Dinslaken. Zum dritten Mal kehrte Torsten Sträter dorthin zurück, wo es die leckersten Spießbratenbrötchen gibt: ins Burgtheater.
Es klingt ironisch, aber im Grunde spricht Torsten Sträter die Wahrheit aus: „Kommen Sie nur langsam reingebummelt, wir haben Zeit“, meint er zu den Gästen im ausverkauften Burgtheater, die ihre Plätze erst nach 20 Uhr einnehmen – als nicht nur schon Anja Kebaier das Publikum im Namen der Din-Event begrüßt hat, sondern auch der Star des Abends selbst schon auf der Bühne stand.
Aber es stimmte auch: Es war genug Zeit da. Mehr als die extrem kurzen 48 Minuten, die die sündhaft teure Show des britischen Comedians Ricky Gervais in Berlin dauerte, an die sich Sträter immer noch nur mit Schrecken erinnert und auch mehr, als den Acts in der Sommerkultur eigentlich zusteht.
Ende der Schicht? Sträter redet weiter. Denn er ist doch noch mitten im Satz. Was sonst auch? Gibt es im gesamten Programm einen Satz, den er zu Ende bringt, ohne sich vorher von irgendetwas anderem ablenken zu lassen oder einfach nur abzuschweifen, weil das sein ureigenstes Konzept ist?
„Schnee, der auf Ceran fällt“ ist der Titel seines aktuellen Programms. Aber im Burgtheater gab er ein Sommerspecial, schließlich war es sein dritter Auftritt in drei Jahren Sommerkultur und am Dienstag war er nicht der Einzige, der auch in den Jahren zuvor da war.
Das Spiel mit den Worten
Es gibt ja aber auch einen mehr als triftigen Grund, immer wieder der Einladung der Din-Event zu folgen. Das ausverkaufte Haus: eine Selbstverständlichkeit. Ein nettes Publikum: Klar, das macht es angenehm. Aber Sträter mag das Spiel mit den Worten, der bloße Klang kann ihn schon verzücken.
Aber wenn dann ein Wort wie „Spießbratenbrötchen“ auch noch für die leckersten ihrer Art steht, die Sträter je zu sich genommen hat, muss Sträter doch einmal im Jahr vorbeischauen. Dann freut er sich nicht nur aufs Catering, dann packt er sich gerne noch eins für zuhause ein – Autobahnraststätten mit all dem, was einem dort zugemutet werde, verabscheut er ohnehin.
Thema Auto. Ein Dauerbrenner im Sträter-Programm. Als sein heiß geliebter Mustang neue Reifen brauchte, stellte ihm das Autohaus einen Tesla zur Verfügung. Und jetzt musste Sträter seine abschätzige Meinung über E-Autos vom letzten Jahr revidieren. Auch wenn er so über die Autobahn raste, dass die Ladung nicht bis Berlin, sondern nur bis Bielefeld reichte. Und im Bordcomputer nun ein sehr peinliches Video der Außenkamera gespeichert ist, die offenbar bei jedem Ladevorgang die Umgebung filmt, um verdächtige Bewegungen festzuhalten.
Was gab’s sonst Neues seit dem letzten Jahr? Im Burgtheater ist es ja schon, als träfe man einen alten Bekannten, der berichtet, wie es ihm seit dem letzten Treffen ergangen ist. Sträters dritte Coronaimpfung schützte ihn nicht vor Omikron, auf die Frage, wen es im Publikum inzwischen erwischt hat, meldet sich fast ein Drittel. Sträters Sohnemann hat sein Abi gemacht, eine eigene Wohnung bezogen und möchte wie in den letzten drei Jahren nicht mehr im Programm des Vaters vorkommen.
Wer in Sträters Programmen alle Gags verstehen möchte, sollte sich im Marvel Multiversum so gut auskennen wie bei „Star Wars“ und „Batman“. Die TV-Shows von Sträter selbst („Ich zahl genau so GEZ wie Sie, aber ich hol mir alles wieder“) braucht man dagegen nicht gesehen zu haben, die schönsten Texte daraus liest er einem vor.
Fragerunde des Publikums
Aber letzteres bleibt eine Episode. Lieber redet Sträter drauf los, improvisiert auf das, was das Publikum ihm an Vorlagen bietet, eröffnet eine Fragerunde des Publikums, was er allerdings nach zwei Minuten wieder bereut und kann auch ernst werden. Wenn er über seinen Vater spricht, der heute als „toxisch“ bezeichnet werden würde, über seine eigenen Depressionen.
An ihn gerichtete E-Mails zu dem Thema würde er alle lesen, erklärt er, nimmt, wenn es darum geht, seine Fans sehr ernst. Sein Humor? Die Textzeile „Smile though your heart is achin’“ – „Lächel, auch wenn es dir im Herz wehtut“ eröffnet und beendet den Abend.
Oder wie war das mit dem Vater? „Du kannst mal einen Scherz machen, aber nicht immer“, habe dieser ihm einbläuen wollen. Sträters lebenslange Reaktion darauf? „Doch.“