Dinslaken. Mit den steigenden Lebensmittelpreisen wächst auch die Anzahl der Bedürftigen. Tafel, Gedeckter Tisch und Wunderfinder stoßen an Grenzen.

Es ist eine sehr schwierige Zeit. Mit den steigenden Lebensmittelpreisen wächst auch die Anzahl der Bedürftigen in Dinslaken. Die Tafel, der Gedeckte Tisch der Evangelischen Kirchengemeinde und die Wunderfinder kümmern sich ehrenamtlich um die Versorgung der Menschen – und stoßen an Grenzen.

Als die Tafel im Jahr 2003 gegründet wurde, wurden an den Öffnungstagen etwa 45 bedürftige Menschen mit gespendeten und eingesammelten Lebensmitteln versorgt. „Heute sind es 3500 bis 4000 Menschen,“ sagt Monika Fischer, Vorstandsmitglied der Tafel. Fast hundert mal so viele Bedürftige in knapp 20 Jahren also – die meisten aus Dinslaken, manche Geflüchtete. Zunehmend, und das erschüttert die Helfer der Tafel ganz besonders, kommen „sehr viele ältere Menschen“, sagt Monika Fischer. „Wir haben sehr viel Altersarmut in Deutschland und damit hat auch die Anzahl der Älteren an der Tafel hier zugenommen. Das ist sehr traurig.“ Denn dass Menschen, die geflüchtet sind, „hier hin kommen, das ist irgendwo verständlich. Aber dass Menschen, die ein Leben lang hier gearbeitet haben, in die Rentenkasse eingezahlt haben, nicht in der Lage sind, ihren Lebensabend zu finanzieren, das macht wütend.“

„Wir können ja nicht mehr ausgeben, als wir reinbekommen“

Dass immer mehr Menschen auf die Versorgung durch die Ehrenamtler angewiesen sind, hat aber nicht etwa zur Folge, dass die betreffenden Vereine mehr Spenden erhalten. Im Gegenteil. „Wir bekommen keine öffentlichen Fördergelder und finanzieren und nur aus Spenden“, stellt Monika Fischer klar. Und die Spendenmenge – sinkt! „Wir bekommen immer weniger Lebensmittel“, sagt die Kassiererin der Tafel. Sie vermutet, dass die Supermärkte weniger einkaufen, um die Kosten für die Lagerhaltung zu reduzieren. „Ich kann das verstehen“, sagt Monika Fischer – „aber das fehlt uns dann.“ Auch seien viele der gespendeten Lebensmittel in letzter Zeit nicht mehr verwertbar. „Als wären wir für die Entsorgung der Einzelhändler zuständig“, sagt Monika Fischer und schüttelt den Kopf. „Jede Menge Mist“ werde in die Kisten geworfen, die die Helfer von der Tafel dann abholen. Die Tage waren etwa Würstchen dabei, die bereits seit zehn Tage abgelaufen waren. „Das müssen wir entsorgen“, sagt Monika Fischer.

Die Folge: Die Tafel musste einen Aufnahmestopp verhängen. Einen Mann, den das Arbeitsamt jüngst zur Tafel geschickt hatte, mussten die Helfer wieder nach Hause schicken. „Wir müssen leider Leute abweisen, wir müssen Menschen sagen, ihr müsst jetzt mal aussetzen.“ Wer ein halbes Jahr bei der Tafel einkaufen konnte, muss sich danach für ein halbes Jahr anderweitig versorgen. Das „stellt uns auch vor Probleme. Wir können ja nicht mehr ausgeben, als wir reinbekommen.“ Und die 3,50 Euro, die die Kunden der Tafel für den Einkauf bezahlen, sind eine „symbolische Spende“, so Monika Fischer, „damit die Kunden nicht das Gefühl haben, sie müssten für irgendetwas betteln.“ Von dem Geld unterhält die Tafel die Wagen, finanziert den geplanten und seit Jahren dringend benötigten Anbau. Der verzögert sich nicht nur wegen der Pandemie – sondern wird, auch als Folge des Ukraine-Krieges, wohl deutlich teurer. Die Tafel hofft nun auf Unterstützung durch heimische Unternehmen und die Politik.

Andrang beim Gedeckten Tisch ist „enorm“

Auch beim „Gedeckten Tisch“ der Evangelischen Kirchengemeinde in Dinslaken ist der „Andrang enorm gestiegen“, sagt Organisatorin Ruth Drießen. Vor der Pandemie kamen regelmäßig 30 bis 50 bedürftige Menschen zu den Terminen, „in den Monaten, an denen wir „nur“ fertig gepackte Lebensmitteltüten im Außenbereich verteilt hatten, lagen die Zahlen ähnlich“, sagt sie.

Als der Gedeckte Tisch nun erstmal wieder zu einer Verköstigung im Gemeindehaus einladen konnte, „wurden wir regelrecht ‘überrannt’“, so Ruth Drießen Die Helfer hatten vorsorglich für 60 Personen eingedeckt – 85 kamen, etwa. 25 davon waren Frauen, Kinder und Jugendliche aus der Ukraine. „Wir haben weitere Tische und Stühle aufgestellt, Geschirr herangeschafft, und auch das Essen reichte glücklicherweise für alle. Mit diesem Andrang hatten wir wirklich nicht gerechnet. Das war schon eine enorme Herausforderung.“

Obst für Kinder? Das ist „kaum noch drin“

„Wir bemerken seit Wochen, dass die Not immer größer wird“, sagt Bianka Lakomski, stellvertretende Vorsitzende der Wunderfinder. Immer mehr Alleinerziehende und Rentner in Grundsicherung berichten den Wunderfindern „von ihren Schwierigkeiten über den Monat zu kommen.“ Obst und Gemüse für Kinder etwa sei „kaum noch drin. Wir sollen unsere Kinder gesund ernähren, aber günstig zu bekommen ist meist ungesundes,“ sagt Bianka Lakomski. Die Wunderfinder kooperieren mit dem „Foodsharing“. Die Foodsharer liefern montags extra früh gerettete Lebensmittel, „damit wir, wenn wir aufmachen, schon gleich was verteilen können. Das hilft schon ungemein.“ Um den Bedarf decken zu können, öffnen die Wunderfinder zudem einen zusätzlichen Tag. Viele Bedürftige wissen, dass der Verein für Notfälle immer noch ein Lebensmittelkontingent vorhält. Aber jetzt gehen auch diese Vorräte zur Neige. „Unsere Lager waren noch nie so leer, weil immer mehr Notfälle anrufen.“

>>> Hier können Sie helfen

Sowohl die Tafel Dinslaken als auch der Gedeckte Tisch suchen Helferinnen und Helfer. Der Gedeckte Tisch der evangelischen Kirchengemeinde bereitet zweimal im Monat im Gemeindehaus an der Duisburger Straße ein Essen zu und es werden gespendete Lebensmittel an bedürftige Menschen verteilt. (Kontakt: Ruth Drießen, 02064/42 69 69).

Auch die Tafel benötigt dringend Unterstützung. „Wir sind um jeden froh, der kommt“, sagt Monika Fischer – der Einsatz kann sporadisch oder regelmäßig sein. (Kontakt: dinslakener-tafel.de oder Monika Fischer, 0178/ 325 47 53).