Dinslaken. Die „Nabucco“-Inszenierung bei der Sommerkultur im Burgtheater bot tableauartigen Historismus pur. Und hatte eine ordentliche Gesamtlautstärke.

Ein lauer Sommerabend, eine opulente Kulisse und prächtige Kostüme und dazu die Musik von Giuseppe Verdi, dargeboten von Solisten, großem Chor und noch größerem Orchester. Am Freitagabend zeigte die Sommerkultur der Din-Event, dass sie auch Oper kann. „Nabucco“ stand auf dem Programm, jene Verdi-Oper mit dem berühmten Gefangenenchor. Dargeboten wurde die bulgarische Produktion in einer Inszenierung von Nadia Hristozova, es dirigierte Nayden Todorow, Leiter der Nationalphilharmonie Sofia.

Die imposante Treppenkonstruktion nahm schon großen Raum auf der Bühne ein und „Nabucco“ gehört zu den Opern, in denen dem Chor eine Hauptrolle zukommt. Aber die Zeiten, da das Burgtheater einen Orchestergraben hatte, sind lange vorbei und so mussten auch noch die 46 Musikerinnen und Musiker der Plovdiver Symphoniker und der Philharmonie Sofia Platz auf der Bühne finden. Eng war das für die Streicher, die für den rechten Arm Bewegungsfreiheit brauchen. Und laut für die Sängerinnen und Sänger – um sich gegen die Blechbläser durchzusetzen, nutzen sie Headsets, was wiederum insgesamt für eine Gesamtlautstärke im Burgtheater sorgte, die der der dortigen Rockkonzerte in nichts nachstand.

Prächtige Kostüme

War das gerechtfertigt? In dieser Inszenierung sehr wohl. Hristozova bot Historismus pur. Und passend zum optischen Monumentalismus setzte Todorow auf Oper mit Wums. Die musikalisch stärksten Momente gab es, wann immer das Schlagwerk den Takt angab. Bei den lyrischeren Momenten hätte man sich durchaus etwas mehr italienischen Schmelz gewünscht. Entsprechend setzten auch die Solisten vornehmlich auf Kraft und Volumen. Nur jeweils kurz vor dem Zusammenbruch ihrer Figuren ließen Aleksander Krunev (Nabucco) und Elena Baramov (Abigaille) leisere Emotionen in ihren Stimmen zu.

Historismus in einer Operninszenierung: Das sind prächtige Kostüme, singen am liebsten mit dem gezogenen Schwert in der Hand und vor allem für die Massenszenen Tableaus, die prächtigen Gemälden gleichen. Genau das bietet Hristozova, man fühlt sich in der Ausstattung, aber auch in der Statik der Szenen an die schönen Papiertheater des 19. Jahrhunderts erinnert.

Darum geht es

„Nabucco“ stammt genau aus dieser Epoche. Komponiert 1941 und uraufgeführt am 9. März 1842 an der Mailänder Scala führt es in die Zeit der Babylonischen Gefangenschaft. Die Israeliten leiden an ihrer Situation unter Fremdherrschaft (die Oper wurde einige Jahrzehnte später von den Italienern auf ihre eigene Situation uminterpretiert), Nebukadnezar – talienisch abgekürzt Nabucco – leidet an seiner eigenen Selbstüberschätzung. Doch ist er es, der zum Schluss gerettet wird, den Operntod stirbt Abigaille, die den Thron unrechtmäßig an sich reißt und der zum Schluss nur noch der Selbstmord bleibt. Elena Baramov darf die Dramatik einer solchen Rolle voll ausleben: Mit Schwert und Rüstung, goldener Krone und wallendem Gewand.

Und so sind die Sympathien des Publikums nach gut zwei Stunden großer Oper im Burgtheater klar vergeben: Der Applaus entspricht ziemlich genau der Gewichtung der Solistenrollen im Stück. Der gefeiertste Mann des Abends aber ist Nayden Todorow, der im letzten Jahr noch einen Galaabend mit Placido Domingo in Sofia dirigierte.