ist mit einer Bauplanung versehen. Das Zweite ist, dass die Stadt Voerde nicht der Eigentümer der Fläche ist. Wir haben uns mal darum bemüht, sind aber nicht zum Zug gekommen. Deswegen müssen wir jetzt im Rahmen der Bauleitplanung dieses formale Verfahren durchlaufen“, fügte Haarmann noch hinzu. Alle Belange und alle Argumente, die von der Initiative angeführt worden seien, seien bereits beim Investor angekommen.
Haarmann: „Am Ende müssen wir aber zulassen, dass er auf der Grundlage überlegt, wie er seine Planung anpasst und ich glaube, dass wir da am Ende zu einem Ergebnis kommen, das nicht allen zu 100 Prozent passt, aber mir ist wichtig, dass wir einen transparenten Abwägungs- und Entscheidungsprozess haben.“
Anfänge und Abschiede
Im Rahmen der Ratssitzung wurde Hanne Kasper (Die Linke) als neues Ratsmitglied eingeführt. Ralf Rieser (SPD) ging den entgegengesetzten Weg: Er legte nach einigen Jahren Arbeit in verschieden Ausschüssen sein Ratsmandat aus persönlichen Gründen nieder (die NRZ berichtete).
Auch der Tod des SPD-Bundestagsabgeordneten Rainer Keller kam zur Sprache. „Mit Rainer Keller verlieren wir einen ehrbaren und aufrechten Streiter, der sich mit großem Engagement für die Belange der Bürgerinnen und Bürger eingesetzt hat“, würdigte Bürgermeister Dirk Haarmann den Verstorbenen. Rainer Keller war vergangenen Donnerstag plötzlich und unerwartet im Alter von 56 Jahren gestorben.